Am 18.03.2023 um 10:25 schrieb Rat Frag über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
In der Monadologie heißt es:"§. 37. Dahero muß die allerletzte Raison derer Dinge in einer schlechterdings notwendigen Substanz verborgen sein / in welcher der Inbegriff so vieler unendlicher Veränderungen nur in gradu eminenti, als in seiner Quelle liegen muß. Diese Substanz nennen wir Gott."Spinoza soweit nicht unähnlich."§. 47. Also ist alleine Gott die allererste oder urständliche Monade / von welcher alle erschaffene Monaden sind hervorgebracht worden; und diese werden / so zu reden / durch die ununterbrochenen Strahlen oder fulgurationes der Gottheit / nach Proportion der eigentümlichen Fähigkeit einer Kreatur / welche ihrem Wesen nach umschränket ist / von einem Augenblick zum andern geboren."Zitiert nach Guteberg-Projekt in Übersetzung v. H. Köhler.Das hier klingt in meiner Interpretation so, dass Gott bei Leibniz die Urmonade ist.
Ja, definitiv hat Leibniz Gott als Ur-Monade gesehen, aus der alle anderen hervorgegangen sind.
Es gibt allerdings genug Spekulationen über eine "geheime" oder nicht veröffentlichte Lehre des Leibniz. Wie überhaupt das Gerücht umgeht, dass einige Autoren der Aufklärung insgeheim eigentlich Atheisten waren und sich nur dem gesellschaftlichen Wohlgefallen wegen einer christlichen Rhetorik bedienten. Darüber will ich mich nicht auslassen.
Ein Mann, der die Bewunderung solcher Menschen wie Russell, Gödel und Einstein wecken konnte, kann jedenfalls nicht völlig bedeutungslos sein.Womöglich war aber nicht - wie Leibniz annahm - ein Gott am Werk, sondern eher „göttliche Gesetze“ als universal gültige Naturgesetze, die in ihrer „maßgeschneiderten“ Architektur für dieses unfassbar fein abgestimmte kosmische Szenario federführend sind. Die Frage jedoch bleibt im Raum, wer der Urheber dieser höchst elegant, in der Sprache der Mathematik abgefassten, immer und überall gültigen Naturgesetze sein sollte und ich denke, Du Bois-Reymond könnte diesbezüglich recht behalten: „wir wissen es nicht und werden es nie wissen“. Die Betonung liegt auf Wissen!
Diese Redeweise impliziert, dass es einmal die Natur gibt, also zum Beispiel eine Substanz oder Kräfte, und einmal die Naturgesetze, die dieser Substanz vorschreiben wie sie sich zu verhalten hat.Was wir heute "Naturgesetze" nennen ist nichts anderes als eine menschliche Beschreibung darüber, wie sich die Natur unter bestimmten Bedingungen verhält. Etwa das Licht.
Werfen wir also die Frage auf, wieso sich die Natur genauso verhält, dann müssten wir richtigerweise präzisieren. Für die Mathematik kann man annehmen, dass der Menschen eben nur jene Teile der Mathematik erforscht, die unsere Realität halbwegs beschreiben. Andere mathematische Strukturen, sofern es sie gibt, bekommen dann weniger Aufmerksamkeit.Was das Wieso der Naturgesetze angeht, so denke ich, dass es darum geht, dass wir Menschen nicht mehr intuitiv verstehen, wieso sich die Natur auf bestimmte Weise verhält. Unsere Intuition leitet uns zu falschen Annahmen.
Man kann davon ausgehen, dass Naturgesetze völlig unabhängig von Lebewesen jeder Art im Kosmos gültig sind. Die Frage nun, warum sie existieren und woher sie rühren, sollte jeder, der darüber nachdenkt, letztlich für sich selbst klären. Hier in dieser Liste darüber zu diskutieren, hat keinen Sinn, da reflexhaft jede diesbezüglich auf einen geistigen Hintergrund führende Annahme als unzulässiger Bezug auf Religion gewertet und damit abgeschmettert wird. Selbst wenn wir beide uns in gewissem Konsens darüber austauschen sollten, würde man dazwischen „grätschen“ und uns durch Reduktion auf ein ausschließlich materialistisches Weltbild (zumindest indirekt) als naive Dummköpfe darstellen.
Und diese Vorstellung möglicher (prozessualer) Zustände führt m.E. geradewegs in die kürzlich von mit erwähnte Causal Set Theorie von Sorkin/Dawker.
Interessant. Kannst du das näher ausführen?
Auf diese Theorie und deren Vertreter (Finkelstein/Myrheim/Bombelli/t'Hoft/Sorkin/Dawker) hatte ich in früheren Beiträgen hier schon etwas ausführlicher Bezug genommen. Es handelt sich dabei um die Annahme, dass man die fundamental topoligische und metrische Struktur der geometrischen Raumzeitstruktur als diskrete (granulierte) Menge prozessualer Ereignisse auffassen kann, die in einem indirekten kausalen Zusammenhang zueinander stehen. Das läuft darauf hinaus, die angestrebte Theorie der Quantengravitation (Ableitung der Gravitationsgleichungen aus der Granularität der Raumzeit) zu entwickeln und damit die Raumzeit nicht mehr als kontinuierliche, sondern diskret kausal Struktur zu sehen ist. Es gibt also eine kausale Beziehung zwischen jedem einzelnen Raumzeitpunkt, d.h. ein Ereignis (Prozess - als ein Punkt in der Raumzeit) breitet sich sequentiell zu einem anderen aus.
Ich hatte dazu beispielgebend einen Raumzeit-Quader (3 Dimensionen entlang der Zeitachse, die für jedes Individuum eine persönliche Weltlinie darstellt) angeführt, in dem man sich diese Ereignisse wie jeweils „explodierende“ Feuerwerkskörper vorstellen kann. Es ist also nicht die übliche Annahme von einem kontinuierlich ablaufenden Übergang, quasi von einer „Raumzeitscheibe“ zur anderen, sondern eben ein prozesshafter, diskreter Übergang von jeweiliger Gegenwart in eine Zukunft zutreffend.
Bester Gruß! - Karl