natürlich vermag das Konzept der physikalischen potentiellen Energie an einer Strukturgestaltung teilzunehmen. Denk nur einmal an die Verbindung von Potential-, Wahrscheinlichkeits- und Strukturtheorie. Sind die Strukturen reichhaltig genug, sind in ihnen, wie in Lebewesen üblich, auch mehrere Zeitmaße formulierbar. Von intern erlebten über gelebte bis hin zu extern universalen Zeiten reicht der Bogen. Die von Dir behauptete Ganzheit mag erlebbar sein, ist aber nicht benennbar. Denn verschwindet nicht, was bedacht wird? Für mich grenzen diese bloß behaupteten Ganhheitsbetrachtungen ins Mystische.
Wieder auf die Ganzheit einer Tonfolge bezogen: hier
fragt der physikalische Zugang die allgemeinen teilbaren Aspekte ab, die, wie
der Begriff „allgemein“ sagt allen Tönen gemeinsam sind: ein Zeitpunkt des
Auftretens gemessen in einer universellen Zeitskala, eine Frequenz, gemessen in
einer universellen Schwingungen pro Zeiteinheit-Skala, Tonstärke, ebenfalls gemessen
in einer universellen Skala, mittels Fourier-Analyse zu differenzierender
Teilfrequenzen, Reichweite des Frequenzfeldes gemessen in einer universellen Raumskala
etc. Die Bezogenheit des Tones auf die „gefüllte“
Umgebung, die Abgabe, Aufnahme und Einarbeitung des Tones gemeinsam mit
erinnerten (das heißt, in die Speicher alias Potenziale verbrachten) Tönen, der
Bezug dieser „Deutung“ zu weiteren, im zu Grunde liegenden Speicher als
Potenziale verfügbaren Erinnerungen, ihr Bezug zum räumlichen, sozialen und „seelischen“
Kontext, all das bezieht sich auf teilbare Aspekte höheren Grades an
Jeweiligkeit, also solche, die Augenblicks- und Kontext-spezifisch sind
bzw. den Ton und die Tonfolge über Aspekte (SASAs) ihrer Augenblicks- und
Kontext-spezifischen, jeweiligen, vom „Innen“, dem „Gehalt“
mitgeprägten, den „Sinn“ der Interaktion erzeugenden „Seite“ erfassen.
Als Einheit wahrgenommene Tonfolgen haben selbstredend einen Innen- und einen Außenaspekt. Beide überlagern sich im Vollzug, der gehandhabt und erlebt wird. Die Umgangssprache spielt bei instrumentaler Musik keine wesentliche Rolle. Technik und Mathematik kommen aber wesentlich bei der Aufnahme, Übertragung, Verteilung und Wiedergabe ins Spiel. Dabei dürften die sinnstiftenden Interpretationen nur selten dem jeweiligen Kompositions-, Spiel- oder Hörerlebnis nahe kommen. Die Sprache bleibt der Musik ebenso äußerlich wie Mathematik und Technik.
Natürlich kann man auch eine halb-quantitative
Skala an Grad der Jeweiligkeit aufstellen. Der eine Extrempol ist das nicht
teilbare, daher nicht abzubildende, tiefste Jeweilige des individuellen,
zunächst unbezogen gedachten „puren“, existenziellen, ursprünglichen bloßen und
einfachen Selbst-Seins. Der andere Pol ist das „Allgemeinste“, jenseits jeder
und über jeder Individualität und jedem individuellen Sein liegende Allgemeine
als Universal-SASA, als mit allem teilbare Aspekthaftigkeit, die auf Grund
ihrer das Allgemeinste erstellenden Struktur an der Strukturierung von Allem
einen Anteil hat. Über diese aus dem Zwischenbereich heraus ebenso wie das
andere Extrem extrapolierten Äußersten kann nichts ausgesagt werden, weil jedes
hierfür gebrauchte Wort schon zu viel der Spezifisierung und Bindung an Jeweiligkeit
und dessen Sinn bedeuten würde.
Nunmehr hast Du einen Bogen zwischen zwei Polen gespannt, dem Selbstsein und dem Allgemeinsten. Menschen leben gleichsam in einem Zwischenbereich und können aus ihm heraus über beide Pole nichts aussagen. Weder können sie ihr Selbstsein noch das Allgemeinste versprachlichen. Die Umgangssprache entsteht lediglich aus den auseinander hervorgehenden Selbstseienden sofern sie sich selbstreproduzieren. Nahrung, Paarung, Kleidung, Wohnung sind die Bezüge ihres Umgangs. Die Form der Sprache bleibt auf den Umgang als ihren Inhalt beschränkt.
Das Allgemeinste demgegenüber ist das, mit dem alles entstanden und aus dem auch das Leben hervorgegangen ist: das Universum. So wenig das Wort darüber sagt, um so mehr Form gibt ihm die Mathematik als ihrem Inhalt. Ihrer unendlichen Strukturfülle gegenüber ist sogar das Universum nur eine Winzigkeit. Und die sich selbst reproduzierende Menschheit wiederum ist eine Winzigkeit im Universum.
Wie kommen nun die grob sprachlich angenäherten sinnlich und fühlend Selbstseienden mit dem ebenso grob quantitativ-experimentell angenährten Universum zusammen? Physisch vollzieht es sich wie von selbst ebenso wie das Erleben im Leben der Menschen. Die Umgangssprache wird dem Erleben nicht gerecht, hier sind die Künste hinzuzunehmen, die aber auch nur Näherungen bleiben. Dem Leben wiederum kommen die quantitativ-experimentellen Wissenschaften näher. In ihnen spielen Technik und Mathematik die Hauptrolle, während in den Künsten das Material und seine Handhabung bestimmend sind. Sprache koordiniert und kommentiert lediglich den Lebensvollzug. Insofern sehe ich, wie alle anderen beschreibenden Theorien, auch die semantische Systemtheorie als weiteren Kommentar an.