Am 09.02.25 um 11:11 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb
sehr lehrreiche Ausführungen.
Vielen Dank, diese Ausführungen sind nun doch ein Konzentrat, das
didaktisch aufbereitet werden könnte. Und niemand hat die Zeit dazu,
nur die von dir Zitierten hatten sich jedenfalls bemüht. Meine
folgenden Zwischenrufe, weitere Fragen und Antworten mögen
dilettantisch sein.
> ja, für Kant war Vernunft wichtig, aber wurde er nicht primär
durch Humes Analyse der Kausalität aus seinem „dogmatischen
Schlummer“ geweckt, wie er in der Vorrede zur „Prolegomena zu einer
jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten
können“ schrieb?
Das wird wohl eine Motivation für ihn gewesen sein.
> Nach meinem Verständnis kritisierte Kant Hume mit dem Vorurteil
von der Wichtigkeit der Vernunft. (1)
Das ist eine sehr gutes Verständnis, obwohl ich das Wort "Vorurteil"
nicht schreiben würde. Kant unterlag wie wir alle vielen Fehlern. An
einer Stelle kritisierte er mit Recht die Hypostasierung, bei der
andere Personen aus einigen Sachen (a) eine andere Sache (b)
hochstilisierten, herstellten und letzterer einen Namen gaben, wenn
sie ihn nicht schon aus der üblichen Sprache entnommen hatten. Bei
sich selbst war er jedoch möglicherweise Opfer einer kognitiven
Dissonanz, denn vor der Verwendung des Wortes "Vernunft" wurde etwas
hypostasiert. Diese sollte nun das sein, was er definierte. Eine
Definition ist erlaubt, er stellte die Sache jedoch als existent
dar, und das ist ein Sollen, so wie ich es schon beschrieb, von der
Sprache her, das aber kein moralisches Sollen ist. Diesen Fehler
hatte. nach ihm Hans Vaihinger genügend gezeigt. Für ihn waren viele
Wörter des Kant Fiktionen. Diese nenne ich bekanntlich
Vaihinger-Fiktionen. Kant konnte noch keinen Unterschied machen. Und
das, obwohl er anderen Personen die Hypostasierung unterstellte. Ich
kann leider nicht die Stelle, an der das bei ihm steht, zitieren,
jedenfalls ist sie in der "Kritik der reinen Vernunft".
Nach diesem Absatz kann ich der Wendung "Vorurteil von der
Wichtigkeit der Vernunft" ungenau denkend zustimmen. Korrekt habe
ich die Wendung noch nicht in eine Wendung übersetzt, der ich
zustimmen könnte. Bei mir gibt es einige Wörter nicht, andere bei
mir vorhandene genügen mir:
1. Annahme, Hypothese, je nach Situation kann es davon eine oder
mehrere geben,
zu 1 Vermutung wäre zu vor eine Annahme oder Hypothese, der ein
Vorzug gegeben wird,
2. Eine Vaihingerfiktion hat nur einen zeitweiligen Dienst, so wie
ein Katalysator bei chemischen Reaktionen, sie wird genutzt, obwohl
nicht einmal versucht wird, sie zu beweisen, ganz einfach weil mit
ihr oft oder immer eine gute Rechnung möglich ist.
3. Sätze, die aus einer Situation heraus geschrieben werden, und
geschrieben werden müssen, diese sind im Umgangswissen wahre Sätze.
Sie können sowohl empirisch wie auch aus einer Menge anderer Sätze
heraus entstehen, sie sind nicht nur subjektiv machbar. Es ist dann
banal, diese mit dem Wort "wahr" zu versehen.
Die Wichtigkeit, Relevanz usw. ist eine andere Dimension, die bei
allen drei unterschiedlich sein kann. Ohne die Vaihingerfiktion der
Willensfreiheit ist eine Verurteilung unmöglich. Ohne die Annahme
von Atomen würde es viele Produkte nicht geben. Ohne die Sätze ...
In Bezug auf Wörter ist diese Liste nicht anwendbar, bei Wörtern ist
es anders.
Die üblichen Wörter brauche ich nicht: Meinung, Glaube, Vorurteil,
usw.
Noch immer kann ich den Satz (1) nicht für meinen Gebrauch
übersetzen, schade.
> Wenn Kausalität nicht in der Erfahrung zu haben sei, dann solle
sie zumindest der Vernunft genügen.
Das ist gut gesagt.
> Aber wie weit war er damit gekommen?
Zu weit, so dass alle ihn als eine leuchtende Rakete ansahen, würde
man heute sagen. Ich kannte einen ETH-Ingenieur, der extra nach Cape
Caneveral flog, um sich einen Start anzusehen. Für ihn war das
Erleben des Starts eine Bestätigung Gottes, also eine Art
Gottesbeweis, oder zumindest eine subjektive Vaihingerfiktion dazu.
Es gibt jedoch einen andere Instanz mit anderem Namen, die oder eher
der der größte sein soll.
Ich fange an zu schwafeln, entschuldige und höre mal auf,
entschuldige, dass ich den folgenden Satz nicht integrieren kann,
weil mir das Wissen dazu fehlt.
> Von Weizsäcker und Lorenzen bspw. haben je auf ihre Weise
wieder an Kant angeknüpft. Alltägliche Rahmen und Vorurteile werden
in der Philosophie ja auch Paradigmen und Themata genannt. Nach Kuhn
sind mit Paradigmen die metaphysischen Überzeugungen und
forschungspolitischen Annahmen gemeint, die den Entwurf von Theorien
und die Planung von Experimenten leiten. Und nach Holten bezeichnen
Themata eher die individuellen Neigungen ....
Die verwendeten Wörter sind für mich nicht erforderlich, es
entstehen bei mir zu klärende Redundanzen. Dissonanzen?
> „Einer der Befunde der thematischen Analyse, der mit der
dialektischen Natur der Naturwissenschaft als einer öffentlichen,
einen Konsens anstrebenden Tätigkeit in Beziehung steht, ist die
häufige Koppelung zweier Themata im Modus der Antithese, wenn etwa
ein Vertreter des Themas des Atomismus sich einem Vertreter des
Themas des Kontinuums gegenüber sieht’’.
Das wiederum kann ich auch so denken. Das Gespräch hilft dann zum
weiteren Denken, ob allein oder mit anderen, mit anderen kann es
sogar vieles besser werden als allein.
> Weil im Zuge der Aufklärungsbewegung die Vernunft hervorgehoben
wurde, unterfiel Kants „Kritik der reinen Vernunft“ dem
Aufklärungsparadigma, so dass er neben der Vernunft die Anschauung
für ebenso wichtig hielt: „Gedanken ohne Inhalt sind leer,
Anschauungen ohne Begriffe sind blind. … Der Verstand vermag nichts
anzuschauen, und die Sinne nichts zu denken. Nur daraus, daß sie
sich vereinigen, kann Erkenntnis entspringen“.
Hierbei hat er sich gehörig verheddert, oder etwa nicht? Trotz
Genauigkeit und gutem Denken.
Zu den weiteren Ausführungen des IT kann ich als Unbelesener
nichts schreiben.
JH