Wenn Waldemar postuliert, es gibt keine Naturgesetze, stellt er sich damit gegen eine in der Naturwissenschaft etablierte Tatsache, dass es eben eine Gesetzlichkeit im Naturgeschehen gibt, dieses jedoch nicht im absoluten Sinn, sondern als Ergebnis wissenschaftlicher Beobachtung, die von einer Regelmäßigkeit im Wirken der Natur, resp. in deren Verhaltensformen zu erkennen ist. Und eben aus dieser Regelmäßigkeit leitet man eine Gesetzmäßigkeit ab, die zur Annahme der Existenz von Naturgesetzen führte. Unter diesen versteht die Wissenschaft i.A. die Naturordnung an sich, resp. die strukturelle Ausformung von Natur, damit von Welt und Kosmos. Diese üblicherweise als Gleichungen dargestellte Gesetzlichkeit bezieht sich zumeist auf quantitative Verknüpfungen, resp. Wechselwirkungen zwischen real zu beobachtenden, bzw. lediglich vermuteten Phänomenen der Lebenswelt.
Waldemar geht es nicht vorrangig um die Leugnung dieser Zusammenhänge, also die unbestreitbare Tatsache, dass Natur in ihrem Verhalten Regelmäßigkeiten konkret beobachtbarer Systeme zeigt, sondern im Grunde doch nur darum, jegliche diesem Naturgeschehen primordial vorgängige (gar von einem Gott initiierte) Gesetzlichkeit abzustreiten. Das ist eine zu akzeptierende Meinung, mit der er sich u.a. auf Figuren der Zeitgeschichte, wie z.B. Ernst Mach, diesem großartigen Wissenschaftler, bezieht und Waldemar sich zudem bei diesem in guter Gesellschaft hinsichtlich dessen Atheismus wähnt, denn E. Mach hat sich in erster Linie und völlig zurecht gegen das unselige Pfaffentum seiner Zeit aufgelehnt.
Waldemars Argumentation hinsichtlich seiner Sicht auf Naturgesetzlichkeit ist definitiv nicht von der Hand zu weisen, denn die damit von mir o.a. Regelmäßigkeit beschreibt er als „aus Entropie emergierende (sic!) Thermodynamik. Und damit ist erklärt, dass alles Leben von seinem Beginn bis zum Ende nach dieser Gesetzlichkeit (HS d. ThD) abläuft. Und seine diesbezügliche Rede von „gebahnten Wechselwirkungsketten“ trifft selbstverständlich den Kern der Sache. Es ist wie immer einer Frage der Perspektive, aus welcher man auf diese Zusammenhänge sieht.
Ohne nun auf weitere Details dieser Weltsicht einzugehen, liegt der Unterschied zwischen seinem und meinem diesbezüglichen Denkansatz darin, dass ich nach der Ursache, nach der Idee dahinter frage und zufolge meiner christlichen Sozialisation diese einer transzendenten Wesenheit zuschreibe. Und selbst hier möchte ich mich eigentlich nicht auf eine Entität festlegen, sondern eher auf die von Ingo T. übernommene Formulierung „kosmische Intelligenz“. Das hat Waldemar heftig kritisiert. Aus alldem zu schließen, ich würde als Katholik unbeirrt an jener naiven Schöpfungsgeschichte festhalten (gar noch am Ende nahe dem Kreationismus), ist völlig abwegig. Wie kann ein Mensch heute noch, bei hinreichend naturwissenschaftlicher Ausbildung das metaphorisch angelegte Weltbild hegen, welches zu seiner Zeit aber die einzige Möglichkeit zur Erklärung von Welt und Kosmos den Menschen verfügbar war? Dennoch wird hier mein Christsein antizipierend mit eben dieser naiven Vorstellung assoziiert. Das ist, Deiner Hinwendung zum Lachen folgend, eben nur noch lächerlich!
Mir steht der Sinn wirklich nicht mehr danach, auch nur noch wenige Sätze zu Gottesvorstellungen, zu Schöpfungserzählungen und damit verbundener Metaphysik hier vorzubringen. Da ist alles gesagt, ganz in Nietzsches Ansinnen: „Für Alle und Keinen“.
Um nochmal auf Naturgesetze und Waldemars diesbezügliche Argumentation zurück zu kommen, wonach diese Gesetzlichkeit nicht per se, also nicht primordial, resp. prädisponiert angelegt sei, sondern sich ständig quasi bedarfsorientiert neu entwickelt, somit also streng dem Evolutionsprinzip folgt: Dieser Denkansatz schließt m.E. nicht die Berechtigung aus, nach dem Ursprung einer Idee zu fragen, die hinter diesem grandiosen Prinzip steht. Für die einen stellt sich diese Frage, für die anderen eben nicht. Selbstredend sind die verschiedensten Antworten auf diese Frage gegeben und es liegt an jedem einzelnen Menschen, sich sein eigenes Bild, je nach Vermögen zu formen. Dann jedoch ein derartiges Bild als allgemeingültig, gar als Dogma zu postulieren, ist nach heutiger Kenntnis der Natur- wie auch Geisteswissenschaften unredlich. Die nicht konkreter Sicht und Messung zugängliche Welt ist und bleibt – bis auf weiteres – Metaphysik, ob man diese persönlich anerkennt oder eben nicht.