Am 25. Oktober 2016 um 18:24 schrieb Waldemar Hammel via Philweb <philweb@lists.philo.at>:
wahrheit kann keine "eigenschaft eines satzes" sein, denn

Man kann "wahr" im Sinne der mathematischen und einiger philosophischer Logiken Auffassen als Eigenschaft eines Satzes. Sozusagen, durch ein Modell erfüllbar.
 
- begriffe wie wahrheit, schönheit, usw sind abstrakte platonische universalia, oder sprachlich ausgedrückt, reflexionstermini = versubstantivierte adjektive, die keine bezüge haben = das wort "schön" kann sich auf ein konkretum x beziehen, das ist schlüssig, aber "schönheit (an sich)" bezieht sich auf nichts konkretes.

Ich habe den Begriff der Wahrheit in erster Linie in der Überschrift verwendet, sonst nur in "ist an der Wahrheit interessiert". Dabei diente der Begriff "Wahrheit" für mich nur als sprachliche Vereinfachung. Zudem hilft es, andere philosophische Fragen aus der Grundfrage herauszuhalten. Etwa die Definition von Wahrheit, über die sich Gelehrte seit Jahrhunderten streiten.
Ein Beispiel:
Wenn ich geschrieben hätte, "beide wollen die Wirklichkeit so sehen wie sie ist", hätte ich damit nicht nur die Kohärenztheorie aufgegriffen, man hätte auch mit Kant (und folgenden) argumentieren können, wir sehen die Wirklichkeit nie so wie sie ist.

schematisch:
satz-x < wahr bis unwahr > bezug (referens),
die eigenschaften w/f entstehen erst aus dem bezug eines satzes auf etwas, auf ein referens.

Das Schema verstehe ich nicht, kannst du es näher ausführen oder zumindest noch mal anders hinschreiben? (Ich glaube, mein Problem liegt wirklich schon an der Schreibweise, ich ahne, was gemeint sein könnte.)

Deine Ansicht schließlich streng genommen weder die Existenz von Tautologien (Referent sind dann die Definitionen von Zeichen), noch die notwendiger Wahrheiten aus. Sofern ein Betrachter existiert, ist der Satz "es gibt mindestens einen Betrachter" schon erfüllt.

in wahrheit ist der apfel, mit eigenschaft "rot", aber nur in den folgenden kontexten da:
- wenn er vom spektrum sonnen licht beleuchtet wird
- wenn ich ihn mit menschenauge betrachte, das für die frequenz xy sensibel ist

Man kann jetzt doch einfach so argumentieren, dass der Apfel die Eigenschaft hat, das Sonnenlicht in einem bestimmten Frequenzbereich zu reflektieren. Diese Eigenschaft ist an einen Ort an den es niemals Licht gibt vielleicht latent, d. h. könnte nur indirekt erschlossen werden, aber sie wäre nach wie vor eine Eigenschaft des Apfels.
Diese Eigenschaft ist natürlich ebenso latent für Lebewesen, die entweder gar keine oder nur schwach ausgeprägte Farbwahrnehmung haben, etwa Nachttiere, Höhlenbewohner, Tiefseetiere usw.


Um den Bogen zu schlagen, den der Leser von mir erwarten wird:
Welche Auswirkungen hat denn diese Überlegung auf die Frage des Lügens im Namen der Wahrheit?
Man kann jetzt argumentieren, dass das Wissen, über das A verfügt (B aber nicht), eine völlig andere Bedeutung für A haben muss, wenn er dabei auf Schlussfolgerung z kommt, B aber auf y.
Rechtfertigt das allerdings, dass A dem B die Info vorenthält?
Grundsätzlich sicherlich nicht. Man kann sich aber Situationen denken, in dem A vielleicht gut daran tut, es doch zu nicht. Beispielsweise A ist ein Lehrer und kennt eine seltene Ausnahme, die B nicht kennt und er will B erst mal die Grundlagen beibringen. Wenn A B jetzt mit Ausnahmeregeln überschüttet, dann verwirrt das B nur.

Liegt der Unterschied vielleicht da: Wenn A und B im Prinzip gleichberechtigte Argumentationspartner sind, also darüber streiten, wie die Sache ist, dann muss A gegenüber B auch so ehrlich sein, ihn die besten Argumente selbst an die Hand zu geben. Ist dagegen B z. B. jemand der einen Kurs in Arbeitsicherheit besucht, so muss B sich darauf einstellen, dass A ihn die Inhalte aussucht, vorsortiert, gliedert usw.