Zur Mail von Rat Frag vom 29. April 11:50 Uhr, zwecks besserer Lesbarkeit 2 Leerzeilen eingefügt und Vorspann weggelassen:
> Eine dritte Möglichkeit wäre, daß eine Frage nach Gründen fehl am Platz
> sein könnte. - CZ
>
*Das würde aber zur Folge haben, dass zwei Kulturen mit einander
*entgegengesetzten Wertvorstellungen sich nicht einigen könnten. Schon rein
*abstrakt nicht.
*Beispielsweise die Denker der Antike billigten offenbar häufig die
*Sklaverei usw. Heute lehnen wir das ab. - RF
Es kann vorkommen, dass man sich nicht einigen kann. Mit Blinden kann man nicht über Farben diskutieren. Aber so verschieden sind die Menschen im allgemeinen nicht gestrickt. Natürlich kommen dann noch Erziehung, staatliche Indoktrination und sonstige Verunstaltungen hinzu. (Das ist jetzt ein bisschen einseitig und überspitzt formuliert.)
> So auch "Das ist gerecht."? - CZ
>
*Natürlich kann man das in Frage stellen, wieso nicht? - RF
Wenn ich jemandem erklären sollte, was man unter "gerecht" versteht und das mit einem (Verhaltens-)beispiel täte, fändest du die Frage "warum nennt man das so?" also angebracht? Wenn ich auf ein solches Beispiel verzichten und das Wort rein verbal erklären würde und die dabei verwandten Ausdrücke ebenfalls rein verbal erklären würden bis hin zu einem Axiom - würde es sich um ein Zeichenspiel ohne Bezug zum Leben handeln.
Claus
_______________________________________________
null
Hallo liebe Liste,
entschuldigt bitte, wenn meine Gedanken unausgegoren oder albern wirken.
Zunächst einmal: Meines Erachtens basieren die meisten ethischen
Systeme auf den Gedanken des "Freien Willens". Man macht Menschen für
Dinge verantwortlich, die sie tun, nicht für andere Dinge.
Meine Frage lautet nun: Nehmen wir an, eine neue Neuropsychologische
Theorie könnte aus Begleitumständen zwingend ableiten, wie sich eine
Person in Zukunft verhalten wird.
Wenn jetzt die Person A in den Umständen B sich befindet, dann wird A
z. B. ein Rowdy oder ein Dieb.
Können wir in dieser Situation im Ernst noch Person A für seine
Karriere als Dieb oder Knochenbrecher verantwortlich machen? Es waren
ja eigentlich nur die Umstände B, die ihn dazu führten. Er wäre als
Person für seine Handlungen ebensowenig verantwortlich wie
beispielsweise eine chemische Reaktion für ihren Verlauf
verantwortlich ist. Es liegt keine Entscheidung zu grunde.
Ein Kompatibilist könnte jetzt sagen, dass ich hier einen Denkfehler
mache. Wir haben nicht herausgefunden, dass es keinen "Freien Willen"
im Sittlichen Sinne gibt, sondern wie haben etwas neues über den
Willen erfahren. Eben das es sich dabei nur um die Neuropsychologische
Sache XYZ handelt.
Nur meines Erachtens erzwingt diese Interpretation weitreichende
Schlussfolgerungen in Bezug auf Verantwortung und Moral.
Man müsste also eine Ethik ohne Verantwortung erschaffen.
Kann mir jemand folgen?
Was denkt die Liste?
Gruß
Rat.
Wenn ich nicht durchblicke, ist es immer gut, mir das Thema noch einmal deutlich vor Augen zu halten.
Es geht, soweit ich das verstehe, um unbedingte Werturteile über Handlungen und ihnen entsprechende Gebote und Verbote. Können wir sicher sein, uns dabei nicht zu irren? Das steht doch wahrscheinlich hinter der Frage nach einer Begründung oder Intuition.
Was hieße denn hier richtig und falsch?
