> ... Erst-Vorschlag, vor dem Hintergrund folgender Thesen:
1) Der Satz, Gewalt sei "keine Lösung", ist nicht nur (wie ja fast
jede pauschale All-Aussage) empirisch widerlegbar durch
tausenderlei Fälle, in denen Gewalt nicht nur eine, sondern auch
die einzige (und nur INSOFERN auch die "beste") Lösung gewesen ist
(und weiterhin oft sein wird). Der Satz ist daher nur normativ zu
verstehen, in der Form: es sollte eigentlich keine Welt geben
(i.e. "es wäre schön, wenn es keine Welt gäbe"), in der die
Gewaltlösung - als die einzig sinnvolle - auch die rational
zwingende ist. DAS könnte man als "Norm" unterschreiben, und müßte
gleichzeitig mit Brecht sagen "die Verhältnisse sind aber nicht
so".
Der Satz "Gewalt ist keine Lösung" wird normalerweise zu einem
bestimmten Geschehen gesagt, eventuell "von oben herab". Dann kann
der Satz durchaus zur Besinnung aufrufen, nur ist seine allgemeine
Anwendung nicht "realistisch". Sprachlich ist der Satz in
Opposition zum Satz: "Gewalt ist eine Lösung." Der Gewalttätige,
Starke wäre damit einverstanden. Ihm geht es um etwas anderes als
um eine Lösung.
> 2) Man könnte der Vermutung nachgehen, daß der (moralische,
religiöse oder sonstwie motivierte) Vorbehalt gegen die
Gewaltlösung nur daher stammt, daß sie viel zu oft falsch und
daher kontraproduktiv angewendet wird. Sie tendiert (in den
"falschen Händen") zur "Unschärfe", zu Kollateralschäden, zu
nicht-intendierten Konsequenzen, zu Neben- und Gegenwirkungen, die
dann schlimmer sind als das Problem, das man per Gewalt "lösen"
wollte.
Bis hierher geht es in die Richtung des Kommentars vorhin.
> Könnte es sein, daß man Gewalt eigentlich nur deswegen
verabscheut, weil zu viele Dilettanten mit ihr operieren und zu
wenig "Professionelle"? (Staatliche Gewaltmonopolisierung wäre
daher auch als eine Art Professionalisierungsversuch zu verstehen,
als Ent-Dilettantisierung, die natürlich in einem Land, in dem
jeder Trottel sich im Laden schnell mal ein Schnellfeuergewehr
kaufen kann, ständig unterlaufen wird).
Auch hier wird gedacht, dass es eine "gute" Obrigkeit geben
könnte, welche die Mittel der Gewalt verteilt. Oben ist schon die
Brechtsche Antwort.
> 3) Nichtsdestotrotz (und gerade deswegen) bleibt völlige
Gewaltlosigkeit (z.B. christlich-"ghandistisch" grundiert)
ebenfalls eine stark unterschätzte radikale Option, die dazu
führen müßte, daß auch das sog. Verteidigungsrecht eines völlig
"ungerecht" angegriffenen Opfers hinterfragt wird.
Richtig. Dann würde "die Gewalt" vom Opfer stumpf gemacht, so wie
beim Salzmarsch des Gandhi. Die derzeitige Obrigkeit konnte dieses
Kontra als nicht legitim ansehen, aber eine gedachte höhere
Obrigkeit nicht. Und die Obrigkeit² würde die Gewaltlösigkeit
nicht als Unrecht ansehen.
> Nicht nur aus prinzipiellen moralischen Erwägungen (auch die
"andere Backe hinhalten"), sondern aus rational-vernünftiger
Weitsicht auf die Folgenkosten jeder Verteidigung könnte es doch
sein, daß langfristig der Unterlegene mit einer sofortigen
bedingungslosen Kapitulation "besser dasteht" (ich verweise auch
hier auf die sattsam bekannte, aber wohl immer noch aktuelle
Brecht-Parabel "Maßnahmen gegen die Gewalt").
Korrekt.
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Unabhängig davon ist nach dem zu suchen, was denn allem im
Wortfeld "Gewalt, Zwang, Aggression usw." zugrunde liegt. Dann
entsteht der Gedanke einerseits um Kausalität, dann um Moral, was
zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen sind. Mit dem Denken von
Kausalität entsteht die Frage, wann eine Person P1 auf P2 wirkt,
und ob nicht jedes "wirken" eine Änderung bei P2 bewirken kann.
Wenn P2 nicht weiß, was kommt, dann vertraut sie P1. Nur kann doch
etwas kommen, was ihr missfällt oder gar schadet. Ein Beispiel:
Die Lehre oder gar die Belehrung bis hin über die Manipulation zur
Dressur.
JH