Am 22.04.2024 um 02:37 schrieb Karl Janssen:
Hi Waldemar (wie findest Du diese Anrede?)

nuja, bei genauer betrachtung finde ich das lax, ungut - also: entschuldigung, und wieder normal:

lieber karl,
Deine Berufszeit in der Forensik erklärt also Deine Misanthropie, lieber Waldemar. Hättest Du stattdessen als Kindergärtner gearbeitet, würde sich ggf. ein anderes Menschenbild bei Dir geformt haben.

mit sicherheit !

aus der forensik kommt man nicht nach hause, und vergessen, sondern das kann man nicht "abwaschen", funktioniert wie kriechöl, das in sämtliche ritzen des bewusstseins kriecht, einem nachgeht,
einem beeindruckt, einen dauerdepressiviert, wie ein geruch, den man nicht mehr loswird

zb jugendliche töten, um sie locker dann im wald einzugraben, damit sie oberflächlich anfaulen, und dann turnusmäßig hingehen, um von den angefaulten kadavern zu essen (sog "atavismus", einige raubtiere machen das auch,
beute eingraben, und sie dann verfault = vorverdaut, vorvergoren, und durch bakterien aufvitaminiert, essen, rein logisch-chemisch-physiologisch ist das hoch-in-ordnung), und man geht dann täglich mit dem täter um, lacht mit ihm, ist traurig mit ihm, schaut tv und isst mit ihm, usw, das wäscht man nicht einfach ab, wenn man nach hause geht, im gegenteil, man muss therapeutisch zum mittäter werden, dem täter bis in die feinen verästelungen seines denkens und fühlens folgen, sich ihn und seine taten bildlich, geruchsmäßig, ablaufmäßig, usw vorstellen, um therapeutisch (hoffentlich) zugriff auf ihn und seine taten zu bekommen, der täter führt einen durch seine taten, wie durch ein museum, und man muss sie nachempfinden, nacherleben, um überhaupt therapeutische zugänge auf das an sich fremdartige finden zu können

man ist praktisch ständig in der lage eines gottfried benn, der irgendwann seine zahlreichen hirn-sektionen/autopsien seelisch nicht mehr loswerden konnte, und sie auch schreibend-als-abwehrversuch nicht mehr loswurde

 „Wer sich in‘s Feuer begibt, kommt darin um“. Du kennst dieses Sprichwort sicher und ebenso sicher ist, dass Du als feinfühliger Mensch niemals in dieses Berufsfeld der pathologischen Psychiatrie geraten durftest. Dort braucht es andere Charaktere.

oh ja, genau den spruch drückte mir ein alkoholiker Herr Pelzer (gott hab ihn selig, er endete im suizid) damals öfter rein, als "wem's in der küche zu heiß ist, der soll doch draußen bleiben", pelzer war als sozialarbeiter in forensik angestellt, obwohl er studierter soziologe war, aber als soziologe keine arbeit gefunden hatte, aber geld verdienen musste, da er fünf kinder hatte - aus dieser zeit mit herrn pelzer bis heute mein vorurteil "soziologen taugen nichts, und soziologie ist weitgehend "waffle und fluff", denn laut pelzer waren die taten unserer kientel immer auf soziologisch ungünstige bedingungen zurückzuführen, so nach dem motto, weil mir mittags das nudelnkochen misslingt, erwürge ich gegen abend halt zum ausgleich mal eine frau, oder: ich hatte eine schwere kindheit, und deshalb wurde ich zum serienkiller

die tätigkeit in einer forensischen psychiatrie ist eigentlich kein beruf, denn man bewahrt die klientel im grunde nur kustodial auf, damit sie nicht freilaufend weiterhin schlimmes anrichten, und wird im lauf der zeit dabei selbst zum depressiv-dauerverstimmten mittäter, weil die therapeutische resilienz im zeitverlauf abnimmt, ich habe damals in 20 jahren nicht einen einzigen "patienten" erlebt, dem wir wirklich zu einem normalen kriminellfreien leben hätten verhelfen können. ist traurig zu sagen, aber mit heutigen methoden sind solche "geisteskranken + kriminellen" (krebsartig) unheilbar, weshalb ich auch dafür wäre, den öfter von ihnen selbst angefragten freitod zuzulassen, denn ihr leben ist ganz tatsächlich perspektivisch aussichtslos

