Am 02.09.2022 um 18:31 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
Re: [PhilWeb] Re: Geist als Anordnung von Neuronen Am 02.09.22 um 18:00 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb
einiges, danke für deinen Beitrag, ich habe den Demokrit gut nachgeahmt.
„Das Prinzip Selbstorganisation“ allerdings scheint mir ebenfalls wenig erhellend. Warum ständig diese Schlagwörter? Sie erklären doch nichts. Umgangssprachlich ist das verbreitet, aber philosophisch sollte es stimmig zugehen.Du kommst mit einem neuen Wort, Schlagwort, ok. Ich kämpfe immer gegen die Wörter, die mir nicht helfen. Wenn sie anderen helfen, habe ich nichts dagegen, auch wenn ich selbst keine Sätze mit ihnen machen kann, nur im ungenauen, um auf etwas anderes hinzuweisen.
> .... mathematisch aus dem Ginzburg-Landau-Haken-Theorem, abgekürzt GLHT, wie ich das „Versklavungstheorem“ besser bezeichnet finde
Versklavung ist schon ein wichtiges Thema, begrifflich gesprochen. Ich bin oft dabei, dieses voran zu bringen. Heute habe ich ein neues Wort erfunden, ein Huro, das männliche Gegenstück zu ... Es geht nämlich auch um die allgemein übliche und anerkannte Selbstzurverfüngstellung, und weil ich für dieselbe Sache nur ein Wort gebrauchen muss, sitze ich ebenfalls in der Wort-Klemme. Soll ich jetzt GLHT benutzen, dann sagen die Leute mir: "Du hast sie wohl nicht alle!"
Hi JH,
Du benutzt doch die Abkürzung LASER, warum nicht auch GLHT?
> Du benutzt doch die Abkürzung LASER, warum nicht auch GLHT?
Ja, wobei ich denke, dass kaum jemand weiß, dass LASER als Abkürzung für andere Buchstaben ist, ich hatte die konstituierenden Wörter teilweise im Kopf. Das Wort hat sich nicht als Abkürzung "eingebürgert", sondern ist zum Wort "Laser" verkommen, vermutlich in allen Sprachen zusätzlich. Wenn ich das so schreiben würde: LASER statt Laser, würden die Leute denken: Na ja, hat der sie noch alle? Schon wieder verursache ich bei dir, vermute ich die Frage: Was kümmert dich, ... siehe später. Nun ging ich nachschauen und fand:
"Geprägt wurde der Begriff Ende der 1950er Jahre[4] durch Gordon Gould in Anlehnung an den Maser; Gould nutzte den Begriff erstmals 1957 in seinen Notizen. Frühe Veröffentlichungen nannten den Laser noch optical maser (optischer Maser)." https://de.wikipedia.org/wiki/Laser
a) Also war es ursprünglich MASER, und nicht maser im Englischen
und dann Maser im Deutschen?
b) Nach meinem naiven Denken würde ich sagen: Einstein hatte den
später üblichen Namen noch nicht, obwohl er die Sache dachte. Er
sagte auch vermutlich nicht: Jetzt benutzt bitte das Wort SEUA für
stimulierte Emission als eine Umkehrung der Absorption. Er hatte
vielleicht keinen Abkürzungsdrang, den andere haben.
Selbstverständlich kannst du mich korrigieren. So weit jedoch die
Etymologie. Du siehst, dass ich nur einen Teil deiner Frage
beantwortet habe. Denn jetzt müsste ich noch von üblichen und
unüblichen Wörtern sprechen, und dann noch von Redundanz, mit
Blick auf viele Wörter, die für eine Sache gegebenenfalls
vorhanden sind, von Dependenz (denke hier an die lineare
Independenz, die dir aus der Mathematik bekannt ist), die anderen
nicht so bekannt ist. Weiter wäre ich bei der Frage, wie es ist,
wenn ein System (System wie in der Mathematik System von
Gleichungen) von Definitionen als Ganzes einen Zirkel enthält. Ich
hätte ein neues Wort einführen wollen können: ZDS für Zirkel in
einem Definitionssystem, aber hätte meine Sätze dann jemand besser
gelesen und eine Antwort auf meine Frage gefunden? Das ist dann
eine rhetorische Frage auf deine Frage.
