wh: „was die leute wirklich bewegt, und sehr viele zumindest im hinterkopf das ganze jahr und 24/7, ist das phänomen fastnacht, karneval usw genannt, als dauerfastnacht im kopf, ganz blutig unterste schublade, zwischen suff + puff + völlereien aller arten (die sieben todsünden als dauerzustände der befindlichkeiten eingeschlossen) das ist wahrer mensch in sein und tun, und alles darüber hinausgehende sind wie schmelzende hochgebirgsgletscher auf diesem archaischen urgrund des fauligen dschungels wahrer mensch, so wie er wirklich ist.“
Das ist nun Deine Dir typische Art, Waldemar, wie Du womöglich auch der „Spätwinter-Depressivität“ zufolge auf den Menschen schaust, dieses aber doch eher im Gegensatz zu mir über jeden Spätwinter hinaus :-)
Fastnacht ist ja schon ein landsmannschaftliches Ereignis, das wir hier im tiefen Süden der Republik erst nördlich des„Weißwurstäquators“, allenfalls in Franken wahrnehmen; So richtig ist dieses nette Treiben schon auch in Deinen Gefilden weit und intensiv verbreitet.
Ich habe zuletzt tatsächlich mal TV geschaut, da mich gewundert hat, wie die deutsche Außenministerin den Aachener Preis „Wider den tierischen Ernst“ bekommen konnte. Iris Berben hat es dann aus spezifisch feministischer Sicht erklärt und begründet, mir allerdings erschien das Ganze doch etwas erzwungen. Ich denke Annalena war selbst über diese Nominierung überrascht; mir ist sie nicht unsympathisch und manches ihr in der Laudatio zugeschriebene Charakteristikum trifft ja durchaus zu. Die „Allergeilste“ war sie an diesem Abend jedoch nicht, diesen Anspruch hat eine andere für sich proklamiert.
Mich stört am Fasching nicht das ausgelassene Lustigsein, das vergessen wollen des schnöden Alltags, jedenfalls für ein paar fröhliche Stunden. Was mich an den im TV übertragenen Fastnacht-Prunksitzungen aus dieser Region stört, sind die damit einhergehenden einseitig politischen Botschaften und natürlich aus meiner Sicht das „Bayern-Bashing“, da es bisweilen gehässig daherkommt (damit meine ich nicht FCB! dagegen hätte ich als Münchener 60-Underdog nichts einzuwenden :-)) Daher sehe ich mir gerne die Franken-Helau-Sendungen an, wo man weitestgehend auf politisch motivierte Beiträge verzichtet und einfach nur gute Laune verbreitet. Hier im oberbayerisch tiefen Süden ist Fasching nur ein leichtes Aufkommen von darauf bezogener Stimmung am Faschingsdienstag, ansonsten ist man eher Deiner Stimmungslage zugeneigt: Faschingsmuffel: „Hörts auf mit dem Schmarrn - mei Ruah möcht i ham“.
Dir scheint es aber vornehmlich nicht um Ruhe vor diesem Treiben, sondern um Busspredigt zu gehen. Du wirst doch nicht zu den Grünlingen - den neuen Pfaffen als Spaßbremser - übergelaufen sein? Komisch – ich war bei denen von Anfang an und laufe nun davon, denn da ist nur noch die „Hülle“ grün, innen herrscht pure Ideologie. Womit wir wieder bei der jüngst hier thematisierten Frage sind, was denn Ideologie überhaupt sei.
Ich denke dabei an Deine vor einiger Zeit hier vehement ausgebrachte Abneigung gegen jede Art Ideologie. Du hast das hier zuletzt etwas relativiert und Joseph hat „einiges dazu geschrieben“ und es ist – wie Ingo das anmerkte – tatsächlich eher deskriptiv ausgefallen; es kommt wohl eher einer sprachphilosophischen Auslegung gleich, die sich auf auf Wort- und Satzstrukturen kapriziert und nicht auf das eigentliche Wesensmerkmal des Begriffs von Ideologie. Dieses sehe ich vornehmlich in der Ausformung von Ideen und Weltsichten, die nicht dem eigentlichen Ideal z.B. einer Staatsform zugewandt sind, sondern zum Ziel haben, bestehende politische oder sonstige Machtzentren zu erhalten oder diese von anderer Seite revolutionär zu ändern oder wenigstens zu destabilisieren.
Ideologie an sich sehe ich als eine Art verfestigter Ideale im Sinne einer zur Norm erhobenen Weltsicht, wie sie für ein Kollektiv als Weltanschauung zur Begründung staatlichen Handelns vornehmlich in autoritären Staatsformen propagiert und mit exekutiver Gewalt eingefordert wird. Das kann sehr sicher auch als Erklärungsmuster für Ideologien fundamentaler Religionsformen gelten.
Verfestigte Ideale – damit erhebt sich die Frage nach dem Begriff des Ideals schlechthin. Etymologisch führt der Begriff auf Urbilder zurück und ich denke dabei natürlich zuerst an Platons Ideenwelt, quasi Urgedanken, die als geistige Axiome ewige Gültigkeit haben, aus denen sich jeweils individuell angelegte Ideenwelten herausbilden und somit prototypisch für eine angestrebte Vollkommenheit stehen.
Damit schließt sich der Kreis zum Thread Unvollständigkeit oder eben Unvollkommenheit. Ich schrieb zuletzt diesbezüglich, dass diese Welt notwendigerweise nicht vollkommen sein könne; wäre sie es, würde sie tot sein. Du Waldemar schreibst dagegen, sie sei durchaus „ingesamt voll-kommen und voll-ständig, weil zwangsläufig alle sub-welten darin unvollständig und unvollkommen“ sind. Diese Begründung erfordert m.E. einen Kontext, der zunächst erklärt, was Du unter „Welt“ und „Sub-Welten“ verstehst. Umgangssprachlich führt ein derartiger „Weltbegriff“ hier nicht weiter. Eine diesbezügliche Betrachtung wird insoweit diffizil, als man dabei kosmologische von philosophischen Aspekten unterscheiden muss: Sind „Sub-Welten“ im Sinne von Everetts „many worlds“ oder etwa von Leibniz' Monaden zu sehen? Solltest Du mit „welt ist insgesamt voll-kommen“ das Universum (soweit es bislang gekannt ist) meinen, dann würde ich tatsächlich von einer gewissen Vollkommenheit sprechen wollen.
Hier auf unserem Erdenkügelchen ist definitiv nichts vollkommen, kann es auch nicht sein. Die Frage steht immer wieder im Raum, ob unsere Welt auf dem Weg zu einer Art Vervollkommnung ist bzw. dieses überhaupt sein kann.
Ich denke eher nicht, denn sie ist m.E. eine Art Transit, ein Entwicklungsraum. Womöglich sogar eine Emulation Außerirdischer.
Wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen einem angenommenen Gott mitsamt himmlischer Heerscharen, die diese Welt geschaffen haben, diese auch auf ihre Art und Weise beherrschen und einem - in welchen Übergefilden immer - residierenden „Super-Programmierer“ mit Heerscharen von EDV-Hilfskräften, die unsere Welt - neben anderen – als Emulation laufen lassen? Da gibt es natürlich auch Hacker und Malware-Entwickler, Teufel genannt, die ihr Unwesen treiben.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
PS: Ach noch zu taktischen Nuklearwaffen. Dein Wohnort ist doch gar nicht so weit von Ramstein entfernt, oder?