Am 23.06.2023 um 15:36 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:Thomas Bach kann sich auch Olympische Spiele im Frühling vorstellen.Hipp: Thomas Bach denkt, dass es Olympische Spiele im Frühling geben könnte.
(Übersetzung mit "vorstellen" zu "denken")
jh: Denken und Vorstellen sind nicht gleichbedeutend, nur kann mit einem der Wörter in etwa dasselbe gesagt werden.
Damit ist ja eigentlich alles gesagt.
Auf Dein Beispiel mit Thomas Bach und seiner Vorstellung von Olympischen Spielen im Frühling bezogen, bringen beide Satzkonstrukte im Kern die grundsätzliche Möglichkeit zum Ausdruck, dass nach der Vorstellung von Thomas Bach die Spiele durchaus auch im Frühjahr stattfinden können. Dieser Vorstellung sollte jedoch ein auf Erfahrung basierendes Denken vorausgegangen sein, d.h. ohne ein vorheriges Nachdenken wird kaum eine genaue Vorstellung über den jahreszeitlichen Ablauf der Veranstaltung möglich sein. Kurzum: Wenn Th. Bach darüber nachgedacht hat, ob Olympische Spiele schon im Frühjahr durchführbar sind und dieses per Pressemitteilung äußerst, würden Medien vermutlich schreiben, Thomas Bach kann sich das Abhalten der Spiele im Frühjahr vorstellen.
Dieser Zusammenhang ist m.E. eindeutig und benötigt kein „Autoritätsargument“ zu seiner Erklärung.
Ob nun ein „Computer eine Denkkraft, eine Vorstellung, Angst, Vernunft“, eine ICH-Vorstellung hat oder nur „Informationsstelle“ ist, darüber haben wir ja schon geschrieben, wenngleich auf Künstliche Intelligenz bezogen, doch letztlich läuft ein KI-basiertes Programm eben auf einem Computer ab.
Ich denke (sic!), dass man die Hardware eines Computers im übertragenen Sinne mit der Hardware eines Gehirns vergleichen kann (Interface, Speicher, Verdrahtung etc.) und gewisse Denkprozesse mit dem Ablauf von Programmcode.
Sobald Denken jedoch durch unmittelbare Gefühle, wie Angst, Ekel, Scham, Überraschung, Freude, Liebe, Betrübnis, etc. beeinflusst wird, ist es kaum möglich, diese Gefühlswelt als solche authentisch durch einen Automaten zum Ausdruck zu bringen. In gewisser Annäherung wird das zwar machbar sein, wie man das beispielsweise mit dem Frage-/Antwort-Dialog des chatGPT durchspielen kann. Dieser Automat hat Gemeinsamkeiten mit dem Antwortverhalten von Menschen, von denen man auf eine sehr persönliche Mitteilung (z.B. Liebeserklärung) lediglich eine emotions- resp. teilnahmslose Antwort bekommt, selbst wenn sie in noch so charmanten Wörtern daher kommt.
Wer wollte sich denn von Maschinen bzw. Automaten lieben lassen? Daher sind derartige Vorstellungen müßig. Selbst "Siri, Alexa, Mercedes“ mit ihren einnehmenden Stimmen werden nicht dazu verleiten können, wenngleich mich letztere sehr charmant an alle möglichen Orte zu leiten versteht.
KI wird seinen „Siegeszug“ auf anderen Ebenen fortsetzen und tatsächlich bislang unvorstellbare Aufgaben lösen und obendrein völlig angstlos – das sollte uns zur rechten Zeit Angst machen, Zauberlehrling lässt grüßen!
Ebenso wie ich Dich und die Runde grüße! - Karl
_______________________________________________-----------
Weiter hierzu:
Mit jedem zusätzlichen Wort können neue Sätze geschrieben werden, weitere Fragen gestellt werden. Nun fragt A, ob denn ein Computer mit KI denken kann. B antwortet nein. Darauf hin fragt A, ob der Computer denn etwas vorstellen kann, fühlen kann, usw. Mit jedem zusätzlichen Wort wird von A eine neue Frage stellen. Hier bleibt dem B nichts anderes übrig, als sich die Frage zu stellen, die sich schon vor 2500 Jahren im Kratylos-Dialog stellte.
Sollte B jedoch schon mit Kant denken, wären bei jeder Frage noch zu den Wörtern "denken", "vorstellen" usw. die entsprechenden Vermögen zu denken, und A könnte die betreffenden Fragen stellen: Hat der Computer eine Denkkraft, eine Vorstellung, Angst, Vernunft, Informationsstelle, ein Ich usw.
Respekt vor demjenigen, der sich diese Arbeit aufbürdet, ich wünsche ihm auf jeden Fall, dass er im Denken und Vorstellen nicht erstickt.
B ist in dem Fall das Gegenteil eines Albert Einstein, der nach seiner Telefonnummer gefragt wurde, und bekanntlich darauf antwortete, dass er sie nicht wusste, weil er seinen Kopf mit solchen Nebensächlichkeiten nicht belasten wollte. So in etwa, auch wenn es nur eine Anekdote sein sollte.
JH
PhilWeb Mailingliste -- philweb@lists.philo.at
Zur Abmeldung von dieser Mailingliste senden Sie eine Nachricht an philweb-leave@lists.philo.at