Am 26.07.2022 um 19:00 schrieb Rat Frag <rat96frag@gmail.com>:Am Mo., 18. Juli 2022 um 23:43 Uhr schrieb Karl Janssen über PhilWeb
<philweb@lists.philo.at>:Nicht so lustig ist, dass sich diese Vorstellungen tatsächlich in religiösen Kreisen bis heute halten und damit der eigentlichen
Seelen- und Gottesbegriff nach wie vor nicht vermittelt wird.
Wieso eigentlich?
Nicht so lustig ist, dass sich diese Vorstellungen tatsächlich in religiösen Kreisen bis heute halten und damit der eigentlichen Seelen- und Gottesbegriff nach wie vor nicht vermittelt wird.
Rf: Wieso
eigentlich?
Den Bezug auf meinen von Dir zitierten Passus habe ich grad nicht parat, denke aber, dass ich mich dabei auf naiv-religiöse Vorstellungen bezogen habe, mit denen ich beispielsweise noch aufgewachsen bin. Ein sehr persönliches Beispiel ist ein einfaches Nachtgebet, das mir als Kind aufgetragen war, es vor dem Einschlafen zu beten: „Lieber Gott mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm“.
Man mag heute darüber schmunzeln oder sich abschätzig amüsieren, doch welche Möglichkeit bliebe denn als Kind, dieser religiösen „Sozialisation“ zu entgehen, sofern man in solchem Umfeld aufwächst?
Es wird verschiedene Wege gehen, wie sich Menschen im Verlauf ihrer Lebensentwicklung von derartiger Religionsvorstellung emanzipieren. Diesbezüglich lassen sich zumindest zwei Kategorien anführen: Entweder erfolgt die totale Ablösung von Religion oder eine differenzierte Sicht darauf, in der zumeist Kirche als Institution aber nicht Gott an sich infrage gestellt oder gänzlich abgelehnt wird. Damit bleibt jedoch für diese Menschen der eigentliche Gottesbegriff ungeklärt, was in ersterem Fall keine Rolle spielt und im zweiten als vage Vermutung oder indifferenter Glaube verbleibt. Womöglich mag manchen Menschen die von Dir angegebene Zusammenstellung von Hartshorne und Reese zu einer vertieften Vorstellung von einer „höchsten Wesenheit“ verhelfen.
Meiner Vorstellung von Gottheit könnte allenfalls die (in dieser Anordnung) dem klassischen Pantheismus angehörende Zuschreibung „Das Höchste als ewiges Bewusstsein, die Welt kennend und einschließend“ entsprechen.
Man sieht auch an dieser Darstellung, wie unspezifisch diese Einordnungen vorgenommen werden, denn Pantheismus steht üblicherweise nicht für die Begrifflichkeit eines (persönlichen) Gottes als ein „Höchstes“ sondern für eine von „göttlichem“ Bewusstsein durchdrungene Natur als Wesensgrund für das Sein schlechthin. Ich denke, dass Ingos zuletzt angeführte Begriffserklärung „Die Transzendenz ist der Immanenz immanent“ diesen Zusammenhang am besten verdeutlicht.
Persönlich glaube ich nicht an eine permanente „Durchdringung“ der Natur (und somit auch des Menschen) mit einem „höchsten Bewusstsein“ vielmehr an diesbezüglich getrennte Sphären, die durch Intra-Aktion in eine wechselseitige Beziehung treten. Vor Jahren hatte ich hier den Begriff der „intra-action“ eingebracht, dar dem Neologismus (eine Art neuer Materialismus) entstammt, wie ihn die amerikanische Feministin Karen Barad (Physikern) als Begriff für wechselseitig aufeinander einwirkende Materie, die sich eben erst durch Intra-Aktion ohne Einwirkung einer äußeren Wesenheit (also weder ein Gott oder sonstige Entität) verwirklicht.
Es mag verwundern, dass ausgerechnet ich mich einer materialistischen These bediene, um die Wechselwirkung zwischen benannten Sphären zu verdeutlichen. Barad ist Quantenphysikern und hat demnach u.a. das Phänomen der Verschränkung zwischen Quantensystemen zur Erläuterung ihrer These angeführt.
Meine aus Barads Idee abgeleitete Vorstellung von Intra-Aktion, liegt natürlich nicht in der Wechselbeziehung zwischen Materie sondern zwischen Materie und Geist. Der Mensch, in seiner Ganzheit aus Körperlichkeit (Materie) und Geist (resp. Bewusstsein) kann in Verbindung kommen mit einem universellen Geist, eben diesem „höheren“ Bewusstsein, das man für meine Begriffe auch als „kosmische Intelligenz“ bezeichnen kann, wie Ingo das hier vorgenommen hat. Diese Intra-Aktion ist selbstredend nicht nur unidirektional angelegt, muss aber jeweils von einer der beiden „Kommunikationspartner“ initiiert werden, was entsprechende Resonanz zwischen den Sphären voraussetzt.
Verwegene Annahme meinerseits, weit abseits mittlerweile vom eingangs angeführten kindlichem Gebet. Wer wollte als Kind nicht in einen versprochenen Himmel voller Entzückungen kommen, noch gänzlich ohne Vorstellung, wo dieser denn „verortet“ sei. Mit jedem Lebensjahrzehnt sollte dann mehr ins Bewusstsein kommen, dass Himmel und Höllen immer nur in habitablen Lebensräumen (wie diese Erde) sein können und diese nicht von Göttern oder Teufeln sondern von Menschen (als Götter und Teufel) geschaffen sind. Mit dem Tod wird jedes ICH ultimativ zum WIR, fügt sich das individuelle zum kosmischen Bewusstsein. Wer oder was ist WIR?
soweit für den Augenblick – mit bestem Gruß! - Karl
PS: Die komplexe Beschaffenheit (RaumZeit) von Lebensräumen hinsichtlich dort existierender Hierarchien (Sphären) ist wiederum ein Thema für sich.
In Übrigen hat ausgerechnet die Wikipedia hier einen sehr schönen
Überblick geschaffen:
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gott&oldid=223669755#Klassifikation_von_Hartshorne_und_Reese
Meines Erachtens fehlt da noch einiges.Nein mein Lieber, da leidest Du eher an Deinem Unverständnis dieser metaphorischen Darstellung. Wie ich’s geschrieben habe:
Harmonien sind hier nicht verstanden als harmonische Schwingungen, die von den Saiten der Leier erzeugt werden. Sie
sind „etwas Unsichtbares und Unkörperliches und gar Schönes und Göttliches“, wie es im Dialog heißt.
Es ist aber nicht nur Dein diesbezügliches Unverständnis sondern Deine unverbrüchliche Gebundenheit an das Materielle.
Naja, man kann das ganze auch völlig anders betrachten:
Denken wir uns den menschlichen Geist als eine Anordnung von Neuronen
und ignorieren weitere Zusammenhänge wie Hormone, Spurenelemente usw.,
dann könnte man sich eine Art Gesamtsumme aller denkbaren Anordnungen
vorstellen. Wenn man jetzt glaubt, dass abstrakt jede dieser
Kombinationen schon vorliegt...!