Im Allgemeinen redet man von richtig und falsch in Verbindung mit Aussagesätzen. Sie gelten als wahr, wenn die Eigenschaften des Gegenstandes, über den etwas gesagt wird, die Merkmale des ihm zugeschriebenen Begriffs ausfüllen. So etwa stellen wir auch fest, ob eine Handlung unter einen gesetzlichen Tatbestand fällt (vom Problem der unbestimmten, unscharfen Gesetzesbegriffe abgesehen). Das ist aber ein rein formales Kriterium, bei dem es auf den Inhalt insofern nicht ankommt, als er prinzipiell beliebig sein kann. Während es bei einem Werturteil, nicht auf ein wie, sondern auf das was ankommt. Deutet das nicht darauf hin, daß wir es hier mit einem der Muster zu tun haben, die die erste Voraussetzung von Definitionen sind?
Ob man bei der Mustererkennung hier lieber von moralischer Intuition oder vom "Herzen auf dem rechten Fleck" redet, dürfte in der Sache keinen Unterschied machen. Es dürfte aber ein ziemlich weiter Weg von hier zur Aufstellung oder Auffindung gesetzesförmiger objektiver moralischer Normen sein, falls das überhaupt möglich ist.
Claus
null
Hallo!
Wir hatte das ja schon mal mit "Humes Gesetz". Verfolgt man den Ansatz
konsequent, so kann man keine Normen (aka "Werturteile") aus Fakten
ableiten.
Was konsequent bedeutet, dass man Normen aus anderen Norman ableiten muss.
Dabei kann man zwischen zwei Formen von Norman unterscheiden:
1. Dinge, die "gut als Mittel" (Frei nach G. E. Moore) sind. Als
Dinge, die nicht um ihrer selbst willen als erstrebenswert erachtet
werden, sondern Aufgrund einer beabsichtigten Konsequenz.
Ein klassisches Beispiel dafür wäre etwa Geld. Man erstrebt das Geld
ja nicht um seiner selbst Willen, sondern um damit in den Besitz
anderer Dinge zu kommen. Oder eben Tugenden. Diese werden zumeist (¹)
selbst nicht als Wert an sich betrachtet, sondern als Mittel zum
Zweck.
2. Dinge, die "an sich gut" sind.
Also Dinge, die um ihrer selbst willen erstrebenswert sind.
Man kann das durchaus gleichsetzen mit Kants Unterscheidung zwischen
hypothetischen und kategorischen Imperativen. Die hypothetischen
Imperative sind nur "Wenn-Dann-Regeln". Zum Beispiel, "Wenn du ein
ehrlicher Kaufmann sein willst, dann solltest du deine
Geschäftspartner nicht betrügen". In solchen Fällen könnte das
Gegenüber immer antworten, "aber warum sollte ich ein ehrlicher
Kaufmann sein wollen?". Die Antwort könnte dann auf zwei Wegen
ausfallen.
Entweder man argumentiert mit dem eigenen Nutzen (a) für die
betreffende Person, etwa das man mit ehrlichen Kaufleuten eher Handel
treiben will als mit Betrügern oder (b) man argumentiert auf Basis von
Normen. "Du sollst ein ehrlicher Kaufmann!" sein. Der Weg (a) ist seit
der Aufklärung vielfach gegangen und inzwischen gut befestigt worden,
aber er hat im Wesentlichen mit zwei Problemen zu kämpfen. Zum einen
ist es in vielen Situationen unplausibel, dass aus einem moralisch
unerwünschten Verhalten auch negative Konsequenzen folgen.
Zum anderen könnte ein sturres Individuum einfach auf seinen Vorteil
verzichten und lieber persönlichen Schaden in Kauf nehmen als sich
fremden Imperativen zu unterwerfen. Das kann völlig verschiedene, aber
nachvollziehbare Ursachen haben. Ein Beispiel wäre etwa ein
Jugendlicher, der den Aufstand gegen die Gesellschaft probt oder
jemand, der Hass empfindet und anderen etwas nicht gönnt.
Mit wird es hier zunächst um den Weg (b) gehen. Der traditionellere,
aber in seiner puristischen Konsequenz selten verfolgte Weg. Demnach
wird versucht, "bedingte Normen" des Typ 1 auf Basis von Normen des
Typ 2 zu begründen.
