Am 25.08.24 um 10:01 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb

viele gute Fragen in Bezug einerseits auf Kausalität und Moral, andererseits in Bezug auf Wörter, die eine Person gebraucht. Es steckt viel in seinem Schreiben, so dass ich kaum die dort auffindbaren "ungelösten und grundlegenderen Probleme" anders formulieren kann, geschweige denn aus diesen die sich stellenden Fragen herauslösen kann und dann noch Antworten auf diese geben kann. Diese müsste ich alsdann noch formulieren. Wer mich kennt, weiß, dass ich sehr wenige Wörter brauche, anders gesagt: mein Wortschatz ist sehr klein. Ich gebrauche lieber das Wort "Wörter-Korpus" aus der Linguistik. Allein der Wörterkorpus ist je nach Person verschieden, je nach Text auch. Hinzu ist die Häufigkeit der Wörter zu beachten. Jedes Wort hat seine entsprechende Wichtigkeit. Für die Person, oder den Text. Die Korrelation zwischen Häufigkeit und Wichtigkeit machen sich sogar "dumme" Suchmaschinen zu Nutze. Jedes neue Wort, das bei mir durch die Tür hinein kommen will, wird geprüft. Sicher kann ich es ungenau benutzen, dann ist es für mich brauchbar, aber sehr ernst nehme ich es nicht. Wenn es definierbar ist, genügt es dem entsprechenden Ideal, nur darf das Definiens nicht "mehr Probleme machen" als das Definiendum, sonst bleibt das Wort trotz Definition bei mir vor der Tür, und wird eventuell nur ungenau benutzt, oder so wie es auf dem Markt üblich ist. Mitmachen tue ich jedoch dann kaum und sage den blöden Spruch dann doch nicht: "Wo man ... soll man ...". sondern umgekehrt: "Wo geschwafelt wird, kann man nur mit schwafeln" oder "mit den Wölfen heulen..". Sogar die Stoiker empfahlen dies, wo geklagt wird.

Das ist die Antwort auf deine Absätze:
> Für Bell waren es vage Wörter, die ihn in den Interpretationen der QM störten. In den Physikalischen Blättern war 1992 zu lesen: "'Against Measurement' hat John Stewart Bell eine seiner letzten Arbeiten zu den Grundlagen der Quantentheorie betitelt. Mit der ihm eigenen Ironie wendet er sich radikal gegen den Mißbrauch und die unpräzise Verwendung von Wörtern wie "System“, "Apparat", "Observable" etc. Als "allerschlimmstes Wort" geißelt er den Begriff "Messung", der nach seiner Meinung aus einer ernsthaften Diskussion der Quantenmechanik verbannt werden solIte.“ 

In "Speakable and Unspeakable in Quantum Mechanics“ führte Bell im Anschluss an Einstein aus: "In particular we will exclude the notion of ‚observable’ in favour of that of ‚beable’. The beables of the theory are those elements which might correspond to elements of reality, to things which exist. Their existence does not depend on ‘obsrvation’. Indeed observation and observers must be made out of beables.“ Die BBB-Theorien im Anschluss an de Broglie, Bohm und Bell werden nach wie vor kontrovers diskutiert.    

An Wortverwendungen sind Erkenntnisinteressen zu erkennen. Aber welche Wörter störten Dich? 
Es wollen eben oft zu viele Wörter zur Tür herein, sie einzeln zu bedenken ist schon schwer, als Schar voll unmöglich. Ich könnte ja auch meine Bibel bei dir zur Tür hinein schmeißen, und sagen: "Nun lerne mal und komm dann zurück, wenn du alles gut gelernt hast." Ich kann dich beruhigen, ich habe weder Buch noch Bibel, was ja angeblich dasselbe ist, oder etwa nicht?
> An Wortverwendungen sind Erkenntnisinteressen zu erkennen.
Das ist schon ein Satz eines Überbetrachters, würde KJ sagen, also ein Satz des Betrachters eines Betrachters, der eine Person beschreibt oder zu beschreiben vorgibt. Ich bleibe bei meinem Leisten, wie KJ dem Waldemar empfiehlt. Ich könnte auch einfach sagen: "Der Satz trifft den Nagel nicht auf den Kopf." Sondern ich würde auf meinen zweiten Satz oben verweisen, und ihn als Ansatzpunkt angeben. Das Denken geht so: Die Person ist vor irgend einer Sache. Nun fängt sie an zu denken, es brodelt in ihrem Kopf. Es stellen sich ihr eventuell Fragen, wenn sie sprechen kann. Die Sache bewirkt die Fragen, mitsamt der Sprache der Person, die Sprache (oder eher der Wörterkorpus mitsamt der Sprachregeln) kann gut oder schlecht sein, adäquat oder inadäquat (ungenau gedacht). Nun formulieren sich die Fragen. Im Anschluss daran stellt die Person die Fragen. Aber es sind nicht primär die Fragen der Person. Ich vermute nur, dass die BBB dasselbe nicht besonders gut formulierten, wenn ich nur dein Zitat lese. Ob es dasselbe war, dessen bin ich mir nicht einmal sicher.

Entschuldige, jetzt fehlt mir die Kraft dazu, den ersten Teil in Bezug auf die Klimakleber zu bedenken. Und damit schließe ich die Tür vor dem zweiten Teil, nicht hochnäsig.

Ein Einfall: Gibt es Personen, die an der Anzahl ihrer Wörter sozusagen ersticken? Erstickte Immanuel Kant? Wittgenstein? Wie war es mit den letzten Streichquartetten der großen Komponisten? Und wie ist es mit den Politikern? Diese Sache beschrieb schließlich Oswald Spengler. Und wie ist es mit den Mathematikern und Physikern? Ihnen kommt jedenfalls zu Gute, dass sie sich an die Komplexität anpassen, und sie nicht erschaffen. Oder irre ich dabei?

JH