Am 10.02.2025 um 19:26 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Das "sich", das "ich" würde ich als das Umgrenzte denken, also das was von der Haut begrenzt ist. (Das Umgrenzte nenne ich Person.) So gesehen geht alles Denken, wenn nicht gerade ein anderer zum momentanen Denken beiträgt, von der Person aus. Hierzu habe ich zwei Denkarten als Vaihingerfiktionen vorliegen, die für das Mitdenken gelernt werden müssten: a-Denken, das von außen unterstützte Denken, die Person denkt etwa das, was sie im Rundfunk hört. Was dann in ihr geschieht, spielt keine Rolle. Das i-Denken wäre das innere Denken, das spontan innen entsteht, ohne Zutun von außen. Die Vaihingerfiktion kann jetzt schon fallen gelassen werden (sonst wäre es keine), denn mit dieser wird schon ersichtlich, dass nicht alles Denken "von sich aus" geschieht. Sollten diese zwei Fiktionen sich bewähren, könnten sie zu Annahmen, Hypothesen werden. 

Hi JH, 

i- und a-Denken wirst Du neutral denken, während ich sogleich an Einfälle und Berichte denke, denen wir ständig ausgesetzt sind. Aber wie kommen wir zu unseren Einfällen und sind nicht viele Berichte manipulativ? Zudem wirst Du auch ia-Denken angenommen haben, da sich beide Denkweisen häufig überlagern.   

> Den meisten fällt dabei auf, dass Worte und Zahlen primär nicht von ihm selbst stammen ...

korrekt, ich denke es müsste heißen "Wörter" statt "Worte", denn Worte können Sätze sein, nach Sprachgebrauch.  

Ich hatte an Worte auch als Sätze gedacht, ebenso wie bei Zahlen auch an Sätze zu denken ist. Denk dabei bspw. an die Zahlen e oder pi, die durch Reihen definiert als konvergent nachzuweisen sind. 

um überleben zu können.

Das wäre eine Vermutung, denkst du da an eine Entelechie?

Kinder, mit denen nicht gesprochen wird, wachsen nicht zu Menschen heran, weil Genbereiche nicht aktiviert werden. Menschen sind von Natur aus Kulturwesen. Ich denke also nicht an Entelechie, sondern an Evolution. Erst sind die Lebensimperative zu erfüllen, dann folgen die Indikative oder Konjunktive.         

Ausgehend von Alltagsregelmäßigkeiten gelangte ich zum Bedenken von Ursache-Wirkungs- und Mittel-Zweck-Beziehungen in die Theorie der technischen und politischen Vernunft,

gut gedacht, mach weiter so! 

Leider denken nur wenige Menschen methodisch-konstruktiv. Bei Lorenzen werden Politik und Technik gleichermaßen durch Mittel-Zweckbeziehungen bzw. Zweckrationalität bestimmt.

Umgewandelt, und auf viele Personen zutreffend: "Jeder hat einen (subjektiven) Wörterkorpus, der sich leicht oder stark von demjenigen der anderen unterscheidet, zudem vom Wörterkorpus der Sprache, die von den jeweiligen Personen gesprochen wird." Hoffentlich ist das "verständlich", wenn auch vielleicht nicht konform in der linguistischen Sprache ausgedrückt.

Diese neutrale Formulierung kann ich nachvollziehen. Wesentlicher im Leben als Beschreibungen sind Entscheidungen. Warum hast Du Dich für Worte und nicht für Zahlen, Bilder oder Töne entschieden? 

Wie weit reicht Dein Gebrauch von Kausalität über Alltagsregelmäßigkeiten hinaus? 

Mit dieser Frage hast du mich erwischt. Das ist die beste Frage dazu, die mir je hierzu gestellt wurde. Ich müsste die vielen Texte gut organisieren und zusammenstellen, die ich dazu schrieb. Resultat ist zunächst, dass Logik und Kausalität nicht immer isomorph gedacht werden können. Eine Gruppe von Geschehnissen: Ein Nichtvorhandensein einer Sache hat nichts mit Kausalität zu tun, im Satz: das Feuer entstand nicht, weil das Brennmaterial nicht heiß genug war. (Hier braucht noch nicht das so genannte kontrafaktische Denken gedacht werden). Ein anderes Beispiel: Das Auto blieb stehen, weil kein Kraftstoff mehr im Tank war. Das ist eine logische Aussage, jedoch mit Kausalität werden nur Sachen beschrieben, die geschehen, und nicht solche, die nicht geschehen. Wenn das Auto stehen bleibt, ist das Ende der Kausalität, nämlich das Ende des Angetriebenwerdens. Die logische Aussage wäre eine postkausale.

Beim naiven Nutzen der Sprache wird nach "Ursachen" gesucht, obwohl es bekannt ist, dass es Kausalketten gibt. Dann merkt derjenige, der in der Ursachekette sucht, dass es zu einem Zeitpunkt mehrere "Ursachen" gibt, der Fortgeschrittene nimmt dann das Wort "Multikausalität" und meint dann, das Ei des Kolumbus gefunden zu haben. Alternativ dazu denke ich eine Kausalmasche. Jede Kausalmasche kann zu einem Ende kommen, und dann als räumlich abgeschlossen gedacht werden. Bis eine neue Sache von außen auf dieses System trifft.