Nun ist es legitim, die folgende Frage zu stellen: "Welche Begründung
hat eigentlich Typ 2?"
Die meisten modernen Philosophen, die den Typ (b) folgen und scheint
auf dem Gebiet der Moralphilosophie tatsächlich die Mehrheit zu sein,
verweisen an dieser Stelle auf moralische Intiution. Das ist sowohl
bei Moores Methode der totalen Isolation der Fall als auch bei den
Kantisten (Rawls) heben letztendlich auf eine Art Intuition ab. Bei
Rawls ist es eher die Abstraktion, vom eigenen Standpunkt abzusehen
und stattdessen sozusagen eine "Gott-Perspektive" einzunehmen (eine
Denkfigur des Utilitarimus!), in der man dann das eigene Wohl nicht
mehr über das Wohl anderer Menschen stellen kann.
Allerdings frage ich mich in diesem Zusammenhang, ob das nicht fast
schon wieder unter (a) fällt. Denn die Güter oder erstrebten Dinge
könnte genausogut normativer wie "wirtschaftlicher" Art sein. Das
Problem, das ich sehe, ist nun: Der moralische Egoist kann ohne
Probleme eine Begründung dafür verlangen, warum ihn das, was er selbst
für gut und richtig hält, nicht viel wichtiger sein sollte das, was
andere Leute wollen.
Irgendwie bin ich da in Gedankenverwirrung... Kann mir jemand helfen?
P.S.:
Am 13. Januar 2018 um 01:04 schrieb <.@.de>:
> PS: übrigens funktioniert unser Archiv wieder. hh hat es repariert. Vielen Dank dafür!
Ich kann immer noch nicht durch das Archiv navigieren. Mir ist es
jetzt nicht besonders wichtig, dass man "Geschreibsel" der Nachwelt
erhalten bleibt oder so. Dafür würde ich halt andere Publikationswege
wählen. Für stille Mitleser ist es vielleicht ärgerlich.
P.P.S:
¹: Mir ist natürlich die Ausnahme der Stoiker und einiger moderner
Tugendethiker bekannt. Eine interessante Denkschule, mit der ich mich
zukünftig intensiver auseinandersetzen möchte.
Nachtrag: Mit "Das ist 1 Meter" ist die Vorstellung der Masseinheit gemeint, nicht eine natürlich zu begründende Bekanntgabe eines Messergebnisses.Mit "Das ist gerecht" entsprechend eine Worterklärung.
null
Das mit dem rein westlichen Konzept stimmt nicht so ganz. Der chinesische Autor Mo Ti verglich z.B. in der Antike die Handlungen von Regierungen seiner Zeit mit denen von Verbrecherbanden und fand wenig Unterschiede.
null
Hallo liebe Lesern,
wiedermal wende ich mich in Pseudo-Briefform an euch. Wir alle hier haben
ja irgendwann in irgendeinen Zusammenhang das *richtige* Argumentieren
gelernt. Diese Fähigkeit mag vielleicht in der Normalbevölkerung nicht
stark ausgeprägt sein (meine Einschätzung), aber sollte unter Philosophen
und eifrigen Lesern solcher Texte stark verbreitet sein.
Zu diesen Regeln des Argumentieren gehört unter anderem:
- Man soll es vermeiden, widersprüchliche Aussagen gleichzeitig zu
behaupten.
- Man soll zur Sache argumentieren. Es reicht nicht, z. B. nachzuweisen,
dass Einstein wahnnsinnig schlau ist, um ihn alles zu glauben. Einsteins
Behauptungen müssen selbst gründlich geprüft werden und wenn sie sich
bewahrheiten, so folgen wir Einstein.
- Man soll nicht so tun, als würde eine Prämisse A die Behauptung B
rechtfertigen, wenn B überhaupt nicht aus A folgt. (Wobei es hier Ausnahmen
zu geben scheint...)
Ich könnte jetzt noch diverses Rasierwasser ( ;-) ) und andere Dinge
anführen, meine aber, damit den Kanon halbwegs umrissen zu haben. Viele
Dinge sind ja auch umstritten, bzw. nicht allgemein geteilt.
