Am 09.02.25 um 02:29 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:

> Die „Standardfrage der Philosophie“ (wie sie etwa in VHS-Kursen oder Boulevard-Blättchen gestellt wird) ist jene der Frage nach dem Sinn des Lebens.

Allerdings.

> Der Sinn des Lebens ist schlichtweg leben! (1)

Steckt in diesem Satz nicht etwas analog zu einem Zirkel? Nietzsches Replik wäre vielleicht gewesen: "Wie kann ein Lebendiger noch einmal lebend sein sollen oder wollen, er lebt schließlich schon, ohne es zu wollen und ohne es wollen zu müssen."

> Und Lebenssinn hat menschliches Leben erst, wenn es von teleologisch angelegtem Sinn erfüllt ist. (2)

Zwei Beispiele können zur Verunsicherung dieses Satzes genügen. Wer morgens aufsteht, zieht sich normalerweise Kleider an. Morgens hat das für ihn einen Sinn. Am Abend tut er das Gegenteil. In der Summe gab es kein Ziel, und doch ist der Tag gelebt worden. Aus diesem kurzen Beispiel geht vielleicht hervor, dass Ziel und Sinn auseinandergehalten werden müssten. "teleologisch angelegter Sinn" wäre dann ein Zweifelhaftes zu Denkendes. Ungenau gedacht ein Konstrukt. Ein anderes Beispiel: Am Morgen gewinnt die wach werdende Person langsam die Orientierung. Jeden Tag ist sie am Morgen "gezwungen", herauszufinden, wo sie ist. Weniger Neues entsteht zwar, wenn sie nicht gerade in einem Hotelbett aufwacht, aber das ist nur ein gradueller Unterschied: Je besser sie schlief, um so mehr muss sie sich am Morgen neu orientieren. Hierzu passt das Wort "Aufklärung". Es ist noch kein Ziel und kein Sinn vorhanden. Beide, wenn sie denn getrennt gedacht werden, und unabhängig voneinander sein sollten, "müssten" neu entstehen. Wenn ich jetzt schreiben würde: "Das Ziel bildet sich und der Sinn erfüllt sich", würde ich mir eine Vereinfachung vorwerfen. Wie ist das alles bei Tieren. (Wegen Karl schreibe ich nicht: Ist das bei allen Tieren so, inklusive des Menschen?). Die Sinn- und Zielfrage kann vermutlich nur nach Boulevard-Blättchen-Frage-Art gerade mit dem Sätzen der Art (1) und (2) beantwortet werden. Wenn das Denken von Lebensphilosophie bis hin zu Existenzialismus und Sprachphilosophie einbezogen wird, wird dies offensichtlicher.

> Die Frage, was ein sinnvolles Leben ist, muss jeder für sich beantworten und ggf. nach diesbezüglichen Antworten für sich suchen.

Nein, er kann auch einfach leben, ohne sich um die Frage zu kümmern.

> Sinnhaftigkeit verbinde ich bekanntermaßen mit Zweckgebundenheit, resp. klaren Zielvorstellungen: „Wer kein Ziel hat, muss sich nicht wundern, nirgends anzukommen“ sagt der Volksmund und liegt damit goldrichtig.

Wie ist der Umkehrschluss? Oder denke mal den heruntergefallenen Seiltänzer. Hat Zarathustra ihm diese "goldrichtige" Antwort gegeben? Andererseits ist dir überlassen, Wörter so an Sachen zu binden, wie du es willst. Aber ist das dann keine Floskel? Es scheint doch bekannt zu sein, bevor du es sagst.

JH