"andere charaktere": ja+nein, man sollte, wir wir damals sagten, dick+dumm+wasserdicht sein, ein dickes fell haben und sehr sehr ignorant sein, war ich nicht, aber bin dennoch dankbar, auch dieses extrem als erfahrung miterlebt zu haben, denn auch das ist bestandteil von welt, und als krankenpflger ist man immer, war ich immer, "grenzgänger", der tod "als größtes rätsel" immer mein vertrauter begleiter, in der pathologie eh, und mein allererster live-einsatz war städt altersheim mainz, "sterbestation" hieß das damals ganz offiziell, ca 60 sterbende "patienten" an bord, regelrechtes totenschiff-ambiente, und fast jeden tag und jede nacht starben 2-3-4, und ständig wurden die gestorbenen ersetzt durch neue im sterbevorgang, war, als ständen die leute irgendwo schlange um bei uns sterben zu dürfen, massenabfertigung in sachen sterben mitsamt dem ganzen "einsamen" türilür, das darum herum als standardprozedere veranstaltet wird, ich war damals öfter 8-stunden-schicht nur damit beschäftigt, gestorbene aufzubereiten, in den keller zu bringen, dort zum abholen zu drappieren, und dann wieder husch-husch auf station, das sterbezimmer putzen und für den nächsten vorbereiten = sterben ist für lebende ganz schön stressig, hihi, aber es belastete mich damals seelisch/psychisch nicht nachhaltig, vielleicht weils massenabfertigung in sache "sterben" war? keine ahnung

nur an Eugen Schneckenburger habe ich mich damals schwer versündigt, der hatte damals parkinson im endstadium, lag als dünnes mageres männlein in seinem bett, und zappelte nicht-unbrechbar, quäkte, schrie, wollte unentwegt was, dem drohte ich immer an, ihn lebend in den leichenkeller zu bringen, wovor eugen riesenangst hatte, dann wurde eugen wenigstens für eine kurze zeit stiller und ich hatte kurze zeit halbwegs "ruhe aufm schiff", ehe eugen dann wieder aufdrehte, mein verhalten gegenüber eugen tut mir heute noch leid, aber damals war ich blutjung, voller elan, und eugen für mich einfach ein alter ununterbrechbar-nervender sack, ich handelte damals aus von mir so erlebter (aber objektiv durch nichts zu rechtfertigender) notwehr, denn ich hatte noch ca 60 andere sterbende zu versorgen

Doch nun ist doch Zeit und Gelegenheit für Dich, auch andere Menschen, solche mit „gutem Herz“ und lebensfroher Gesinnung zu treffen. 

ach, mit nunmehr 72 jahren ich, schaut man sich nicht mehr groß nach neuen freunden oder überhaupt nach "anderen menschen" um, sondern eher nach liegeplätzen auf friedhöfen, und einer meiner hausärzte, denn ich aufsuche, falls der andere in urlaub ist, praktiziert, äußerst günstig, direkt gegenüber dem friedhof, und gerade er ist stets sehr bemüht um seine patienten, was mir immer grund zum grübeln gibt, wenn ich ihn aufsuche. gottlob brauche ich aber nur höchstens 1-2mal/jahr einen arzt, und dann allermeist mit zutreffender selbstdiagnose nur zum rezeptieren

"gut-herzige" mitmenschen gibts übergenug, weil alle, die noch leben, wenigtens halbwegs gute herzfunktionen haben müssen, sonst sehr schnell "schluss mit lustig" ohne funktionsfähige pumpe, man würde besser und genauer also über gut-hirnige menschen sprechen, und da trifft man eben höchstens 1/3 aller, und 2/3 sind ausschuss, evolutionärer schrott, sei es körperlich, oder geistig, oder gar beides

* wobei ratschlag, teste das einmal in deinen eigenen umfeld, es gibt kaum jemanden, der einem herz und herzfunktionen auch nur hinreichend erklären kann, verblüffend, wenn man die ganz zentrale bedeutung des organs bedenkt

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