Zum Beispiel das Beweispflicht-Gebot. Wer eine Behauptung aufstellt, der
muss sie auch beweisen, sonst ist sie (Irrtum vorbehalten) falsch.
Hitchens’ Rasiermesser: Was nicht begründet wird, darf ohne Begründung
verworfen werden.
Viele Menschen sagen jetzt aber, dass ein mangelnder Beweis nicht
rechtfertigt, einen Satz als falsch anzusehen. Beispielsweise - ich greif
mal willkürlich was raus - die Goldbachsche Vermutung ist bis heute nicht
bewiesen, dennoch gehen viele Mathematiker davon aus, dass sich ein Beweis
finden lassen müsste.
Wie Schopenhauer schreibt, kann ein Standpunkt trotz mangelnder oder sogar
irreführender Gründe dennoch richtig sein. Dass Gründe existieren
impliziert nämlich noch nicht, diese Gründe würden immer unmittelbar
vorliegen.
Nun gibt es bezüglich dieser Diskussionsregeln wiederum zwei Möglichkeiten:
Entweder sie sind selbst hinterfragbar (1) oder nicht (2).
Wenn (1) zutrifft, dann kann man über die Diskussionsregeln selbst eine
Diskussion starten und diese in Frage stellen. Wenn (2) zutrifft, dann ist
eben dies nicht möglich.
Gegen die Variante (2) spricht allerdings, dass einige Regeln offenbar erst
später eingeführt worden oder umstritten sind.
Die Variante (1) bringt uns zu dem Problem, nach wechlen Regeln wir
überhaupt Diskussionsregeln auswählen, bewerten sollen.
Kann man meinen Gedanken nachvollziehen oder schreibe ich Unsinn?
Gruß
Rat.
Am 15.04.2018 um 16:32 schrieb waldemar hammel via Philweb:
/wh: Diesel und Abgase…/
/das wider-alle-gesetze schmierestehen der politik für die autoindustrie
ist ganz offensichtlich, //geradezu dreist öffentlich sichtbar, /
---
Das ist seit langem wieder mal ein typisch erfrischender, wenngleich an
Fatalismus grenzender Rundumschlag gegen …, nun eigentlich gegen uns
alle. Fahren wir nicht (nahezu) alle mit Kraftfahrzeugen (egal, ob
selbst- oder mitfahrend), mit sonstig öffentlichen von
Verbrennungsmaschinen angetriebenen Verkehrsmitteln usw.? Heizen wir
nicht alle unsere Häuser und Wohnungen mit fossilen Brennstoffen,
verbrennen Holz in Öfen aller Art? Fliegen - zu welchem Anlass auch
immer - um den Erdball und sog. zeitgenötigt sogar im Inland?
Menschliches Bedürfnis, durchaus auch Notwendigkeit von Ortsveränderung,
was sich mit der Erlangung automobiler Fähigkeit durch die Erfindung des
Kraftfahrzeugs, mittlerweile in schier unbegrenzten Mobilitäts-Strömen
darstellt, ist wesentlicher, offensichtlich unverzichtbarer Teil unserer
Arbeits- und Lebenswelt geworden. Unverzichtbar und irreversibel vor
allem für jene Teile der Bevölkerung, die nachweislich zum
wirtschaftlichen und damit gesellschaftlichen Wohlstand Deutschlands
beitragen. Ob man es (sich) eingestehen will oder nicht:
Gesellschaftliche Wertschöpfung und Lebensqualität nahezu in allen
sozial-ökonomischen Bereichen individueller wie kollektiver
Lebensführung (Medizin-Gesundheits-Gemeinwesen, Dienstleistung, Wohnen,
Freizeit etc.) erfordern es, mit den Mechanismen einer Hochtechnologie
zu leben, zu deren aktiver Gestaltung und Umsetzung eine
dementsprechende Innovationsdynamik unumgänglich ist.