Dass das Interesse einer Person an bestimmten Vorsachen oder an bestimmten Stellen der Zeit oder des Ortes liegt, hat Ansgar Beckermann schon geschrieben.

Von Beckermann habe ich noch nichts gelesen. Mir ist er nur aus Literaturlisten zur Analytischen Philosphie in Erinnerung geblieben. 

Ein Mathematiker kann sein Wissen hierzu gerne nutzen. Denn es geht wie IT es korrekt denkt, oft um Wahrscheinlichkeiten. Diese gehören dann an die Stellen der Kausalmaschen, an denen Unsicherheiten bestehen, oder noch kein Wissen vorliegt. Eine andere Sache in Bezug auf Mathematik: Mathematische Funktionen überall zur Beschreibung von Kausalität zu suchen kann zur Zeitverschwendung werden. Oft ist es jedoch das beste Mittel.

Kausalmasche ist eine schöne Metapher für das Alltagsgewusel, bei dem an Strickmuster gedacht werden kann. Aber geht es unter Menschen nicht eher um Rationalmaschen gemäß Mittel-Zweck- anstatt Ursache-Wirdkungs-Beziehungen? Menchen stricken mit Absicht, die Natur geschieht ursächlich. Gleichwohl können aus ihr Rationalmaschen herausgeklaubt werden, wie Kirchhoff es in seinem Maschensatz bewiesen hat. Aber das ist Technik und nicht Natur. Und nach H.P. Dürr werfen Menschen der Natur gerne Netze über. 

Die Mathematik kommt bei Unsicherheiten ins Spiel, die immer bestehen und nur vereinfachend übergangen werden, wenn sie als irrelevant angesehen werden. In Experimenten werden Unsicherheiten minimiert, so dass Kausalketten gleichsam als Fäden angenommen und durch Verlaufsgesetze mit ihren Einschränkungen formalisiert werden können. Beide ermöglichen mathematisches Simulieren, technisches Funktionieren und natürliches Prognostizieren. Wann kommen dabei Ursachen ins Spiel? Soweit ich sehe, nur durch Übertragung der logischen Folgerungen aus den eingeschränkten (stochastischen) Verlaufsgesetzen auf das Naturgeschehen, wie bspw. bei der Wettervorhersage. Die Ursachen darin sind flüchtig, was bleibt sind die Gründe, wie es Havemann so schön ausgedrückt hat, den ich wiederholt zitierte. 

Zur Erinnerung: "Kausalität ist eine einseitige, eine einmalige, vorübergehende und flüchtige Verbindung in der Wirklichkeit. In der Kausalbeziehung erscheint das Wirkliche, hervorgehend aus seinen Ursachen. Im Möglichen aber erscheint nicht die Ursache, sondern der Grund der Erscheinungen. Der Grund ist das Bleibende in der Erscheinungen Flucht.“ In der zeitlogischen Perspektive von Weizsäckers folgt die Doppelstruktur der Rede aus der Unterscheidung von Vergangenheit und Zukunft bzw. Wirklichkeit und Möglichkeit: „Die Illokution ist futuristisch, die Proposition perfektisch.“ Havemann scheint daran angeknüpft zu haben.      

Eine weitere Sache: Es wird oft gesagt, dass Sachen, die über die Zeit laufen, Vorsachen für darauf folgende Sachen sind. So könnte eine Person zum Vieltrinker werden, weil sie lange Zeit einen bösen Partner hatte, und dies kausal war. Das Zusammenleben kann eine Zeit gedauert haben, der Alkoholismus noch länger. Das ergibt aber ein großes Problem: Wenn es schon schwer ist, Stellen in den Kausalmaschen denkend zu finden, wie ist es dann, wenn über einen ganzen Bereich der Zeit (oder gar im Raum?) der Kausalmasche Stellen vorlagen, die als Gruppe wirkten? Ist es noch genau genug, zu sagen, dass der zweite Weltkrieg vom ersten bewirkt wurde? Die kontrafaktische Annahme beweist als Kriterium das Vorliegen der Kausalität: Wenn der erste Weltkrieg nicht gewesen wäre, hätte es keinen zweiten gegeben, oder es wäre etwas anderes geschehen.

So weit meine grob geschriebene Antwort, ohne Zeit, Fehler darin zu suchen und zu korrigieren. Hierbei habe ich zu den inneren Sachen der Person nichts in Bezug auf Kausalität geschrieben.

Mir erscheint Deine Herangehensweise durch Worte grundsätzlich übervereinfachend angesichts des Alltagsgewusels und Naturgeschehens. Du folgst ja offensichtlich der analytischen Philosophie, aber die ist nur ein Anfang des Philosophierens, da sich Wesentliches sprachlos ereignet und es nicht auf Worte ankommt, sondern darauf, wofür sie stehen sollen. Gleichwohl können weniger Worte, auf die sich mehr Menschen einigen könnten, zur Mehrung des Verstehens beitragen, wie es ja Lorenzen mit seiner  Orthosprache  vorgeschlagen hat. Nur wenige sind ihm damit gefolgt und auch Dir wird es so ergehen. Aber das gehört zur Absurdität des Lebens. 

IT