Oder TDS für Theorie Dynamischer Systeme? Denn was kümmert Dich, was die Leute sagen?
Das ist die Stelle, die ich vorhin zitierte, und auf die ich
zumindest ansatzweise antwortete. Hier geht es also um Linguistik,
und weil ich bin kein Linguist, und deswegen wären diese gefragt.
(Ich enthalte mich des Stichelns: Heraus mit den Papers!)
Andererseits sollten viele zumindest assoziieren können, worum es gehen könnte. Und da bieten sich natürlich Alltagsausdrücke an wie Versklavung, Chaos, Schmetterling anstatt TDS. Und so ist nicht der Mathematiker Henry Poincare mit seiner TDS, sondern der Meteorologe Edward Lorenz mit dem Schmetterlingseffekt in der Chaostheorie allgemein bekannt geworden.
Teilweise ist das von den Sprachwissenschaften bzw. der
Linguistik aus zu denken und zu erklären. Der Satz: "Andererseits
sollten viele zumindest assoziieren können, worum es gehen
könnte." zeigt auf ein anderes Problem. So gesehen ist der Satz in
Ordnung. Im Idealfall könnten viele das Wort TDS benutzen, statt
der anderen, da wären wir wieder bei der Redundanzproblem analog
zum Babylon-Problem. Dann würde ich hören: Einigt euch doch bitte
auf ein Wort, ein Definiendum - wer das sagt wird als Minimalist
karikiert. Von anderen würde ich hören: Einigt euch doch auf ein
Definiens, und wählt zumindest aus einer der vielen Bedeutungen
eine aus, statt die vielen gleichzeitig zu denken und zu
amalgamieren.
Die guten Fragen, die du in der Folge stellst, habe ich erkannt,
und aus Zeitgründen schiebe ich sie auf. Diese Fragen sind
wirklich berechtigt. Mit ihnen machst du ein Buch auf. Vielleicht
kannst du sie selbst noch besser stellen?
In den erwähnten Beiträgen zur Geschichte der Synergetik schreibt Haken auch über die vielfache Kritik, die er von Soziologen gegen seine Wortwahl erhielt. Dabei hatte er den Ausdruck kurioserweise mit seiner LASER-Theorie eingeführt. Ich nahm schon damals daran Anstoß, aber geht es womöglich auch um die Versklavung der Natur im LASER? Oder sogar um die Versklavung der Natur in jeglicher Technik und jeglichem physikalischen Experiment? Im LASER werden Lichtwellen versklavt, im Kollektiv individuelle Handlungen. Aber wie verhält es sich mit Zwang und Fügsamkeit in Natur und Kultur?
Diese Fragen lasse ich also offen. Noch Wasser auf die Mühle:
Auch ich nutze im Kopf eine Abkürzung: WST, schreibe einfach Wst,
und denke dabei an Wörter, Sätze, Texte, die jedes für sich auf
Papier geschrieben stehen könnten, in Büchern oder nur in
Schallwellen auftreten. Sie wären also "materiell", ich muss dazu
sagen: ich wettere nicht gegen das Immaterielle. Weil sie
materiell sind, brauche ich nicht von der Kausalität abzuweichen,
ich kann also sagen, dass sie wirken. Denn obwohl auch
Immaterielles vielleicht wirken kann, ist es einfacher, mal mit
Materiellem zu beginnen, denn das wirkt allemal. Auf jeden Fall
wirken diese Wst materiell auf Personen. Was in ihnen geschieht,
ist mir gewissermaßen als Hypothese egal, dass etwas danach
geschieht, das kann ich nicht leugnen. Und was die Personen in der
Folge von sich geben, kann ich wiederum als materiell ansehen. In
dem Sinne kann ein Betrachter vorgehen, auch bei nicht sprechen
könnenden Wesen, die trotzdem scheinbar so vorgehen, als wären die
materiellen Geschehnisse für sie gleichzeitig von Wst begleitet,
und auch für das Wesen etwas, das der Betrachter mit Wst
beschreibt. Analog dazu kann die Frage nach den Naturgesetzen
umgedeutet werden. Zusätzlich denke ich nicht nur an Wörter,
Sätze, Texte mit dem Wort Wst, sondern auch an Bilder, Sequenzen,
Filme usw. Darf ich etwas weit greifen und analog zu dem denken ,
was oben mit den Wörtern Maser, Laser usw. zu denken ist?