Schlüsseltechnologie Deutschlands ist nun einmal Maschinen-, Anlagenbau
und Automobiltechnik. Allen voran natürlich der Automobilbau, der 1886
mit dem „Benz Patent-Motorwagen“ von Carl Benz seinen Anfang nahm und
als heutiger Industriezweig Deutschland zum viertgrößten
Kraftfahrzeugproduzenten der Welt werden ließ. Darauf muss man natürlich
nicht stolz sein, vor allem, wenn man sich zu den Technik-Verweigerern
zählt. Dennoch ist die Automobilindustrie, als primäres Exportgut, das
Zugpferd der hiesigen Wirtschaft und beschäftigt nahezu eine Million
Personen (u.a. aus den Sparten Maschinenbau, Metallverarbeitung, der
Textil- und chemischen Industrie) mit durchwegs hohem
Qualifikationsprofil, was dementsprechende Einkommen und damit eben auch
entscheidende Steuereinkünfte des Staates mit sich bringt. Diese
Menschen sichern also einen erheblichen Teil des sozialen Wohlstands und
damit vor allem die soziale Absicherung einkommensloser
Bevölkerungsschichten. Als Impulsgeber für andere Wirtschaftszweige ist
diese Branche zudem Garant für eine vergleichsweise geringe
Arbeitslosenzahl unserer Volkswirtschaft. Die in diesem Zusammenhang
stehende Innovationsdynamik prägt selbstredend unsere
industriell-technologische Gesellschaftsstruktur, wie sie sich für unser
Land nun einmal herausgebildet hat. Sie ist unumwunden Grundlage und
Motor für einen materiellen Reichtum, mit dem führende PolitikerInnen
unser Land geradzu als ein reiches Land und im gleichen Atemzug zur
weltweiten „Hilfsorganisation“ erklären.
Als „Land der Dichter und Denker“ können wir keine Rolle im Welttheater
spielen; diese Rolle haben wir auch faktisch nie gespielt, sieht man von
weltweit eingerichteten Goethe-Instituten ab.
Apropos Goethe. Seine Beschreibung seinerzeitiger Gegenwartsliteratur
lässt mich demgemäß an heutige „Schreibkunst“ der Alltagspresse denken:
/„...eine Welt entweder als blauen Dunst oder als Lazarett“/.
So wird also die Autoindustrie (wie üblich, ohne Kenntnis deren
intrinsicher Struktur) ins „Lazarett“ befördert, quasi krank
geschrieben. Man sägt den Ast ab, auf dem man sitzt; dummerweise, ohne
sich vorher auf einen anderen zu begeben. Dabei waren und sind es wir
selbst, wir alle als Gesellschaft, die mit dem Bedürfnis nach
individueller, unabhängiger und hinreichend bedürfnisgerechter
Fortbewegung auch die Notwendigkeit automobilen Transports im Verlauf
der industriellen Entwicklung und damit das heutige Verkehrsdilemma
herbeigeführt haben.
Diesbezüglich hat politische Einflussnahme nichts mit ungesetzlichem
„Schmierestehen der Politik für die Autoindurstrie“ zu tun.
Es wirkt verstörend, wenn ausgerechnet von jener Seite destruktive
Kritik am Wirtschaftssystem Deutschlands (und damit vornehmlich an der
Automobilindustrie) geübt wird, von der keinerlei substantielle Beiträge
zum materiellen Wohlstand, eben infolge dieser Wirtschaftsleistung,
erbracht werden. Vornehmlich also aus Kreisen nichttechnischer
Berufsgruppen, wo (ausgerechnet) mithilfe der hochtechnisierten
Medienwelt die technologische Wirtschaftsstruktur Deutschlands in
kritikastischer Manier schlecht geredet wird. Doch solche Kritik nebst
den Appellen „Zurück zur Natur“ werden nicht hilfreich und noch weniger
glaubhaft sein, solange dieses Lamento von jener Klientel gejault wird,
das mit gramer Mine zwischen Regalen von Grünläden umher schleicht, auf
der Suche nach dem ulitmativ veganen Produkt, um sich noch ein paar
Jährchen Lebensverlängerung zu erkaufen. Lässt diese Art doch sehr an
Nietzsches Katholitken-Kritik denken: „sie sehen alle so wenig erlöst
aus...“
Dass dieses Zeug (aus aller Herren Länder) aber ebenso mit
tonnenschweren dieselbetriebenen LKW durch das Land, eben zu diesen
Läden gekarrt wird, auf deren Kundenparkplätzen man zuhauf schwere
Diesel-SUV zu Gesicht bekommt!? Was soll‘s: der Zweck heiligt die
Mittel. Man könnte meinen, die Pfaffen-Doppelmoral und das
Gesinnungsdiktat vergangener Zeiten würde hier geradewegs wieder erwachen.
