Lieber Joseph,

ich war anderweitig beschäftigt, daher erst jetzt die Antwort auf Deine erneut gestellte Frage, mit Dank für sie!

Sie enthält viel, eigentlich alles, worauf ich mit meiner Metapher oder meiner Vorstellung von Zeiten (als Verb gedacht) hinauswill: ja, das jeweilige Erleben, von dem Du sprichst ist ja immer eine Vergegenwärtigung, und (gelebte, erlebte) Gegenwart ist immer ein Zugleich. 

Diesem Zugelich entspricht - in Raum-Metaphern - keine Linie, keine Strasse, sondern ein gegenwärtiges Zugleich-Sein im Sinn eines Innen in seinem jeweiligen Horizont. Dieser Horizont und Gleichzeigkeit als solche haben eine umgebende Ringform, oder dreidimensional gedacht eine Kugelform. 

Diesem Bild - mehr ist es ja nicht - fehlt aber das Fortschreiten, was die Zeit und das Zeiten ausser ihrer jeweiligen Gegenwärtigkeit ja genauso auszeichnet. Also kommt das Bild einer Ringform in Bewegung ins Spiel, und das ist eine Spiralbewegung - alles nur als Metaphern gedacht. Die Zeit und das Zeiten sind dann je zentriert, indem sie zeitweilig um ein Thema, ein Erleben und ein Etwas-Leben „kreisen“. 

Auch eine Frage, wie die Deine kann ein solches Thema sein. Das Thema agiert als Ermöglicher von Antworten, Befassungen, und von themenbezogenem Voranschreiten, also als Potenz. Ihm entspringen dann die jeweiligen Antworten und das weitergehende Kreisen als doppelt begründete Verwirklichungen. 

Einer der Gründe ist das Thema, der andere Grund ist der umkreisende Prozess, der sich mit dem Thema befasst, das heißt, der mit ihm verstehend interagiert. Im Kreisen nimmt das Thema die Ansichtigkeit verwirklichend in sich auf, die in ihm als Möglichkeit bereit liegt, und das Umkreisende inteagiert mit diesem zu bearbeitenden Aspekt, indem es ihn „verarbeitet“ und in sich aufnimmt - formal alleine dadurch, dass es seine Bahn auch weiter unter Berücksichtigung des Themas von der geraden Linie zu Gunsten des Kreisens abweichen lässt.

Ein mit vielen Prozessen geteiltes Innen entsteht dann dadurch, dass sich individuelles Kreisen auf eine Meta-Ebene des Kreisens verständigt, so dass die einzelnen Spiralen selber um ein gemeinsames Thema kreisen - das ist das Schaffen eines gemeinsamen Innen, erzeugt durch Meta-Zentrierung von einzelnem zentrierten Kreisen.

Horizontverschmelzung im Dialog, heißt das bei Gadamer….



So viel auf die Schnelle, nochmals Dank für Dein Nachfragen,

viele Grüße,

Thomas

Am 24.02.2025 um 02:50 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Am 19.02.25 um 08:08 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb:

> ich hatte den Hinweis auf die Strömungsmechanik ironisch gemeint; denn Thomas verwendet "Wirbel“ ja nur metaphorisch. 

Einverstanden.

> Deine Frage nach einer mathematischen Formel ist mit den Navier-Stokes-Gleichungen (NSG) beantwortet. ...

Einverstanden, nur übersteigt es meine Möglichkeiten, dort Zeit zu verwenden. Vielleicht hat TF diese Möglichkeiten und kann aus seiner "metaphorischer" Zugangsweise emporsteigen, und heruntersteigen. 

Am 16.02.25 um 11:31 schrieb "Dr. Dr. Thomas Fröhlich" über PhilWeb:
> Diese individuierenden, ein sinnhaftes Innen stiftenden Zeitwirbel entsprechen ... 

Am 16.02.2025 um 12:35 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>

> Entsprechen sie auch dem Erleben der Wärme, wenn die Sonne auf die Haut scheint, und wirken so in auf die Einzelnen, die in Gemeinschaft am vielbesuchten Strand liegen, und damit ein sinnhaftes Innen bei allen bewirken?

Die Antwort des IT auf diese Frage war umfangreich, vielen Dank. Nur eine Antwort des TF, der sich zumindest metaphorisch dazu auskennt, habe ich noch nicht gelesen, und auch keine auf die Antwort des IT, schade.

Nun habe ich meine Hausaufgaben getan, und alle Fragen beantwortet bzw. die betreffenden Stellen kommentiert und trotz Bezug auf meine geringen Kenntnisse wenigstens gelesen.

JH

_______________________________________________
PhilWeb Mailingliste -- philweb@lists.philo.at
Zur Abmeldung von dieser Mailingliste senden Sie eine Nachricht an philweb-leave@lists.philo.at