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Am 03.11.2022 um 06:53 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:


(Ich kann mich nicht immer für diese andere Denkweise entschuldigen, deswegen habe ich dieselbe Sache mit den zwei Zugangsweisen geschrieben, nur denke ich, dass man die von mir so genannte und gedachte Wortsprache in die Begriffssprache übersetzen kann, wobei ich mich schon wieder für die dann erforderliche Übersetzungsarbeit entschuldigen muss, die ich meist nicht mehr mache oder machen kann. Dies vorausgeschickt, dieses andere Denken und/oder die andere Sprache kann meinetwegen als Kuriosität oder als Privatsprache angesehen werden, für eine Sprache bedarf es keiner Werbung, sie kann gelernt werden oder auch nicht.)


Also ich denke, dass es wirklich keinen Grund oder Anlass gibt, warum und wofür Du Dich entschuldigen solltest. Du bist Du! Es ist Deine Sprache und wer sie nicht versteht, kann entweder nachfragen oder darauf verzichten, Deine Beiträge zu lesen.

Zugegebenermaßen habe ich auch bisweilen Probleme, Deine Gedanken hinter Deinen Ausführungen zu erkennen. Du bist sehr wohl ein Jongleur der Worte, wie Ingo es zuletzt sagte. Und das ist aber genau nicht mein Metier. Ich achte eigentlich gar nicht auf von mir verwendete Worte, füge sie einfach nacheinander in Sätze ohne mir besondere Gedanken darüber anzustellen. Meine Gedanken brauche ich, um überhaupt etwas schreiben zu können, sollte also vor (und mit) dem Schreiben denken.
Wenn ich dann Deine Repliken lese, überfallen mich bisweilen Zweifel, ob ich tatsächlich das von mir Gedachte zum Ausdruck bringen konnte, denn schließlich sollte Denken und Sagen resp Schreiben hinreichende Konsistenz aufweisen.



Was ist Zufall, was Vernunft? Die Fragen erneut zu stellen, obgleich sie im „Tank“ universell gespeicherten Wissens „Wikipedia“ (als eine Art moderner „Akasha-Chronik“) umfassend d.h. aus verschiedensten Blickwinkeln beantwortet resp. allgemeingültig erklärt sind, wirft die grundsätzliche Frage auf, warum diese Begriffsdefinitionen nicht ein für allemal in das kollektive Gedächtnis der Menschheit eingebrannt und daher nicht immer wieder auf‘s Neue zu hinterfragen sind.

Einen Ansatzpunkt als Antwort auf diese Frage habe ich schon geschrieben, andere sehr wichtige andere noch nicht. Der erste betrifft die Vielzahl der möglichen Wörter einer Sprache, also einer Umgangssprache, die ständige Neuschaffung von Wörtern, die als Bereicherung der Sprache angesehen wird. Dies habe ich an der Kritik an sprachlichen Wortpaaren kritisiert, die noch nicht als Phraseme in die Sprache eingegangen sind. Aber auch die Person, die versucht, in ihrem Umfeld ein bestimmtes Wortpaar zu nutzen, kann damit Verständliches ausdrücken, obwohl ihre vorgeschlagenen Neologismen nicht in die Sprache eintreten. Hier könnte ich lapidar sagen: Na ja, dann hat das Wort oder Wunsch-Phrasem die Hürde bis in die Sprache geschafft, wobei andere es geschafft haben. Zusätzlich könnte ich lapidar sagen: Der Zufall hat es so gewollt. Damit wäre ich schon wieder bei dieser Sache. Der erste Ansatzpunkt betrifft jedoch auch die andere Seite der Wörter, die fixiert werden oder wurden, und nur noch genau verwendet werden, oft nur in einem bestimmten Bereich, außerhalb dieses Bereichs bleiben sie sozusagen Zufallswörter wie alle anderen hunderttausende Wörter der Umgangssprache. Hier kann etwa an das Wort Arbeit in der Physik vs. im Umgangswissen gedacht werden. Zu diesem Ansatzpunkt kommt noch die Sache der Wichtigkeit der einzelnen Wörter, die in Korrelation zu ihrer Häufigkeit in einem bestimmten Wissensbereich oder der Gesamtsprache ist. Dieser Ansatzpunkt wird in der Linguistik bzw. Sprachwissenschaft gut bearbeitet, obwohl auch dort Semantik in Ehren gehalten wird, und diese bei dem ersten Ansatzpunkt noch beiseite gelassen werden kann.

