ich halte es für Verschwendung in ganz großem, noh nie dagewesenen Stil, 1 Billion Euro zukünftiger Steuereinnahmen inerhalb der nächsten 5-10 Jahre aus dem Fenster zu werfen. für 600 Milliarden Euro zur Militarisierung mit CO2 produzierenden Waffen und Waffengattungen jeglicher Art zum Beispiel; also dies nur zu dem Vorwurf, dass ich Verschwendung für sinnvoll halte. du meinst vermutlich die Nutzung von kohlenwasserstoff-trägern zum Heizen, Mobilität und Kunststoffproduktion?
Hi IM,
nein, ich meinte es grundsätzlich, so wie ich es damals schon bei den Hippies kennengelernt hatte, die den Konsumverzicht propagierten. Eine Theorie zur Verbindung von System und Lebenswelt lieferte Habermas 1981 mit seiner Theorie kommunikativen Handelns: Unter dem funktionalen Aspekt der Verständigung dient kommunikatives Handeln der kulturellen Reproduktion, unter dem Aspekt der Handlungskoordinierung der sozialen Integration, unter dem Aspekt der Sozialisation dient es der Persönlichkeitsbildung. Diesen Prozessen entsprechen als die strukturellen Komponenten der Lebenswelt Kultur, Gesellschaft, Person. Gesellschaften stellen nach Habermas „systemisch stabilisierte Handlungszusammenhänge sozial integrierter Gruppen" dar. Die „systemische Stabilisierung" vermitteln die Steuerungsmedien. Die „soziale Integration" erfolgt durch verständigungsorientierte Kommunikation.
Die durch Macht und Geld regulierten Systeme des Staates und der Wirtschaft verschränken sich in den Handlungszusammenhängen der Lebenswelten. Habermas spricht in diesem Zusammenhang von einer „Mediatisierung" der Lebenswelt. Die Umschaltung zwischen System und Lebenswelt nennt er „Realabstraktion. Die Reproduktion der symbolischen Strukturen der Lebenswelt" hat natürlich „die Erhaltung ihres materiellen Substrats" zur Voraussetzung. Es verwundert daher, wie wenig Beachtung Habermas neben Wirtschaft und Staat der durch Energie regulierten Technik schenkt. Heutzutage zeigt sich paradigmatisch im Smartphone die Verschränkung von System und Lebenswelt.
Seit den 1950er Jahren sind wir aus einer Nachkriegszeit heraus sozial in ein kapitalistisches System integriert worden, in dem interessengeleitet bis heute in einer neuen Vorkriegszeit auf Verschwendung gesetzt wird: Rohstoffabbau ohne Recycling, Individualverkehr statt ÖPNV, LKW- statt Bahntransport, Fleischernährung statt Vegetarismus, Nachfrageerzeugung statt Sebstgenügsamkeit. Was von den unzähligen Konsumgütern wird wirklich gebraucht? Militärisch-industrieller Komplex und Fossiles Imperium sind natürlich innig verwoben.
Ziel des hybriden Kriegs Russlands ist Europa bereits seit den 2010er Jahren. Eine Appeasement-Politik gegen Putin halte ich für ebenso sinnlos wie seinerzeit gegen Hitler. Wäre die Ukraine von Anfang an massiv unterstützt worden, hätte der Krieg schnell beendet werden können. Jetzt aber wird es teuer, der russischen Expansion Einhalt zu gebieten, zumal die USA auf angemessene Beiträge zur NATO bestehen. Die weltweite Klimakrise hätte eine Frieden stiftende Geopolitik zur Folge haben können, wenn dem nicht die nationalistischen Machtinteressen entgegenstünden. So aber werden die Kriegstreiber die Weltlage weiter verschlechtern. Und dem gegenüber ist es natürlich fast egal, was Einzelne oder kleine Länder zur Krisenbewältigung beitragen. Wie die Entwicklung weiter gehen könnte, hat Aiki Mira in zwei lesenswerten SciFi-Romanen auszugestalten versucht: Neongrau und Neurobiest.
hast du dir die 50 Minuten von Ganteför angesehen? hast du echte Argumente GEGEN seine Erläuterungen? und: was spielt das für eine Rolle, ob du meinst, ich halte Verschwendung für sinnvoll?
Wenn Ganteför seine Vorträge auch in Skripten veröffentlichte, wie ich es aus dem Uni-Betrieb kenne, dann läse ich sie auch. Warum wählt er nur Youtube als Medium und nicht auch einen preprint-Server oder seine Homepage? Dann könnten seine Thesen detailliert diskutiert werden. Der gelinkte Vortrag beginnt noch neutral mit der Gegenüberstellung von Budget- und Senkenmodell. Aber schon wird es propagandistisch, soll doch das Budgetmodell zu Verarmung, Deindustrialisierung und Wehrlosigkeit führen. Zudem werden Deutschland und Kalifornien als an Macht und Geld orientierte Klimaorthodoxe bezeichnet. Das gilt allerdings für fast alle Unternehmen im Kapitalismus. Aber wieviel Macht und Geld hat das fossile Imperium im Vergleich mit Nachhaltigkeitsförderern? Und auf welche Quellen bezieht sich Ganteför beim Budgetmodell? Dass ziviltechnisch kein CO2 mehr produziert werden soll, heißt ja nicht, dass es militärtechnisch genauso sein muss. Eine verstärkte Nachhaltigkeitsorientierung auf dem Weg in die Kreislaufwirtschaft müsste keine Deindustrialisierung zur Folge haben. Über die Berücksichtigung der Ozeansenke hatten wir uns schon ausgetauscht. Und warum sollten Budget- und Senkenziele nicht gemeinsam verfolgt werden können?
Hier die Quelle des SRU zum Budget: Wo stehen wir beim CO2-Budget? Eine Aktualisierung. STELLUNGNAHME. Korrigierte Fassung Oktober 2024
Darin ist zu lesen: "Der SRU schließt sich Empfehlungen an (vgl. u. a. zuletzt den offenen Brief zahlreicher Organisationen und Wissenschaftler:innen an die Europäischen Kommission und den ESABCC vom 8. Januar 2024, s. ALLESSON et al. 2024), dass bei Emissionsreduktionszielen regulatorisch drei Kategorien klar zu unterscheiden und mit jeweils eigenen Zielen zu unterlegen sind: 1) die Reduktion der Brutto-Treibhausgasemissionen, 2) die Netto-Aufnahme von CO2 durch Landsenken (z. B. durch Wälder, Moore und landwirtschaftliche Böden) und 3) die zusätzliche permanente Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre durch CDR-Verfahren.“
Unter
klimareporter.de wird zusammengefasst: „Die Verletzung der gesetzlichen Klimapflicht ist derzeit allerdings programmiert. Stand heute wird Deutschland das Ziel Klimaneutralität 2045 um Längen reißen. Die Debatte um das Staatsziel erscheint auch angesichts der Größe der zusätzlichen Klimagelder leicht müßig. Die 100 Milliarden Euro sollen bekanntlich über zwölf Jahre in den Klima- und Transformationsfonds fließen. Das sind pro Jahr nur etwas mehr als acht Milliarden. Die würden nicht einmal reichen, um die Stromkosten um etwa fünf Cent pro Kilowattstunde abzusenken, wie im Sondierungspapier von Union und SPD vereinbart, und so die Dekarbonisierung der Industrie und – per E‑Auto – des Verkehrs zu fördern. Allein das kostet laut Berechnungen jährlich zehn bis elf Milliarden Euro – und das über mehrere Jahre.“