Am 27.02.25 um 20:48 schrieb Claus Zimmermann über PhilWeb

> Wir diskutieren doch nicht darüber, ob man Zukunftserfahrungen hat?

auf keinen Fall, so was habe ich noch nie gehört.

> "Erfahrung" ist ein umgangssprachlicher Ausdruck, dessen Unschärfe solange kein Problem ist, solange man nicht aneinander vorbeiredet und dann kann man sich gegebenenfalls darüber verständigen, ob es so oder so gemeint ist

Richtig

> Könnte man nicht auch fragen, wie man überhaupt auf die Idee kommen konnte, in so verschiedenen Fällen das gleiche Wort "weil" zu verwenden, ausserdem im von beiden Fällen zu unterscheidenden weiteren Fall des logischen Zusammenhangs?

Ja, ein Volltreffer. Das Wort "weil" wird sowohl in K1 wie bei K2 verwendet. Ebenso wird das Wort "logisch" in beiden Fällen verwendet. Um Waldemar zu ärgern schreibe ich das Beispiel: Logisch, dass er in den Graben fiel, nachdem er so viel getrunken hatte. Hinzu kommt noch ein Wort, und zwar "wegen", das so so eine Art Querkausalität oder Querlogik andeutet.

Das vorhin zeigt, dass in der Umgangssprache Wörter, die aus der Logik kommen, in der Kausalsprache verwendet werden, und umgekehrt. Das ist meist nicht schlimm, nur wollen "wir" es uns nicht so einfach machen und gründlich werden. Zu K1 und K2 könnte, wenn man das so wollte, ich will es zwar nicht, L1 und L2 korrespondierend gedacht werden. Dann würden die Logiker versuchen, die Geschehnisse allein mit logischen Sätzen zu erklären, sowohl diejenigen der Natur als auch diejenigen in Personen und sonstigen Tieren. Das versuchen "Wissenschaftler" so zu tun, etwa mit der INUS-Bedingung. Einige Probleme habe ich dabei schon gefunden, die ich nicht durchgehen lasse.

> Motivation, genau, das ist der übliche Ausdruck für den psychologischen Zusammenhang, der mir auch auf der Zunge lag.

Das habe ich mir gedacht, und das ist gerade kein unschuldiger Ausdruck, mit dem von vornherein schon eine implizite Trennung zwischen K1 und K2 gemacht wird. Wenn das Wort auf eine Maschine angewendet wird, wird der Kopf geschüttelt. Wenn ich also sage: "Wo ist die Motivation des Motors, zu drehen?", dann sagen die Leute: "Du hast sie wohl nicht alle." Schopenhauer machte genau das, indem er den Willen in die Natur zurückbeorderte. Ich folge ihm nicht, nur ist es interessant, dass er so denken konnte, und ich empfehle, dieser Spur auch mal nachzugehen.

> Eine Wirkung im Naturgeschehen wird ja oft als notwendige und nicht nur zufällige Folge eines anderen Naturgeschehens erklärt. ("Der Begriff der Ursache führt immer Notwendigkeit bei sich." sagte Kant ungefähr.) Worin die Notwendigkeit besteht ausser in der Übereinstimmung mit der Beobachtung ist mir nicht klar.

Wieder ein Volltreffer, wenn du "wegen" der Notwendigkeit verwirrt bist. Hierzu habe ich in der Wikipedia-Diskussion den Absatz geschrieben: https://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Notwendige_und_hinreichende_Bedingung#Trennung_Kausalit%C3%A4t_/_Logik
der von LC vermutlich nicht verstanden wurde. Dort ist mein Einwand: "schon die Bedeutung von necessity weicht sehr von der Bedeutung von Notwendigkeit ab"

Weil ich nicht vor Immanuel Kant niederknie nehme ich an, dass er das Wort "Notwendigkeit" aus der Übersetzung von Humes "necessity" angenommen hat. Es mag ein kleiner Unterschied sein, nur fällt er mir auf. Eine Bedeutung von "necessary" ist "erforderlich", was implizit auf ein Gesetz oder einen Gesetzgeber bezogen werden kann. Vom Wortbau ist Notwendigkeit ein komisches Wort: Was Not ist, ist bekannt, was jedoch Wendigkeit ist, ist schwer zu sagen. Allein vom Wort her entsteht ist mehr Unklarheit im Wort "Notwendigkeit" als im Wort "necessity". Und beim gründlichen Denken ist der Unterschied zu sehen und die Frage entsteht, was denn dabei gedacht werden soll.

