Am 21.02.25 um 18:18 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb:
das halte ich für ein Ausweichmanöver.

CZ hat dir zur Vorsache geantwortet, Ausweichmanöver also nein.

> Wie soll denn jemand nicht nur umgangssprachlich, sondern philosophisch reflektierend von Vernünftigkeit schreiben, wenn er keiner Vernunftsphilosophie folgt?  

Dieser Satz hat eine bekannte rhetorische Form, und bedarf mit Blick auf diese keiner Antwort. Analog dazu ist das bekannteste Beispiel: A sagt, die Sätze des B seien beleidigend. Die Juristen sehen damit kein Problem. Nun sagt A, B hätte ihn beleidigt. Dann sagen die Juristen: Wie denn? Die Antwort: Er hat mich als ein schmutziges Tier bezeichnet. Die Juristen: Aha, dann hat er dich beleidigt. Der Satz: "Wer einen Satz sagt, den eine Person gesagt hat, ist ein Beleidiger." ist  für die Juristen falsch. Um ganz klar zu sein: Man kann "von Vernünftigkeit" schreiben, oder dieses Wort auch mal benutzen, ohne einer V..  zu folgen. Wenn jemand sagt, er würde p-reflektierend denken, und dann den anderen als Gottlosen bezeichnet, weil er nur über Götter schreibt, aber ungläubig ist, sie deswegen nicht verstehen kann, enthält den genannten rhetorischen Griff. Hier kann man auch sagen: A hängt dem B einen Maulkorb um.

Eine Person kann Sätze, die eine oder mehrere Unklarheiten oder rhetorische Kunstgriffe enthalten, überlesen.

> Das scheint mir überflüssig, da es mir ja auf Worte nicht wesentlich ankommt.

Das ist eine Fremdbezeichnung und eine Selbstbeschreibung. Wenn du schon Fremdbeschreibungen machst, ok, dann kann ich auch das auch tun.

> Ich folge lieber Lorenzen,

Du magst an bestimmten Wissensbäumen vorgehen, andere gehen auf einem Glaubensbaum vor, andere auf einem Max-Planck-Baum, und wieder andere auf einem Baum, an dem Wirbel vorkommen. Vielleicht kann jeder dem anderen nur zuschreien, auf welchem Baum er sich befindet, und das der wichtigste Baum von allen ist, der eine schreit es zum anderen Baum rüber, der andere schweigt, und der dritte schreit, der andere solle doch schweigen, in Bezug auf einen toten Baum.

> der knapp hundert Orthoworte einführt,

Das ist höchst interessant, und nun ist es schade für mich, dass diese Stellen für mich nicht sofort auffindbar sind, du scheinst so etwas wie eine Universalbibliothek greifbar zu haben, das ist bei mir leider nicht der Fall.

> mit denen er dann vernünftiges Argumentieren beginnt.

einverstanden.

> Wobei vernünftig bei ihm nachvollziehbar begründet meint.

genau dieses Wort "nachvollziehen" kann bei mir das Wort "denken" ersetzen, wenn auch nicht immer. Hierbei gibt es keinen Konflikt mit Sätzen und Geschehnissen. So kann A die Straftat des B extern-kausal (1), sie aber trotzdem nicht menschlich-kausal (2) denken. Allerdings geschieht das Nachvollziehen auch dann, nur geschieht dies normalerweise bei (2) mit Sachen, die A in der anderen Person B vorhanden denkt, ohne genau angeben zu können, was dies ist. Der eine sagt, es sei Böses in ihm. Derjenige, der sagt, es seien Pläne in B, ist schon wieder beim kausalen Denken, denn die Pläne könnten aufgezeichnet vorliegen, dann ist B nur der Befolger dieser. Die schwere Jugend oder die ärmlichen Verhältnisse kommen in (1) vor, in (2) jedoch werden diese ganz oder teilweise nicht berücksichtigt. (1) ist ein Ideal, das bei Personen nicht erreicht werden kann, deswegen kann gedacht werden, dass (2) eine praktikable Beschreibung ist, mit der B ins Gefängnis gebracht werden kann.

Mit diesen kurzen Sätzen habe ich eine zweite Fliege bei dir geschlagen, nämlich habe ich damit die Kausalität, wie ich sie denke, mindestens ansatzweise mitgeteilt. Auch viele andere machen den Unterschied zwischen (1) und (2). Ein Beispiel: Wenn eine Person A der Person B immer wieder vorhält, dass er nicht denken kann, dass B an Gespenster glaubt, oder dass B nicht wissenschaftlich denkt, denkt in diesem Fall eher nach (2).

Nebenbei bemerkt: Mit den Lemmata/Wörtern "verstehen, nachvollziehbar, undenkbar, erklärbar, fühlen, glauben, meinen" usw. kann besser gesprochen und gestritten werden, aber diese Wörter müssten jeweils ohne Abhängigkeit voneinander definiert werden. Ich kann aus Zeitgründen nicht aus einem dieser Wörter eins auswählen, ich habe mich auf das Wort "denken" beschränkt, das vieles andere mit "enthält", es wäre sozusagen eine extensionale Definition bei mir, die alles "glauben, meinen, fühlen" enthält, ohne jedoch eine Denkinstanz als vorhanden zu denken, die Person genügt in diesem Fall, und zwar mit dem, was in ihr ist. Übrigens bin ich in diesem Fall mit Lexika konform, es ist demnach keine subjektive Definition, auch wenn es leichte Unterschiede zum öffentlichen Gebrauch gibt, und keine (für mich angebliche) Gegenteile (wie meinen, fühlen, glauben, vorurteilen) bei mir in "denken" vorhanden sind.

> Du scheinst mir demgegenüber mit Deinem beschränkten Wortschatz lediglich auf Geschichten aus zu sein und stets nur im eigenen Saft zu schmoren.    

Dein Satz gefällt mir und bringt mich im Topf schmorend zum Lachen, danke.

> Mit „nicht empirisch“ hast Du kein Problem?

ja richtig.

> Weil Verneinungen unendlich vieldeutig sind?

Richtig gedacht, aber nein, nicht deswegen. Du kennst korrekt den Spruch "ex falso quodlibet".

> Da halte ich mich lieber an den bejahenden Gebrauch von empirisch in den Realwissenschaften, anstatt mich in vagen Phantasien zu verlieren.

Mach weiter so.

Nun habe ich die Zeit für diese von dir gut gedachten Verästelungen gebraucht, wo soll ich die Zeit her nehmen, die zwei weiteren Mails von dir zu beantworten? Ich denke eher sie zu überspringen, um nicht zu sehr hervorzutreten.

JH