Karl Janssen über PhilWeb schrieb:
Ich fragte
zuletzt hier, ob es überhaupt Vollkommenheit im Sinne
objektiver Gültigkeit geben kann und denke, dass dies
einer rhetorischen Frage gleichkommt. Interessant ist
Deine Ansicht, Waldemar, dass das Unvollkommene ja geradewegs
das Vollkommene
sei.
meine ansicht dazu:
alles wirklich (objektiv) vollkommene wäre absolut tot, nicht mehr
weiter wandelbar, mit sich selbst zufrieden - deshalb gibt es in
unserer wechselwirkungs-welt nichts vollkommenes, weil jede
beliebige erscheinung,
jedes beliebige ding usw immer nur ein per (planck'scher) ww
vorübergehender zustand ist, der selbst scheinbar zb live
wahrgenommen sogar bereits vergangenheit ist (braucht licht zeit,
sodass ich den apfel auf
dem tisch vor mir, nicht so sehe, wie er aktual tatsächlich ist,
sondern so, lichtlaufzeit gewesen ist = meine "eigenzeit" und die
"eigenzeit" des apfels stimmen nicht überein
und mit "gerade das unvollkommene ist das vollkommene" meine ich
letztlich folgendes rein physikalisches: je geringer der
tatsächliche entropie-export eines systems, desto "vollkommener"
ist es, zb die natur selbst:
wenn ich mir einen zb wald ansehe, finde ich darin (scheinbar) die
unvollkommenheit an sich, alles nur halb, nur ungefähr, unordnung
pur, nichts ist gerade, usw, nur der finale entropie-export des
sys "wald" ist
sagenhaft minimiert, soweit er nicht zu verbindungen zu anderen
super-systemen, zb "wetter" gebraucht wird (wald macht sich sein
lokales mikro-wetter/klima selbst und vice versa) - ich muss den
zb wald also
nicht "aufräumen", sondern er ist, wo wie er ist, bereits optimal
aufgeräumt, weil optimiert, und mein wie auch immer eingriff
beschädigt diese optimierung
conclusio: absolut vollkommenes gibt es nicht, weil wir in einer
ww-welt leben, indes gibts in dieser ww-welt unvollkommenheit(en)
fast ohne terminalen entropie-export, die man deshalb als
fast-vollkommen
bezeichnen kann
Nun war das
eigentliche von mir angeschnittene Thema
Unvollständigkeit, dieses in Anlehnung an Gödels
Unvollständigkeitstheoreme, auf die Ratfrag zum
diesjährigen Gödelpreis hingewiesen hat. Mein Ansatz,
dieses genuin mathematisch angelegte Thema der Logik
auf die bedeutsame Frage nach Vollkommenheit im Sinne von idealisierter Vollendung
umzulenken, entspringt meiner Neigung, solche
Fragen unter philosophischem Aspekt zu betrachten.
Landläufig
spricht man etwa von vollendeter Schönheit eines
Kunstgegenstandes, einer absolut gelungenen
Architektur oder aber auch von vollendet körperlicher
Schönheit, gleichermaßen von Menschen oder Tieren auch
von Pflanzen; Eine Rose sei nur von einiger Entfernung
in ihrer Schönheit zu sehen, meinte Goethe,
andernfalls man bei zu naher Betrachtung nur die von
Läusen zerfressenen Blätter und Blüten zu Gesicht
bekäme.
Zu große Nähe
scheint dem ästhetischen Eindruck zu schaden, schadet
sie generell der Empfindung von Vollkommenheit, deckt
sie am Ende auf, dass es diese gar nicht gibt resp.
geben kann? Wird damit deutlich, dass
Vollkommenheit letztlich Unvollkommenheit ist, wie
Waldemar das sieht?
