Ihr lieben Streithälse mit immer zum Nachdenken und Mitdenken anregenden Beiträgen,

ich will, um Neues in den Streit einzubringen auf den Phänomenologen Michel Henry hinweisen, der in seinem Zugang zur Wirklichkeit (er nennt sie „Leben“, und damit ist nicht etwa nur biologisch definiertes Lebewesen-Leben gemeint) auf dessen Art des Erscheinens hinweist. 

Das ist unmittelbar füreinander, und nur beim Menschen zusätzlich über eine Extra-Instanz namens Sprache mit in sie eingebauter „Vernunft“ und dieser innewohnenden Begriffen vermittelt.

Leider haben Biologen wie Helmuth Plessner, obwohl phänomenologisch geschult dann doch die „verkopfte“ Variante des durch Begriffe strukturierten Erscheinens beschrieben, und den Körper weiter als Objekt, ohne Reflexion auf das Thema des Erscheinens überhaupt behandelt.

Die Leibphilosophie, die sich dagegen entwickelt hat krankt aber immer noch an einer mangelnden Auffassung von Natur als sich wechselseitig erscheinender, als aspekthafte Information aufnehmende und diese verarbeitende Interaktionsdynamik.

Die Aspekte des sich wechselseitig Erscheinen-Könnens, die allem Erscheinenden zueigen sind sind die, die für jedweden Raum und jedwedes Zeiten gelten, und die deshalb in Skalen messbar sind: es sind die Aspekte, auf die sich Naturwissenschaften beziehen.

Mathematik wiederum ist das am strengsten durchdeklinierte System definierter Wechselbezüglichkeit, und gilt daher für alle Wechselbezüglichkeit (im Sinn der wechselseitigen Abbildung aufeinander mit Mitteln der Algebra und Topologie), die zugleich allgemein und darin streng definiert ist. Sie ist nicht deskriptiv, erfasst aber allgemeine Aspekte, die für die  Beschreibung  zu nutzen sind.

So viel als kurzen Einwurf, mit Wünschen für ein glückliches Neues Jahr,

Thomas

PS: Wiki zu Michel Henry:

Mit „Leben“ ist nicht etwa die belebte Natur als der Gegenstand der Biologie gemeint, sondern ein vor aller wissenschaftlichen und alltäglichen Erfahrung der Gegenständlichkeit liegendes unmittelbares Phänomen, das der Mensch, der diese philosophische Überlegung anstellt, zuerst an sich selbst erfährt, und zwar in der Art und Weise, wie er sich selbst erscheint: Das ursprüngliche Sich-Erscheinen des Menschen liegt nicht in einer reflexiven Rückwendung auf mich (indem ich mich zum Gegenstand meiner selbst mache), sondern vielmehr in einem unmittelbaren Mir-Selbst-Gegeben-sein, also in einem Erscheinen, das nicht in der Macht des Subjekts liegt. Es ist diese Instanz des ursprünglichen Erscheinens, die Henry als „Leben“ bezeichnet.


Am 04.01.2025 um 02:46 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:


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Am 02.01.2025 um 17:44 schrieb waldemar hammel über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:


…..,
ich bin schizopheren, weil ich "gewusstes" glaube, und du bist invers schizophren, weil du geglaubtes solcherart internalisiert hast, dass du geglaubtes zu deinem wissensfundus zählst,
insofern außenstehende über uns beide die nase rümpfen können,
während selbst sicheres wissen bei mir, ohne deshalb urangst zu erleben, auch nur "glauben auf verdacht hin und bis auf weiteres ist,
ist bei dir als ingenieur geglaubtes quasi sicheres "zusatz"-wissen im rahmen der urängste-im-zaum-haltenden strategie,

Als Ingenieur bin ich viel eher „Homo Faber“ als ein auf „sicheres Zusatzwissen“ bedachter Zeitgenosse. Das Technikstudium als solches hat mir lediglich Werkzeuge zur Ausübung eines spezifischen  Berufs in die Hand gegeben, ein Beruf, den ich mit Leidenschaft und Begeisterung für Technik und natürlich zum Broterwerb ergriffen habe. 

Die für mich sehr bedeutsame Frage nach Lebenssinn, ganz in Anlehnung an die hier oft von mir angeführte Leibnitz’sche Frage, warum überhaupt etwas ist und vielmehr nicht nichts, hat mich dazu gebracht, auch Philosophie zu studieren. 

Ersteres Fachgebiet war also für meine Technikaffinität und zu hinreichendem Lebensunterhalt, zweites für die Seele, doch beide Bereiche sind für mich essentiell, letzterer insbes., um nicht glauben zu müssen, sondern überzeugt von Gott und Weltensinn sein zu können. Nicht aber von einem Gott im hergebrachten Sinn, vielmehr eben von der Existenz „kosmischer Intelligenz“, die Menschen durchaus als göttlich, sprich: transzendent oder eben schlicht als überirdisch annehmen dürfen.

KJ


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