Das Wort Fluktuationen finde ich gut, wo kann ich es nur bei anderen benutzen? Wenn jemand mir unberechenbar ist, soll ich dann sagen, dass er fluktuiert?
Eigensinnig, launenhaft oder wankelmütig träfe ihn wohl besser. Und mir fallen noch andere Wörter zu fluktuieren ein: randomisieren, verzufälligen, schwanken, torkeln, taumeln, wandeln, schweben, fegen, wedeln, wackeln, flattern, flimmern, zittern, kleckern, klappern, schlottern, rütteln, schütteln, rascheln, knistern, rauschen. Über lange Zeit hinweg ist der Dir unberechenbar Erscheinende natürlich stochastisch berechenbar — so wie es viele während kurzer Zeit sind. Und aus dem Widerstands- und Diodenrauschen lassen sich sogar Naturkonstanten berechnen.
Danke, ja, nur da wäre ich schon beim Redundanzproblem vs. dem
Schwafelvorteil in der Sprache. Ein idealer Literat, z.B. ein
Goethe konnte jedes Wort korrekt in Sätzen verwenden, die Nuancen
sind eben in der Literatur überaus wichtig. Aber in anderen
"Sprachformen" ist es anders.
Wichtigster Ordnungsparameter im Kapitalismus ist natürlich das Geld, das momentan wesentlich den Kontrollparametern Öl und Gas folgt.
"im Kapitalismus" gefällt mir nicht, denn wir sind alle Kapitalisten, die einen haben einen schönen Kopf, die anderen das was drinnen ist, die anderen denken oft das was außerhalb vom Kopf ist, an Geld, die Armen übrigens genauso oft wie die Reichen. Und die dazwischen streben danach, irgendwie, im Hamsterrad oder als Selbstangestellte, oder als Mittel für den Urlaub und für das Bekochtwerden, das Ultimum eben. Und dafür brauchen sie Öl und Gas, so beißt sich die Katze in den Schwanz. Es gibt auch Gründe, das Wort Kapitalismus nicht zu gebrauchen, dasselbe gilt für das Wort Egoismus. Wenn jeden Tag das Wort Egoismus fallen würde, wäre jeder mit den Sätzen konfrontiert, er könnte alles aufschreiben, was am Tag mit dem Wort gesagt wurde. Übrigens sind die Wörter, die etwas "Positives" zu denken geben, genauso auf meiner Liste. Hast du die Wörter Frieden und Gerechtigkeit heute schon benutzt?
„Im Kapitalismus" magst Du nicht. Ist Dir vielleicht in kapitalistischer Gesellschaft lieber? Im LASER werden Lichtwellen versklavt, in kapitalistischer Gesellschaft individuelle Handlungen. Aber sind die paar Tausend Wörter, die wir alltäglich verwenden, nicht auch Ordnungsparameter? Was wären dann die Kontrollparameter? Ob es synergetische Sprachtheorien gibt, weiß ich nicht, vermute es aber — und schon bin ich fündig geworden:
Wie vorhin: Aus Zeitgründen schaffe ich keine Antwort. Nur ein
Satz auf deine Frage: "Aber sind die
paar Tausend Wörter, die wir alltäglich verwenden, nicht auch
Ordnungsparameter?" Die Antwort ist: Auf jeden Fall. Grob
könnte ich antworten: Dafür ist das Wort Kategorisierung
vorhanden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorisierung_(Kognitionswissenschaft)
Mit den oben von mir genannten beispielhaften Kriterien und
anderen könnte versucht werden, die Überschneidungen usw. zu
finden, sie zumindest zu benennen. Mit jedem neuen Wort könnte
dein Satz gesagt werden: "Andererseits sollten viele zumindest assoziieren
können, worum es gehen könnte." Und damit bin ich bei meiner
bösen Strenge, die Karl empfindet: Sage doch bitte die Sache,
und dann das Wort. Sag, wie du zur Sache kamst, und wie zum
Wort. Was war zuerst bei dir? Wenn du viele Wörter hast, mache
erst mal Ordnung in die Wörtermenge. Wenn du viel erlebt hast,
oder viele Versuche hinter dir hast, beschreibe sie.
Vielleicht kannst du dann Definitionen machen, statt auf
Begriffe und Bedeutungen hinweisen.
JH