diese welt ist physikalisch aus
einer gescatterten anzahl von symmetriebrüchen entstanden, und
diese symmetriebrüche müssen sich auch in allen "gelungenen"
kunstwerken zeigen, die "etwas taugen" sollen,
weil "kunst" letztlich immer weltteile und/oder teile unserer
psychologie analogisch nachbildet, sei es bildende,
architektonische, musikalische, oder wort-kunst, deshalb ist kein
sog "gelungenes kunstwerk"
tatsächlich symmetrisch aufgebaut = absolute symmetrie wäre tot,
würde kunstwerke töten statt erzeugen - und ich weiß, von was ich
rede, da ich selbst dem zwang unterliege, worte- und skulpturen-
kunst betreiben
zu müssen = kunstwerke müssen "organisch" sein, und das heißt, in
diesem sinn unvollkommen, also nicht a|a, sondern mindestens a|a',
um als "schön" erlebt zu werden
zb erkennt man per photoshop usw geschönte gesichter und personen
gerade immer daran, dass sie zuviel symmetrie zeigen, während
reale, schöne gesichter genau betrachtet stets erstaunlich
a-symmetrisch sind, eine sache,
die bei der zb digitalen gesichtererkennung sogar
programmtechnisch berücksichtigt ist
und goethe irrte sich, wenn er meinte, die zerfressenen blätter
und läuse wären der fast-vollkommenheit einer rose hinderlich, sie
gehören im gegenteil zur fast-vollkommenheit der konkreten rose,
genau wie unterschiedliche
blattstände entlang des stengels, ähnlich auch die meist sogar in
sich nochmals gebrochene fibonaci-asymmetrie der blütenblätter
einer blüte, usw
ich bin sogar der überzeugung, dass die berühmte
nofretete-skulptur im berliner museum eine fälschung ist, da ihr
wohl absichtlich ein ausgeführtes auge (und ein stück ohr) zur
symmetriebrechung fehlt,
denn mit zwei augen wäre die skulptur absolut symmetrisch, also
tot
Gott
ist demnach tot! Als solchermaßen optimierte Wesenheit
gibt es an dieser nichts mehr zu verändern - in alle
Ewigkeit nicht: "Herrscher des Himmels und der Erde, der
du bist in Ewigkeit“. Nietzsche hatte Unrecht; nicht wir,
sondern Gott hat sich selbst getötet. Es bleibt die Frage: wann ist etwas
wirklich tot? Wer sie nicht beantworten kann oder will,
sollte der Unvollständigkeit, dem Unvollkommenen huldigen-
Vivat imperfectionem!
götter waren von anbeginn eine
totgeburt, weil unseren altvorderen das wissen fehlte, in einer
wechselwirkungen-welt zu leben, in der ein "ding" mit
all-eigenschaften unmöglich ist = entweder nähme gott an unserer
ww-welt teil, dann wäre er kein gott, weil er keinerlei
all-eigenschaften haben könnte, oder er nimmt nicht an ww-welt
teil, dann wäre er außerhalb unserer welt, und bräuchte uns nicht
zu interessieren, da er keinerlei
einfluss auf welt hätte = das heutige konzept "gott" ist einfach
unsinnig - aber ursprünglich hatten die götter auch keine
all-eigenschaften, sondern waren fantasierte "höhere menschen",
die veränderlich waren, gegeneinander
kämpften usw, zb noch im olymp, wo sie intrigen spannen, geliebte
und entliebte hatten, sich mit menschen vermischten, etc = die
urgötter waren mit der unberechenbarkeit der natur begabt, deren
eines abbild die
unberechenbarkeit menschlichen verhaltens ist, erst später dann
monotheismen und gott dann logischerweise in immer weitere fernen
gerückt und mit (nur den guten) all-eigenschaften dann aufgeladen
(zb amarna-zeit,
pharao echnaton) - ab dann, und das hatten die alten sehr wohl
bemerkt, ging der connect mensch zu gott aber verloren, und man
führte dann, im rückgriff auf alte ideen, wieder ein, dass sich
gott mit mensch vermischte,
und also kam man zu jesuskindern etc, um einen "anker" zu haben,
an dem sich der allzu ferne gott "anbinden" ließ,
und weil das gott-konstrukt heute nicht mehr wirklich durchhaltbar
ist, der mensch aber stets nach höherer existenzberechtigung
sucht, wird heute esoterisierend zunehmend nach "kosmischen
intelligenzen", ur-bewusstseinen,
vermeintlicher intelligenz der evolution, etc ausschau gehalten
und zuflucht genommen, einfach weil uns die natur, so wie sie ist,
trotz aller wissenschaften, letztlich unbegreiflich erscheint und
auch tatsächlich ist,
denn nicht zu verwechseln, unsere gefühle, verstand,
begreifenkönnen sind uns angezüchtet von einer evolution, und
nicht umgekehrt, und sie sind zusätzlich aus rein
evolutionstechnischen gründen auf mensch-überlebensfähigkeit
begrenzt, also keineswegs frei skalierbar, wie es uns aus unserer
innensicht erscheint (wir können zb nur begreifen, was mensch als
meso-größen-tier begreifen kann, weshalb wir zb quantenwelt und
universum nie werden
wirklich "begreifen" können = auch unser begreifenkönnen ist nicht
frei skalierbar, sondern auf meso- und menschen- welt begrenzt,
weil die evolutionsmechanismen einfach nicht mehr hergeben können)
mir nutzt das obige alles nix, da ich dick-dumm-wasserdicht durchs
leben talpe ...
wh.