> Der Sinn des Lebens ist schlichtweg leben! (1)
Steckt in diesem Satz nicht etwas analog zu einem Zirkel?
Nietzsches Replik wäre vielleicht gewesen: "Wie kann ein
Lebendiger noch einmal lebend sein sollen oder wollen, er lebt
schließlich schon, ohne es zu wollen und ohne es wollen zu
müssen."
> Und Lebenssinn hat menschliches Leben erst, wenn es von
teleologisch angelegtem Sinn erfüllt ist. (2)
Zwei Beispiele können zur Verunsicherung dieses Satzes genügen.
Wer morgens aufsteht, zieht sich normalerweise Kleider an. Morgens
hat das für ihn einen Sinn. Am Abend tut er das Gegenteil. In der
Summe gab es kein Ziel, und doch ist der Tag gelebt worden. Aus
diesem kurzen Beispiel geht vielleicht hervor, dass Ziel und Sinn
auseinandergehalten werden müssten. "teleologisch angelegter Sinn"
wäre dann ein Zweifelhaftes zu Denkendes. Ungenau gedacht ein
Konstrukt. Ein anderes Beispiel: Am Morgen gewinnt die wach
werdende Person langsam die Orientierung. Jeden Tag ist sie am
Morgen "gezwungen", herauszufinden, wo sie ist. Weniger Neues
entsteht zwar, wenn sie nicht gerade in einem Hotelbett aufwacht,
aber das ist nur ein gradueller Unterschied: Je besser sie
schlief, um so mehr muss sie sich am Morgen neu orientieren.
Hierzu passt das Wort "Aufklärung". Es ist noch kein Ziel und kein
Sinn vorhanden. Beide, wenn sie denn getrennt gedacht werden, und
unabhängig voneinander sein sollten, "müssten" neu entstehen. Wenn
ich jetzt schreiben würde: "Das Ziel bildet sich und der Sinn
erfüllt sich", würde ich mir eine Vereinfachung vorwerfen. Wie ist
das alles bei Tieren. (Wegen Karl schreibe ich nicht: Ist das bei
allen Tieren so, inklusive des Menschen?). Die Sinn- und Zielfrage
kann vermutlich nur nach Boulevard-Blättchen-Frage-Art gerade mit
dem Sätzen der Art (1) und (2) beantwortet werden. Wenn das Denken
von Lebensphilosophie bis hin zu Existenzialismus und
Sprachphilosophie einbezogen wird, wird dies offensichtlicher.
> Die Frage, was ein sinnvolles Leben ist, muss jeder für sich
beantworten und ggf. nach diesbezüglichen Antworten für sich
suchen.
Nein, er kann auch einfach leben, ohne sich um die Frage zu
kümmern.
> Sinnhaftigkeit verbinde ich bekanntermaßen mit
Zweckgebundenheit, resp. klaren Zielvorstellungen: „Wer kein Ziel
hat, muss sich nicht wundern, nirgends anzukommen“ sagt der
Volksmund und liegt damit goldrichtig.
Wie ist der Umkehrschluss? Oder denke mal den heruntergefallenen
Seiltänzer. Hat Zarathustra ihm diese "goldrichtige" Antwort
gegeben? Andererseits ist dir überlassen, Wörter so an Sachen zu
binden, wie du es willst. Aber ist das dann keine Floskel? Es
scheint doch bekannt zu sein, bevor du es sagst.
JH