Am 15.12.2022 um 20:56 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

PS: Ich glaube nicht, dass Industrie-Lobbyisten von der Politik schlechthin hofiert werden, sie drängen sich auf und verlangen ihren Tribut, ansonsten mit Einbruch von Wirtschaftskraft, Verlust von Arbeitsplätzen etc. argumentiert wird. 


Moin Karl, 

ja, beide Richtungen der Einflussnahme und ihre Überlagerungen kommen vor; aber warum werden die Androhungen von Eingriffen der Unternehmen in die Wirtschaft nicht als „Nötigungen“ eingestuft? Und warum dürfen immer wieder die Lobbyisten des fossilen Imperiums die Regeln zum Klimaschutz vorgeben? Selbstredend teile ich Neubauers Empörung darüber, wie sie sie bspw. auf dem Grünen-Parteitag ihren Mitstreitenden vortrug: 

„Was ich nicht verstehe, ist, dass man in entscheidenden Stellen immer und immer und immer wieder die Falschen die Regeln machen lässt. Vor 30 Jahren, vor 30 Jahren hat meine Großmutter eine Solaranlage auf ihrem Dach installiert, da lag was in der Luft, Energiewende von unten — ihr kennt das alles. 30 Jahre später, Anfang der 2020er wurde in Sachsen ein einziges Windrad aufgestellt und Deutschlands Energiesicherheit lag in den Händen eines kriegstreibenden Autokraten. Was ist die Botschaft aus diesen 30 Jahren? Solange fossile Kräfte und fossile Konzerne die Regeln für die Energiewende machen, wird es keine Energiewende geben, die den Namen verdient.“ 

Deutschland ist schlichtweg Industrieland und demnach auf eine funktionierende, darauf ausgerichtete Wirtschaft angewiesen. Das vergessen diese Klebetypen gerne; wobei es mir auch scheint, sie kämen allesamt aus gut situierten Verhältnissen, ein Jammern auf fragwürdigem Niveau! Könnte es sein, dass sie den Verlust dieser Privilegien fürchten, wenn das schöne Wohlfahrts-Deutschland durch klimatische Veränderung einigen Luxus verlieren würde.



Diese Unterstellungen sind unter Deinem Niveau und wohl Deines generellen Unmuts geschuldet. Wem inhaltlich nichts mehr einfällt, der wird persönlich diskreditierend. Von der Postwachstumsökonomie des Niko Paech hältst Du wohl auch nichts, nehme ich an; denn jammert der nicht auch auf hohem Niveau? 

http://www.postwachstumsoekonomie.de/material/grundzuege/


Mit sprichwörtlichen Rundumschlägen wirst Du wenig zum Verständnis beitragen. Hinter Kastners Bild vom Eisberg steht eine quantitative Wahrscheinlichkeitstheorie. Was hat die mit einem bloßen Geschreibe von Transzendentalem und Imaginärem zu tun? Wenn Du wirklich aufs Ganze gehen wolltest, solltest Du das Quantitative nicht ausblenden. Neben Deiner winzigen qualitativen Innenwelt gibt es noch die kosmisch-quantitative Außenwelt. 

Du, Ingo hast doch Kastner hier ins Spiel gebracht! Wer sich tiefer in ihre Theorie einarbeitet, wird ihre Unterscheidung von Realität und Wirklichkeit nicht als Rundumschlag verstehen, sondern schlichtweg die Lebenswelt  in realer d.h. eher quantitativ angelegter sowie ideeller d.h. qualitativer Anteile aufgeteilt sehen. Die Sicht auf beide Teile und vor allem deren lebenspraktische Synthese ist für eine hinreichende Lebensgestaltung bedeutsam.


Ja eben, warum dann so häufig die qualitativ beschränkte Sicht auf die Welten ohne Verweis auf nachvollziehbare Homologien? Dem philosophischen Streben nach dem kritisch-reflektierten Zusammendenken mehrerer ernst zu nehmender Theorien scheint mir nach den Forschenden aus der Physik (… de Broglie, Madelung, Wheeler/Feynman, Bohm, Bell, Nelson, Cramer, H.P. und D. Dürr, Kastner, Barad) neben Lorenzen natürlich gleichsam als Gegenpol auch Gabriel geeignet mit seinen „Sinnfeldern“. Sein Buch „Sinn und Existenz“ von 2016 habe ich bisher aber nur überflogen. 

Dem probabilistischen Verständnis der Quantenmechanik Nelson’s folgend, geht es ebenfalls um zwei gegenläufige Vorgänge, da er eine zeitsymmetrische Diffusion hinter den Quantenphänomenen annahm, nämlich „vorläufige" und „rückläufige“ Diffusion (siehe dazu seine "Dynamical Theories of Brownian Motion“ (1967) und "Quantum Fluctuations“ (1985)). Mit dem Botaniker Robert Brown sowie mit Einstein und Nelson wäre ich wieder beim Ackerbau angekommen — und hoffe meinen zu plakativen Artikel dazu bald überarbeiten zu können.

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