Zum Thema Sprache / Sprechen / Zählen / Zeichen: Wörter,
Zeichen und Zahlen werden, wenn vernommen, verstanden und in ein jeweiliges
Verständnis eingegliedert. Im jeweiligen Verstehen ist die Perspektive des
Verstehenden stillschweigend enthalten. Eine bloße Zahl kann für den, der sie
vernimmt daher ganz anderes bedeuten, in einen ganz anderen Bezug gebracht
werden als für einen anderen. Bei Zahlen- und algebraischen Systemen ist zudem
ein wechselseitiges „Verstehen“ im Sinn des sinnhaft zueinander Passens
vorausgesetzt. Das gleiche gilt für Wortsysteme: die Wörter „verstehen“
einander, und wir greifen im eigenen Verstehen der Wortfolgen außer den Wörtern
auch deren wechselseitiges Verstehen mit auf, und betten sie nicht nur als
Einzelne, sondern auch als binnenbezogenes Geflecht in unser Verständnis ein.
So sind Wörter und Zahlen Akteure, die selbst eine
Perspektive aufeinander einbringen. Sie sind, indem sie diese Perspektive in
sich enthalten und entfalten mehr als bloße Linien, die auf bestimmte Weise angeordnet
sind. Ihre Aufnahme ist mehr als aktionslose Reproduktion, etwa als Wiederspiegelung.
Auch als Aufgenommene bleiben die Wörter und Zahlen Akteure.
Die Aktionen von Wörtern und Zahlen entspringen einem den
Moment überdauernden Grund, der - in
Speicherform - ihre wieder und wieder in
neuen Zusammenhängen erfolgende Realisierung als Revitalisierung ermöglicht.
09.11.23
Semantische Systeme bestehen aus ansprechbaren
Binnenkohärenzen. Ein mathematisch formuliertes System weist die stärkste
denkbare Binnenkohärenz auf. Es ist ansprechbar, indem es von uns angesprochen
und verstanden wird. Es spiegelt solche Formen des Zusammengehens wider, die in
jedwedem Kontext und in jedweder Perspektive, aus der sie angesprochen und
verstanden werden gleich und faktisch kontextunabhängig bestehen bleiben.
Informieren bedeutet, sich wechselseitig über die mitteilbare
Aspekte der Binnenkohärenzen in Kenntnis zu setzen. Dieses Informiert-Werden,
dies Kenntnisnahme geschieht in actu, im geformten Handeln und als kohärent
geformtes Handeln.
Der formbezogene, darin mitteilbare und zu
vergemeinschaftende, zu verallgemeinernde Aspekt dieses informierten und informierenden
Handelns kann von uns Menschen abgehoben und als Gesondertes bedacht werden.
Als Information ist er dem jeweiligen Handeln innewohnend, als gesonderter
Fokus unseres menschlichen Handelns ist er denkendes, geistiges Handeln. Auch
dieses ist dem leiblichen Handeln innewohnend, aber wir Menschen können einen
dem Leiblichen graduell entkoppelten „Standpunkt“ einnehmen, und aus dessen
Perspektive „denken“. Diesen Standpunkt hat der Biologe und Husserl-Schüler
Helmuth Plessner als exzentrisch bezeichnet. Lebewesen seien dadurch
gekennzeichnet, dass ihre stoffliche Grenze mehr zu ihnen gehört, sie auf
zusätzliche Weise ihrem binnenkohärenten Handeln unterworfen sei, als dies bei
unbelebten Systemen der Fall sei. Sie seien zentrisch organisiert, in dem Sinn,
als die Binnenkohärenz alles Vorgehen umgreifend sei – hier passt am besten das
Bild eines Kohärenz-stiftenden semantischen Zentrums. Das trifft auch für den
Menschen zu, nur ist es ihm dank besonderer Handlungsformen möglich, ein Stück
weit von der Unbedingtheit dieser Kohärenzstiftung abzuweichen, und zu ihr in
ein distanziertes Verhältnis zu treten, was wiederum die Kohärenzstiftung als
solche in den Blick geraten lässt.
Das ergibt unter anderem ein sprachlich oder algebraisch oder
numerisch kategorisierendes Denken. Dieses betrachtet Kohärenzstiftung im
Einzelnen und als solche, und hebt damit den Informations- alias Geist-Aspekt
heraus, es ist „geistig“, ohne dass behauptet würde, Kohärenzstiftung sei ein
Privileg nur des Menschen. Kohärieren und damit Information und wechselseitiges
Informieren wohnt tatsächlich allem inne, das wir überhaupt als Identisches
erfassen können.
Am 09.11.2023 um 03:34 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:_______________________________________________Am 08.11.2023 um 16:35 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:...
Doch, Ingo hat ja Mathematik an Stelle des Geistes, hast du das überlesen?
> Der Mensch als geistiges Wesen, dem Tier entwachsen, was hat ihn dazu gebracht? Schlichtweg nur Evolution im darwinschen Sinn? Hast Du eine Antwort bezüglich dieses sog. „Missing Link“? Ich denke nicht, sonst hätten wir sie alle!