Ein weiterer Ansatzpunkt betrifft das Lernen, einhergehend mit dem Wichtigwerden des Gedachten zu den Wörtern für die Person, in der Person, und dem Anderswerden dieses Gedachten mit der Lebenszeit bis hin zum Unwichtigwerden. Hier ist nicht nur ein nebenläufiger Wachstumsvorgang, sondern es liegt etwas vor, analog zur Sache "Bewegung im Mikrobereich und Temperatur". Damit geht das Altern parallel mit dem Lernen. Das kann als eine gewagte Meinung hingestellt werden, nur zeigt vieles in diese Richtung. Extrem gesagt wäre Lernen und Altern gleichzusetzen. Oder: Es gibt kein Lernen ohne Altern, es gibt kein Altern ohne Lernen. Dagegen würden viele auf die Barrikaden gehen. Andere würden diese Sätze belächeln. Ich habe keine Probleme mit ihnen. Ein anderes Extrem hörte ich auch schon von Personen: "Ich bin halt eben ein junger Mensch in der Haut eines alten Körpers. Deswegen gehe ich ja zum Gerontologen, er riet mir zu einer Ergotherapie, so dass der Alterungsprozess bei mir auf jeden Fall aufgeschoben wird. Zudem: Man ist schließlich so alt wie man sich fühlt.

Siehe oben von mir Geschriebenes.

Der Ausdruck "das kollektive Gedächtnis der Menschheit" ist mir zu hoch, er stößt bei mir nicht auf einen fruchtbaren Boden.

Ist er Dir wirklich zu hoch? Du beziehst Dich ja des öfteren auf Wikipedia. Für meine Begriffe ein wunderbares Instrument, das informationstechnisch gesehen geradewegs das „kollektive Gedächtnis“ der Menschheit verkörpert. Verkörpert in dem Sinne, als es das Wissen von Millionen weltweit verstreuter Menschen als ein grundsätzlich Geistiges „zu Papier bringt“. Dagegen haben Bücherregale angefüllt mit Enzyklopädien aller Art keine Chance, was Umfang, Vielfalt und Aktualität dieser Information angeht.

Die nicht technische Seite der Vorstellung von einem kollektiven Gedächtnis liegt im Bereich dessen, was ich zuletzt hier über David Bohms „Holomovement“ geschrieben habe. Wir immer bei mir geht es um Information, nicht um deren technische Verbreitung (also Information gemäß der Shannon-Definition), sondern im Sinne von Wissen/Unwissen nach der Gesetzmäßigkeit von Entropie. Information geht niemals verloren. Selbst nicht nach nachdem alle Galaxien dieses Universums von einem letzten unvorstellbar großen Schwarzen Loch „verschluckt“ sein werden, werden Informationstragende Photonen/Gravitonen per „Hawking-Radiation“ überleben und als solche die „Ursuppe“ für ein neues Universum bilden. Du weißt ja, ich bin Anhänger des Denkmodells eines zyklischen Universums (cyclic model of universe). Ebenso mind-bending wie die klassische Vorstellung eines Big-Bang. So what.

Jetzt springe ich etwas weiter, damit es nicht zu unübersichtlich wird...

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Naturwissenschaftlich, gleichermaßen wie in der Philosophie ist die Frage nach wie vor unbeantwortet, ob diese Lebenswelt im Innersten kausal eindeutig vorherbestimmt oder zufällig strukturiert ist.

Auf diese Frage gibt es wohl kein ja oder nein, sie pauschal zu stellen kann ein Irrtum sein. Denn wie kann eine Mischform von verschiedenen Geschehnissen, von denen das eine zufällig ist, das andere verstanden werden kann, und nur das dritte beschrieben werden kann.

Was meinst Du mit dieser Formulierung? Denn natürlich kann ich die Frage quasi pauschal mit Zustimmung zu entweder deterministisch oder zufällig angelegter Struktur beantworten. Denkst Du dabei an meine Aussage, die Struktur sei weder nur deterministisch oder nur zufällig, sondern beide Formen sind konstituierend im Sinne von Zufall und Notwendigkeit. 
Ich habe hier schon oft darüber geschrieben. Gleich ob Hegel oder Jacques Monod, für mich ist das die einzig zutreffende Konstitution für diese Lebenswelt.

... So nun ist der Akku leer, nicht meiner, sondern von diesem iTeil.

Bester Gruß! - Karl