Was soll es dann mit „mathematischer Theologie“ auf sich haben, Ingo? Ist diese Wortschöpfung nicht ähnlich der einer „mathematischen Philosophie“ wirklichkeitsfremd?
Letztere ist wohl an B. Russels Buch „Introduction to Mathematical Philosophy“ angelehnt und ist ebenso irreführend, denn Russel hat dieses ganz klar als Mathematikbuch geschrieben und so müsste man eher von einer Philosophie der Mathematik und nicht von „mathematischer Philosophie“ sprechen. Wo sich definitiv Mathematik und Philosophie treffen, sind logische Systeme wie z.B. die Prädikatenlogiken, die in jeweiliger Disziplin Möglichkeiten der Falsifizierung, resp. Formalisierung von Argumenten bereitstellen.
Wie immer witterst Du den Geruch von Theologie und Metaphysik, hier bezogen auf benannte „aktuale Unendlichkeit“ (unbenommen, ob man die Kreiszahl pi dieser Kategorie zuordnen wollte), also die nach dem Aquinaten (mit Bezug auf Aristoteles) entstandene christliche Vorstellung von Gott als aktuale Unendlichkeit. Diese wiederum, in Anlehnung an die Mathematik wurde wohl wegen der angenommenen Unendlichkeit einer zwar transzendenten, aber dennoch absolut vollkommenen, tatsächlich existierenden Wesenheit gleich gesetzt, die man Gott nennt.
Kommt man von diesem Gedankengang wieder in irdische Gefilde, erhebt sich die Frage, ob denn aktuale Unendlichkeit überhaupt oder eben doch nur die potentielle gegeben sein kann. Bei ersterer geht es also um einen Gegenstandsbereich, der in Annahme aktualer Unendlichkeit eben auch das Merkmal unendlicher Mächtigkeit im gesamten Wirkungsbereich, resp. Existenzbereich aufweisen muss. Für den Bereich der Mathematik ist das m.E. geklärt, nicht so jedoch für diesbezügliche Zuschreibungen im Gebiet von Philosophie und damit auch der Metaphysik. Hier bleibt m.E. nur die Möglichkeit der Konstruktion oder eben des Glaubens und damit die Annahme einer potentiellen Unendlichkeit für den Bereich des letzteren, bzw. den der Intelligibilität und des Numinosen.