Der zweite Aspekt, der zu bedenken ist, dass das Wort sowohl manchmal in logischen Formeln gebraucht wird, wenn ich nicht irre. Wenn es dann noch bei der Kausalität (K1 oder K2) verwendet wird, ist dies ein zweites Durcheinander, wie du schreibst "in Übereinstimmung mit der Beobachtung".

> Wenn man Ausnahmefälle wie vielleicht eine bestimmte Blutgruppe zulässt, bei der die Wirkung dann doch nicht eintritt, zeigt das doch, dass die angebliche Notwendigkeit mit der Beobachtung nicht nur steht, sondern auch fällt.

Das verstehe ich nicht, aber du verstehst es, glaube ich dir.

> Während man jederzeit bereit ist, seine Annahmen über Ursachen zu revidieren, ergibt es keinen Sinn zu sagen, dass man sich über die Umstände geirrt hat, die für die eigenen Handlungen von Bedeutung waren (abgesehen davon, dass man sich selbst etwas vormachen kann).

Gut gesagt, nur müsste der Satz genauer geschrieben werden, und dann geprüft werden. Das Wort "Handlung" stört mich. Siehe wie schon oft angeführt den Flugzeugunfall: https://de.wikipedia.org/wiki/Air-France-Flug_447 und dort den Mitschnitt. Kannst du die Handlungen von den Geschehnissen von  Kausalität in den Personen unterscheiden? Die Frage ist zwar schlecht gestellt, nur wenn ich sie besser stellen würde, müsste ich weiter ausholen. Zudem kann ich unabhängig davon zwischen K1 und K2 unterscheiden, was du noch vielleicht nicht kannst. Das ist nicht so einfach, auch ich habe Schwierigkeiten, wenn auch Lösungen dazu.

> Das scheint mir der Unterschied zwischen Naturzusammenhang und psychologischem Zusammenhang zu sein.

Gut gedacht, mit dem Wort "scheint". Nur bin ich ein ungläubiger Thomas was die Sache anbelangt. Zudem mache ich selbst den Unterschied mit K1 und K2, aber anders.

> Andererseits liegt die Handlung nicht schon im Motiv, d.h. wenn wir den Film anhalten, können wir zwar oft mit an Sicherheit grenzender, aber nur daran grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, wie er weitergeht

Erinnere dich an Schopenhauers Aussage: Bei schlechten Theaterstücken laufen die Dummen mit Glöckchen und die Bösen mit Hörnen umher, bei guten jedoch nicht. Sowohl bei Filmen wie auch bei Personen ist die Vorhersage immer eine Frage der Wahrscheinlichkeit.

> Und beim logischen Zusammenhang handelt es sich um einen zwischen Zeichen oder Zeichenverbindungen, bei der die Folge schon in der Voraussetzung enthalten ist und nur herauspräpariert wird.

Habe ich nicht im Dialog geschrieben, dass die Zeit bei logischen Zusammenhängen abstrahiert wird. Schleichwerbung:
https://weltordnung.de/Kausal-Dialog.html

> Die Notwendigkeit besteht hier darin, dass man sich an die Regeln hält, die man sich selbst gegeben hat.

Schön wäre es. Dann gibt es bei mir keine Notwendigkeit, denn ich bin mir selbst gegenüber ziemlich ungehorsam.

Vielen Dank Claus, du hast alles korrekt kommentiert, und implizit alles korrekt gedacht oder verstanden!

JH