Tag Ingo,

du vermutest eine Vereinbarkeit der Gegensätze zwischen Erfahrung und Gegenständen im Quantitativen, mir scheint es gar keinen Gegensatz zu geben. Ich nehme auch an, dass wir zu einem Begriff der Wahrnehmung erst durch einen unproblematischen und lebensnotwendigen der Fehlwahrnehmung aufgrund entsprechender Erfahrungen kommen, den wir dann zu "alles nur Wahrnehmung!" verabsolutieren.

Dann gibt es ja auch noch Phänomene, die man ohne prophetische Begabung und wissenschaftliche Kenntnisse vorhersagen und daher nicht als Erfahrungen bezeichnen kann, die einem zustossen, man nennt sie Handlungen. Nicht zu vergessen: Erfindungen. Ich erwähne das nur, um nicht das ganze Leben auf Erfahrungen zu reduzieren.

Ob wir Vergangenheit und Zukunft nach dem Verlauf von Zerfallsprozessen unterscheiden? (So habe ich das verstanden oder missverstanden - "Auszeichnung der Zeitrichtung durch Entropie".) Wenn sich die Tasse von selbst wieder zusammensetzen würde, wüsste ich nichts davon, bevor es geschieht, was ja die Zukunft von der Vergangenheit unterscheidet. Beim Thema "Zeit" stehe ich wahrscheinlich physikalisch mitten in Teufels Küche. Ich meine wahrscheinlich eher die physikalisch so genannte Eigenzeit.

in diesen Sinne

bis gestern

Claus


Am 24. April 2024 13:13:15 MESZ schrieb "Ingo Tessmann über PhilWeb" <philweb@lists.philo.at>:


Am 23.04.2024 um 21:30 schrieb Claus Zimmermann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Mir ging es eher darum, ob sich das eine auf das andere reduzieren lässt ("alles Stoff" oder "alles Wahrnehmung") oder es sich vielleicht nicht um unvereinbare Gegensätze, weil immer um Erfahrung, handelt. Müsste sich im zweiten Fall nicht beides mit den gleichen Methoden untersuchen lassen, also der wahrgenommene Gegenstand "als solcher", d.h. ohne ihn zu zerlegen oder Verhalten und Eigenschaften jenseits der Wahrnehmung zu messen, auch mit denen der Physik? Eher nicht, wenn das Ganze etwas anderes ist als die Summe seiner Teile. Oder wenn es nicht darum geht, was er in der Erfahrung mit blossem Auge, Ohr etc. ist, sondern wie er sich verhält, wenn er bestrahlt, belastet, erhitzt, zentrifugiert etc. wird.
Das ist wirklich nur so eine unausgegorene Rumspinnerei.


Moin Claus,

ich vermute eine Vereinbarkeit der Gegensätze ja im Quantitativen. Wie kann von der schnellen und kleinen Mikrowelt auf die langsame und große Menschenwelt übergegangen werden? Durch die Wahrscheinlichkeit, nach der die Entropie bspw. mesoskopisch langsam und wahrscheinlich zunimmt und damit eine Zeitrichtung auszeichnet, in Atomen aber bspw. Elektronen schnell und wahrscheinlich durch Potentialbarrieren tunneln, wobei sie seit 2007 sogar beobachtet werden können. Siehe dazu; "Attosecond real-time observation of electron tunnelling in atoms: Der Tunnel-Effekt lässt sich aus dem Wellencharakter jedes Teilchens erklären. Makroskopische Objekte besitzen allerdings eine extrem geringe Tunnelwahrscheinlichkeit, weshalb dieses Phänomen hier noch nie beobachtet worden ist.*

https://www.mpg.de/537610/elektronen-beim-tunneln-erwischt

Es ist auch noch nie beobachtet worden, dass sich eine auf dem Steinboden zerbrochene Porzellantasse wieder zusammengesetzt hätte. Noch weit über die Technik hinaus geht die Mathematik, in der gezeigt werden kann wie die Wahrscheinlichkeiten sich über die Größenordnungen hinweg ändern. Neben der statistischen Physik unterfällt auch die Quantentheorie der mathematischen Stochastic. Einen wahrscheinlichkeitsgewichteten Übergang scheint es nicht nur zwischen Stoff und Wahrnehmung, sondern auch zwischen Wahrnehmung und Fiktion zu geben. Eine bloß formale Vereinbarkeit der Gegensätze wird nur ein Anfang sein können für weiteres Spekulieren. 

IT