Das ist eine gute Frage. Es gibt sehr viele Missing Links, so viele wie es unvollständigen Beschreibungen gibt. Warum denn sonst kam Platon auf seine Ideen? Er war unzufrieden war mit dem unendlichen Suchen nach dem Anfang. Als er den Geist annahm, für ihn die Ideen, brauchte er nicht mehr weiter in die Vergangenheit zu suchen. Für Ingo ist es vielleicht die Mathematik. Die Missing Links gibt für uns alle, nehme ich an. Haben diejenigen, die sich als geistige Wesen sehen, unendlich weniger Missing Links vor sich als die anderen, die sich nicht als solche sehen oder sehen können? Am Anfang, am Ende, und davon viel mehr noch in der Mitte?
Natürlich gibt es viele, womöglich zu viele „Missing Links“ , vor allem im Verständnisvermögen von Menschen.
Ich bezog mich mit diesem Begriff auf den bislang nicht erklärbaren Entwicklungssprung vom Affen zum Hominiden, wobei dieser Übergang eher nicht sprunghaft, sondern über beiden Spezies gemeinsame Vorfahren erfolgte. Anthropologische Überlegung wollte ich nun hier nicht auch noch anfachen, sondern lediglich die Frage aufwerfen, wie man beim Übergang vom Tier zum Menschen, sich dessen Entwicklung von einem ausschließlich instinktgesteuerten hin zu einem von bewusst prozessualen Gehirnfunktionen gesteuerten Wesen vorzustellen hat.
Unbenommen unzähliger Erklärungen, ist nach meiner Vorstellung der Nahrungswechsel des frühen Menschen hin zu mehr eiweißreicher Nahrung entscheidend für das Anwachsen des Gehirnvolumens, insbes. der deutlichen Ausprägung des Frontalhirns und damit eine wesentlich verstärkte Denkleistung und so auch der Beginn eines signifikant geistig bestimmten kulturellen Lebens.
Wir können hier im Rahmen dieses Austauschs unmöglich alle Aspekte der Ontogenese erörtern, was auch nicht erforderlich ist, da diesbezügliches Wissen heutzutage in beliebig verfügbaren Quellen des Internets zu erwerben ist.
Im Zusammenhang meiner Ausführung zu Geist und Materie, fragst Du, warum Platon au seine Ideen kam. Nun weil er sich zu seiner Zeit schon in einer wesentlichen fortentwickelten Phase der Ontogenese befand und demzufolge über ein hochentwickeltes Gehirn verfügen konnte, das ihm durch Denken entsprechende Ideen aufkommen ließ. Dabei werden Intuition und Inspiration bereits eine Rolle gespielt haben. Vor allem Letztere schließt genau an unser in den jüngsten Beiträgen hier thematisiert worden: Inspiration als extrinsische Beseelung durch Geist.
Wer nun von mir verlangt, ich solle bzw. könne nicht auf die Begrifflichkeit von Geist abheben, ohne für die Annahme seiner Existenz eine empirisch fassbare Erklärung zu geben, den kann ich nur auf unzählige Quellen verweisen, um mir nicht zum Überdruss wiederholt hier realitätsfremden Hang zum Mythos usw. anhängen zu lassen. Eigentlich will ich's nicht glauben, dass aufgeklärte, gebildete Menschen überhaupt Zweifel am Vorhandensein von Geist haben können.
Mittlerweile bin ich es hier so leid, mich mit all diesen Wortverdrehungen, aberwitzigen Zuschreibungen auseinander zu setzen.
Wie etwa Info T. mir zuschreibt, Ignorant zu sein, weil ich angeblich entsprechende Zusammenhänge der QM nicht nachvollziehen kann. Nie habe ich behauptet, Photonen seien geistig, allenfalls sind sie Träger des Geistes (im übertragenen Sinn), konkret sind sie Träger von Information, wie Zeilinger das nachgewiesen hat, unbenommen des Phänomens der Nichtlokalität.
Wie kann man sich Informationsübertragung durch Photonen vorstellen? In Analogie zu Daten binärer Logik mit den Zuständen von 1/0 und daraus beliebig gebildeten Folgen zur Informationsverarbeitung, bzw. - übertragung, könnte man den Spin von Photonen zirkular, ggf. auch linear polarisieren und damit, trotz nicht vorhandener Ruhemasse, Information im Lichtstrahl übertragen.
Da würde ich hier einige geistig (sic!) überfordern, wollte ich damit nun noch Phänomene der Nichtlokalität oder gar Sheldrakes morphische Felder in Verbindung bringen. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass viele in diesem Zusammenhang stehende Fragen noch offen sind und es somit zwecklos ist, sich darüber in dementsprechenden Disputen zu verlieren. Dennoch ist es interessant, darüber nachzudenken oder einfach auch nur mal darüber zu spekulieren. Wenn es aber immer wieder in Gehacke, Pedanterie und Besserwisserei ausartet, verliert man die Lust daran und so schlage ich vor, jeder solle sich diesbezügliche Gedanken künftig selbst anstellen.
Karl
PhilWeb Mailingliste -- philweb@lists.philo.at
Zur Abmeldung von dieser Mailingliste senden Sie eine Nachricht an philweb-leave@lists.philo.at