Am 06.02.2024 um 05:56 schrieb waldemar hammel über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



woher ist dir diese "unabweisbarkeit" bekannt? woher weißt du das? oder willst das wissen?
für zb mich gibt es solche unabweisbarkeit nicht im mindesten, und da materie+energie dasselbe sind (vereinfacht physik gesprochen), auch nichts sui-generis "immaterielles" im kosmos (vereinfacht: ich kann da
beim besten willen keine "gespenster" erkennen) - wenn aber jemand an immaterielles glauben will (nicht wissen, sondern GLAUBEN), kann und will ich ihn nicht hindern, sondern nur darauf hinweisen, dass es
eben GLAUBEN ist, und kein irgendwie auch nur ansatzweise begründbares wissen ("wissen" als relativ abgesicherter glaube, denn mehr ist auch "wissen" nicht)

Vollkommen Deiner Meinung, da habe ich vorhin Deine eigentliche Intention nicht erkannt, insoweit ich damit den „Weltenlauf“ und unsere aktive Rolle darin angenommen habe. Verweilen, zumindest Entschleunigen (um dem gerade dafür gängigen Begriff die Ehre zu geben), also ein Stehenbleiben, um wieder das Eigentliche, oder eben auch die Wunder der Welt wahrzunehmen und zu schätzen, das ist es, was vielen Menschen in dieser Zeit fehlt. 

In dieser Zeit, sage ich und sollte daher auch fragen, ob es denn früher anders war. Mit Sicherheit, denn es sind ja nicht nur Deine Kaffeetassen, die von einem auf's andere Mal ihres Gebrauchs andere sind. 

Der Lauf der Dinge: Dekohärenz vs Kohärenz in allem materiellen Sein. Entropie allen Ortes. Hat man wirklich Einfluss auf diese Mechanismen? Klar, durch Nahrungsaufnahme wirken wir nach Kräften dem entropischen Zerfall unserer Körperlichkeit entgegen. Nicht - oder mindestens zumeist nicht - ohne für Nachwuchs gesorgt zu haben. Letzteres ist hingegen längst zum Dilemma dieser Welt geworden und es gilt wie immer und überall: Zuviel des Guten, zuviel des Schlechten. Wie könnte man in der Mitte zwischen diesen Extrema verweilen oder ist das prinzipiell gar nicht möglich? Eben nicht, weil alles – wie deine Kaffeetassen –  in Richtung maximaler Entropie zustrebt und dieses unabweisbar (sic!). 

Da war noch die Frage, was ich darunter verstehe, nun in diesem Fall haben wir Konsens: Diese Welt ist dem entropischen Zerfall unabweisbar ausgeliefert. Und was kommt danach in den Weiten des Universums, oder existieren neben diesem noch weitere? Die Frage bzgl. der Annahme von Multiversen ist ebenso ungeklärt, wie die hier zwischen uns immer wieder hochkochende Frage nach der Existenz eines Gottes. Um Gottes Willen – nur nicht wieder dieses Thema! Zumindest nicht zwischen uns beiden.

Sehr wohl aber das Thema Geist und da geht es wahrhaftig nicht um Geister und Gespenster! Weder in Welt, noch im Kosmos, ebenso nicht um geistig-kognitive Kompetenz. Vielmehr geht es dabei auch um Entropie, diesmal in ihrer Bedeutung als Maß unserer Unkenntnis und somit trifft Deine Aussage zu, dass es nicht einmal „ansatzweise begründbares Wissen“ über Geist an sich geben kann. 

Geist ist per definitionem kein materielles Substrat, also ist es vergeblich, in die Richtung zu argumentieren, Geist sei bezüglich seiner Konstitution mit Materie, resp. Energie in Verbindung zu bringen, resp. daraus entstanden und daher als solcher genuin nicht existent. Oder wie Ingo T. meint, Geist wäre eine Art verfeinerte Materie.

