Am 16.07.24 um 08:14 schrieb Landkammer, Joachim über PhilWeb:

> ... Erst-Vorschlag, vor dem Hintergrund folgender Thesen:
1) Der Satz, Gewalt sei "keine Lösung", ist nicht nur (wie ja fast jede pauschale All-Aussage) empirisch widerlegbar durch tausenderlei Fälle, in denen Gewalt nicht nur eine, sondern auch die einzige (und nur INSOFERN auch die "beste") Lösung gewesen ist (und weiterhin oft sein wird). Der Satz ist daher nur normativ zu verstehen, in der Form: es sollte eigentlich keine Welt geben (i.e. "es wäre schön, wenn es keine Welt gäbe"), in der die Gewaltlösung - als die einzig sinnvolle - auch die rational zwingende ist. DAS könnte man als "Norm" unterschreiben, und müßte gleichzeitig mit Brecht sagen "die Verhältnisse sind aber nicht so".

Der Satz "Gewalt ist keine Lösung" wird normalerweise zu einem bestimmten Geschehen gesagt, eventuell "von oben herab". Dann kann der Satz durchaus zur Besinnung aufrufen, nur ist seine allgemeine Anwendung nicht "realistisch". Sprachlich ist der Satz in Opposition zum Satz: "Gewalt ist eine Lösung." Der Gewalttätige, Starke wäre damit einverstanden. Ihm geht es um etwas anderes als um eine Lösung.

> 2) Man könnte der Vermutung nachgehen, daß der (moralische, religiöse oder sonstwie motivierte) Vorbehalt gegen die Gewaltlösung nur daher stammt, daß sie viel zu oft falsch und daher kontraproduktiv angewendet wird. Sie tendiert (in den "falschen Händen") zur "Unschärfe", zu Kollateralschäden, zu nicht-intendierten Konsequenzen, zu Neben- und Gegenwirkungen, die dann schlimmer sind als das Problem, das man per Gewalt "lösen" wollte.

Bis hierher geht es in die Richtung des Kommentars vorhin.

> Könnte es sein, daß man Gewalt eigentlich nur deswegen verabscheut, weil zu viele Dilettanten mit ihr operieren und zu wenig "Professionelle"? (Staatliche Gewaltmonopolisierung wäre daher auch als eine Art Professionalisierungsversuch zu verstehen, als Ent-Dilettantisierung, die natürlich in einem Land, in dem jeder Trottel sich im Laden schnell mal ein Schnellfeuergewehr kaufen kann, ständig unterlaufen wird).

Auch hier wird gedacht, dass es eine "gute" Obrigkeit geben könnte, welche die Mittel der Gewalt verteilt. Oben ist schon die Brechtsche Antwort.

> 3) Nichtsdestotrotz (und gerade deswegen) bleibt völlige Gewaltlosigkeit (z.B. christlich-"ghandistisch" grundiert) ebenfalls eine stark unterschätzte radikale Option, die dazu führen müßte, daß auch das sog. Verteidigungsrecht eines völlig "ungerecht" angegriffenen Opfers hinterfragt wird.

Richtig. Dann würde "die Gewalt" vom Opfer stumpf gemacht, so wie beim Salzmarsch des Gandhi. Die derzeitige Obrigkeit konnte dieses Kontra als nicht legitim ansehen, aber eine gedachte höhere Obrigkeit nicht. Und die Obrigkeit² würde die Gewaltlösigkeit nicht als Unrecht ansehen.

> Nicht nur aus prinzipiellen moralischen Erwägungen (auch die "andere Backe hinhalten"), sondern aus rational-vernünftiger Weitsicht auf die Folgenkosten jeder Verteidigung könnte es doch sein, daß langfristig der Unterlegene mit einer sofortigen bedingungslosen Kapitulation "besser dasteht" (ich verweise auch hier auf die sattsam bekannte, aber wohl immer noch aktuelle Brecht-Parabel "Maßnahmen gegen die Gewalt").

Korrekt.

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Unabhängig davon ist nach dem zu suchen, was denn allem im Wortfeld "Gewalt, Zwang, Aggression usw." zugrunde liegt. Dann entsteht der Gedanke einerseits um Kausalität, dann um Moral, was zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen sind. Mit dem Denken von Kausalität entsteht die Frage, wann eine Person P1 auf P2 wirkt, und ob nicht jedes "wirken" eine Änderung bei P2 bewirken kann. Wenn P2 nicht weiß, was kommt, dann vertraut sie P1. Nur kann doch etwas kommen, was ihr missfällt oder gar schadet. Ein Beispiel: Die Lehre oder gar die Belehrung bis hin über die Manipulation zur Dressur.

JH