Am 19.02.2023 um 19:29 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

(…)
Andererseits kommt es mir vor, dass du manchmal den Weg vom Sein zum Sollen gehst, wenn auch schwach. Das was es für dich sicher gibt, das soll der andere zwar nicht glauben im Sinne von anbeten, aber zumindest soll er glauben, dass es das auch gibt oder zumindest geben könnte. Waldemar tut es manchmal ebenso: Wenn er das Böse im Feiern erkennt, und es für ihn ganz sicher dort ist, wie für dich der schöne Mond, dann sollst du es auch dort anerkennen! Reingelegt? Haha. Vielleicht könnte er genau deine Argumente nehmen, um dafür zu werben, dass es das Böse in vielen Facetten gibt, und du von morgens bis abends gebückt daher gehen solltest. Und du versuchst, ihn nach oben zu ziehen.


Vom Sein zum Sollen gehen. Was soll man nicht alles sollen in dieser Welt! Du sollst nicht – und du sollst nicht – und du sollst nicht…

Cancel Cultur“ in Reinkultur, eben eine Zensur-Kultur, wie diese von Amerika (wie sollte es auch anders sein!) hier ins Land schwappte. Nein, Sollen sollen ist nicht meine Sache, sondern die der eigenen Verantwortung im gesellschaftlichen Umgang.

Und Glauben sollen z.B. an einen Gott schon gar nicht! Das schließt nicht meine hier vorgebrachte Behauptung aus, man könne einen Gott nicht wissen und daher selbstredend auch nicht beweisen, sondern allenfalls an diesen glauben. 

Ich verlange keinesfalls in diesen Disputen hier, dass ein anderer (mir) glauben soll, dass es ein Geistiges resp. einen Gott gibt. Von einer Prediger-Gesinnung bin ich weit entfernt und nur, weil ich von der Existenz einer diese Lebenswelt übersteigenden Entität überzeugt bin, heißt das noch lange nicht, dass ich (wie zwar frühkindlich sozialisiert) dem naiven Glauben an ein anthropomorphes Gottesbild anhänge. Zu diesem Thema ist ja nun wirklich alles hier schon erörtert und geschrieben worden und ich würde auch definitiv nicht mehr darauf anspringen, wenn man mich nicht immer wieder in die Nähe einer derartigen Glaubensüberzeugung bringen würde, wie zuletzt wieder einmal Waldemar; nämlich, indem er Wolfgang Paulis Totschlag-Argument „nicht nur, dass (etwas) nicht richtig ist, sondern schlimmer, es ist nicht einmal falsch)“ subtil auf meine „Ideenwelt“ münzt.

Und überhaupt Ideenwelt. Damit nimmt Waldemar Bezug auf den von ihm verschmähten Platon, womit er seine Blindheit gegenüber der klassischen antiken Philosophie beweist. Eine mentale Deprivation - offenbar verstärkt im Umfeld der Skeptikerszene - bezüglich allem Geistigen, nicht Messbaren oder konkret Sichtbaren. Ein „ungläubiger Thomas“ eben. Apropos Thomas, bist Du noch hier dabei?

Daraus jedoch zu schließen, ich würde als Person „A“ nach Möglichkeiten suchen, Waldemar als Person „B“ von meiner Weltsicht überzeugen zu können oder gar einen diesbezüglichen Konsens erwarten, ist völlig abwegig. 

Einzig geht es mir darum, nicht mit naiv Gläubigen oder Esoterikern assoziiert zu werden, weil ich keine materialistische, sondern eine darüber hinausreichende Weltsicht habeZugegeben verteidige ich damit implizit auch andere (Passive) hier im Forum, denen dieses Thema zwar leidig aber dennoch zu dumm ist, um darauf aktiv einzugehen, bzw. sich in diese Diskurse einzubringen.

Zudem möchte ich in einem philosophisch orientieren Forum auch nicht einfach so unwidersprochen lassen, wenn Waldemar aus purer Unkenntnis resp. Verständnislosigkeit gegenüber der Philosophie der Antike von „giftigen Platon'schen Begriffen“ spricht. Da könnte ich ihn gleichermaßen als geistigen Banausen herabwürdigen.

Ebenso unwidersprochen kann man nicht stehen lassen, wenn Waldemar als „Person B“ im Zusammenhang der Begrifflichkeit von Emergenz, diese als „obsoletum“ wertet und diesbezüglich von „weiter-esoterisierung“ spricht.  Indem er Emergenz als Mystik versteht, zeigt er lediglich, dass er den Begriff von Emergenz schlechthin nicht verstanden hat, resp. ihn nicht verstehen will; Emergenz als überkommenen Begriff einzuordnen, ist geradezu hanebüchen, angesichts moderner wissenschaftlicher Denkmodelle, wie ich das zuletzt am Beispiel von Erik Verlinde (emergent gravitiy) aufgezeigt habe.

Je mehr ich hierzu schreibe, desto mehr erfasst mich Unbehagen. Es ist schlichtweg müßig und verlorene Zeit, sich über eine grundsätzlich fehlende Diskussionsbasis hinweg mit derartigen Themen auseinander zu setzen.

Dein stets hier vorgebrachter Versuch zwischen Kontrahenten zu vermitteln, ehrt Dich über alle Maßen, Joseph und er soll auch nicht ins Leere laufen. Es geht ja hier nicht um „Leben oder Tod“, sondern lediglich um das Aufeinanderprallen sich in Teilen diametral entgegenstehender Weltsichten. Letztlich gilt dabei Waldemars Wort: „gut, dass wir mal darüber gesprochen haben“ und darum geht es ja schließlich in einem Forum wie diesem. Und ja, ich versuche natürlich, Waldemar von seiner verheerenden Sicht auf Mensch und Welt abzubringen und ihn solchermaßen hochzuziehen.

Wären wir alle einer Meinung hier, wäre philweb noch toter, als es das ohnehin schon ist. Damit meine ich nicht die rege Aktivität der üblichen Protagonisten, sondern den äußerst betrüblichen Umstand der geringen Beteiligung aus dem in die Liste eingetragenen Teilnehmerkreis. Ich würde zu gerne einige Zeit hier gänzlich aufhören etwas zu schreiben, nur um anderen die Möglichkeit zu bieten, vielleicht ein ganz anderes Thema aufzubringen oder einfach nur mal eine Frage in den Raum zu stellen. Dabei fürchte ich jedoch, dass dann hier endgültig Schluss ist.

Bester Gruß! - Karl

PS: Deine erwähnte Beschreibung auf „Weltordnung“ habe ich gelesen. Manchmal sehe ich Deine Texte wie in einem Spiegel, der die Diskussionen in philweb mit Deinen Worten wiedergibt. Im weiteren Sinne kommt das einer Chronik dieses Forums gleich.

Ach ja und noch zu Waldemars eingeschränktem Blick auf das „Böse im Feiern“: Vorhin habe ich im TV die Fasnacht-Sitzung des badisch-pfälzischen Karnewalvereins in Frankenthal gesehen; keine Spur von Bösem, allemal ein „böser“ Seitenhieb auf das Unvermögen politisch Verantwortlicher. Ansonsten nichts als Verbreitung von guter Stimmung mit Darbietungen der verschiedenen Gruppierungen der dortigen Karnevalszene. Einfach das Feiern der Fasnacht grandios aufgezogen und schön zu sehen; Die beste Sitzung von allen der im TV übertragenen! So bliebe mir zu wünschen, dass hiesige Dumpfbacken und Faschingsmuffel auch mal solch gute Stimmung verbreiten würden.















JH
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