Sicher wird es positivistisch geprägten Menschen schwer fallen, bzw. unmöglich sein, Geist, resp. Bewusstsein als grundlegend für die Konstitution jeglicher Realität im Sinne des „anima forma corporis“ anzusehen. Aus solcher Grundhaltung heraus jedoch die Existenz eines Geistigen zu leugnen, kommt der ebenso unbeweisbaren Annahme eines explizit nichtmateriellen Agens oder eben unabweisbaren Quiddität gleich. So stehen sich diese Sichtweisen auf „Gott, Welt und Kosmos“ vermutlich noch lange Zeit mehr oder weniger kompromisslos gegenüber. Damit sei aber nicht gesagt, dass diesbezüglich interdisziplinäre Forschung, insbes. zum Themenkomplex des Bewusstseins, am Ende nicht doch noch dem Geheimnis dieses Phänomens auf die Spur, zumindest in die Richtung einer plausiblen Erklärung kommen könnte.

Bewusstsein würde ich persönlich nicht mit Geist (an sich) gleichsetzen. Man spricht von geistigen Prozessen, die im Gehirn ablaufen und in diesem Kontext von Bewusstsein, m.M. nach bringt das Gehirn nicht das Bewusstsein hervor, sondern verarbeitet Information mit dem Ergebnis der kognitiven Bewusstseinsbildung. Die Neuroforschung vermag mittlerweile bestimmte neuronale Aktivitätsmuster messtechnisch zu erfassen und daraus entsprechende Korrelationen, resp dedizierte Bewusstseinszustände abzuleiten.

Ein anderer interessanter Forschungsansatz sind die Arbeiten von Guilio Tononi und Christop Koch et.al. über die ich schon vor einiger Zeit hier geschrieben habe. Hier werden auch verschiedene Aspekte der Beziehung zwischen Bewusstsein und Gehirn erforscht und unter dem Begriff der „integrierten Informationstheorie“ entsprechend publiziert.

Im Kern geht diese Theorie von bestimmten Eigenschaften phänomenaler Erfahrung aus und leitet daraus die Anforderungen an das physische Substrat des Bewusstseins ab: Funktional verarbeitet jedes System aus interagierenden Teilen Information und besitzt damit eine Art Bewusstsein. Daher mein Postulat: „its all about information“ :-))

Das waren einige Gedanken aus wissenschaftlicher Perspektive. Soll es wieder metaphysisch werden, könnte man in einer Art Panpsychismus die Annahme vertreten, dass jeder Form von Materie Bewusstsein innewohnt. Womöglich gründet diese Vorstellung auf der Annahme, Geist würde aus Materie entstehen. Nicht wenigen Einwohnern von Prag und Scharen von Besuchern wird das konkret vor Augen geführt mit der Statue des Eisenmanns, beseelt vom Geist des Jáchym Berka. Ein Besuch des Prager Rathauses uns seiner Umgebung lohnt sich also für alle jene, die nicht an Geister glauben, sie könnten eines anderen belehrt sein. Als ich dort war, waren es andere Geister, die mich heimsuchten: slivovice :-)))

In moderner Form des Panpsychismus könnte man mit Nick Boström annehmen, wir Erdenkinder würden in einer Art Computersimulation, ggf. sogar – emulation zu leben haben, gewissermaßen „Puppets on a string“. Nun gut, das ist dann von religiösen Vorstellungen nicht mehr weit entfernt und befeuert den Kreationismus.

Geist existiert nicht als Grundgröße der Physik, sondern ist auf unerklärliche Weise präsent. Er bedient sich der Physis und vice versa. Nun wirst Du wieder fragen, woher ich das weiß, warum ich solches hier postuliere. Das kann natürlich nicht (womöglich niemals) auf Basis wissenschaftlich empirischer Erkenntnis geschehen.

Auf Gott gemünzt hatte ich das hier mal so zitiert: „God is a feeling“ und Du hast es wohlwollend bestätigt. So gelingt Dir das vielleicht auch, wenn ich sage: „Spirit is a feeling!“

Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl