it: „ Öffne Deinen Horizont doch einmal über den Mythen- und Technikblick hinaus.“

Nun also zu Mythen- und Technikblick.

Üblicherweise findet man bei Menschen, deren Weltbild zu einem Großteil  gedanklich im Bereich von Mythen angesiedelt ist, einen Hang zu Fantasie und Fiktion, was sich heute bekanntermaßen auch in diversen Verschwörungstheorien beobachten lässt. Du wirst doch, Ingo, - nach all den Jahren unseres Austauschs unserer Weltsichten hier - nicht annehmen, dass ich gewissen Mythen anhänge oder diese gar unmittelbar Einfluss auf mein Leben haben. 

Damit ist jedoch nicht gesagt, dass ich mich dem Blick auf vergangene Epochen der Menschheitsgeschichte, die nun einmal von Mythologie durchzogen waren, entziehen wollte oder gar sollte. 

Wenn Du behauptest, Mythologie sei kein Bestandteil von Philosophie, resp. Teil heutiger Philosophiestudiengänge, so ist das schlichtweg eine falsche Aussage. Nach wie vor – wie zu meiner Studienzeit – finden sich Seminare bzw. Inhalte von Lehrplänen, in denen ein Bezug zwischen Mythologie und Philosophie dargelegt und erläutert wird, zumal sich die Philosophie aus dem mythischen Denken entwickelt hat. Selbstredend ist doch unbestreitbar, dass mit massiv zunehmenden naturwissenschaftlichen Erkenntnissen mythisches Gedankengut zurück gedrängt wurde und sich weiterhin verlieren wird, wenngleich dieses immer noch in weiten Teilen der noch rückwärts gerichteten kulturellen Welt verbreitet und gelebt wird. 

Müssig schlichtweg, unter uns noch über Gefahren mystischer, resp. mythologisch angelegter Denkmodelle zu diskutieren. Wenn aber Religion kollaborativ mit überkommendem Mythos gleichgesetzt und damit herabgewürdigt wird, ist das eine undifferenziert vorgenommene Beschreibung. Natürlich hat sich auch Religion aus Mythen heraus entwickelt und ist - wo diese überkommenen Vorstellungen noch postuliert und gelebt werden – eine äußerst gefährliche „Droge“. Dort jedoch, wo Religion mittlerweile im Sinne zeitgemäßer Theologie gelehrt und praktiziert wird, ist es im Sinne des Rechts auf freie Lehre und Religionsausübung die legitime Angelegenheit jener, die sich diesem Bereich verbunden fühlen.

So verwahre ich mich hier davor, mit überkommenem mythologischen Gedankengut in Verbindung gebracht zu werden, nur weil ich mich als Katholik zu einem Gottesbezug bekenne, der jedoch sehr stark vom Schema üblich praktizierter Religion abweicht. Das sollte aus all meinen Beiträgen hier deutlich geworden sein und damit Deine Forderung, Ingo, meinen Horizont über Mythen und Technik hinaus zu öffnen, als höchst fragwürdig erscheinen lässt. Kommt Dir diese Aufforderung nicht selbst lächerlich vor, nach all unserem Austausch hier? 

Ich stehe als Technik-Ingenieur mit beiden Beinen auf dieser Lebenswelt, versäume es dabei aber nicht, gelegentlich „zum Himmel“ zu sehen. Das ist kein Himmel voller Engelchen und sonstiger Geschöpfe, die sich vor einer menschengedachten, göttlichen Gestalt beugen, sondern das Universum, voller noch zu ergründender Geheimnisse. 

Letzteres Ansinnen hatten Menschen aller Epochen und man nennt dieses Unterfangen „die Suche nach Weisheit“, bescheidener ausgedrückt die Suche nach den Dingen hinter den Dingen oder eben, das was über die erkennbare Physik hinausgeht:  metà tà physiká, Metaphysik eben. 

Joseph hat das Thema der Schöpfungserzählungen hier angefacht, weil er bei mir als Christ geradewegs einen Zwiespalt zwischen biblischen Mythenbildern und rationalem naturwissenschaftlich orientierten Denkmodell vermutet. Ich hatte geschrieben, dass dies definitiv nicht der Fall sei, da ich beide Bereiche zu trennen weiß und wir alle wissen hier im Forum, wie historische Schöpfungserzählungen einzuordnen sind, nämlich als Mythen vergangener Epochen, die zu großen Teilen überkommen sind, jedoch ihre historische Herkunft und Bedeutung notwendige Kenntnis und Lehre sein sollte und demnach auch als solche betrieben wird. 

Dort aber, wo diese Mythen noch eine signifikante Rolle im Denken und Handeln fundamentalistisch ausgerichteter Gesellschaften spielen, besteht nach wie vor ein großes Problem für die menschliche Kultur und deren zeitgemäße geistige Fortentwicklung.

Das sollte nun doch ausreichen, diese lächerliche Diskussion hier auf ein anderes Niveau zu heben.


Karl