Perspektivisch sind sozio-ökonomische Konsequenzen eines anhaltenden
technologischen Fortschritts qualitativ wie quantitativ nur sehr schwer
abschätzbar. Deutschland würde jedoch zweifelfrei ohne die
Weiterentwicklung hochtechnologischer Produkte und Systeme seine
internationale Wettbewerbsfähigkeit und damit sein entscheidendes
Marktpotenzial verlieren. In Konsequenz daraus würden wir dann als ein
Land ohne eigene Bodenschätze bisherige Lebensqualitäten und
-gewohnheiten in ungeahntem Ausmaß einzubüßen haben. Sei‘s drum: Ein
paar grüne Läden wird‘s wohl noch geben, wo sich buntstift-dürre Wesen
um vegane Produkte - produced in china – raufen.
Soweit zu diesem Aspekt: Alternativloses Sägen am Ast, auf dem man (nun
mal) sitzt, soweit zur /"schnöden Realität"/!
Politik sollte natürlich steuern, Impulse geben. Tut sie auch,
allerdings - diversen sog. Sachzwängen ausgesetzt - unzureichend und
zudem offensichtlich paralysiert von einer geradewegs durch sie selbst,
über eine zur Unerträglichkeit gesteigerte Medienpräsenz
(Polit-Talkrunden im ÖR-FS, Facebook, Twitter und so fort) ausgelösten
Polarisierung der Gesellschaft, wie es am Beispiel der USA zum Extrem
gesteigert ist.
Um nun - mit Goethes Worten - nicht blauen Dunst zu verbreiten, möchte
ich mitnichten in den Tenor alternativ-politischer Weltenträumer
einfallen, die das Leitbild einer heilen, international
wettbewerbsfähigen, umwelt- und sozialverträglichen (Grün-)Wirtschaft
zeichnen. Die Welt ist nicht heil und wird es auf absehbare Zeit
(wahrscheinlich auf immer) nicht sein. Eher in diesem Sinne:
/[…] Und keinen Tag soll man verpassen,/
/Das Mögliche soll der Entschluß/
/Beherzt sogleich bei'm Schopfe fassen,/
/Er will es dann nicht fahren lassen,/
/Und wirket weiter, weil er muß./
/Ihr wißt auf unsern deutschen Bühnen/
/Probirt ein jeder was er mag;/
/Drum schonet mir an diesem Tag/
/Prospecte nicht und nicht Maschinen./
/Gebraucht das groß' und kleine Himmelslicht,/
/Die Sterne dürfet ihr verschwenden;/
/An Wasser, Feuer, Felsenwänden,/
/An Thier und Vögeln fehlt es nicht./
/So schreitet in dem engen Breterhaus/
/Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,/
/Und wandelt mit bedächt'ger Schnelle/
/Vom Himmel durch die Welt zur Hölle./
(aus Goethes Faust)
Hierzu kann nur noch Nietzsche Trost spenden: "Die Wahrheit ist
hässlich: wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrunde
gehen“ (Fragmente).
Also lasst uns der Kunst hold sein, wenn‘s sein soll der Kunst zu
philosophieren.
Bester Gruß an Dich und in die Runde!
Karl
PS: In Anlehnung an Nietzsche: Wir haben den Verstand und hoffentlich
die Vernunft, um nicht an der Wirklichkeit zugrunde zu gehen. Will
heißen: ich bin optimistisch und denke, dass hinreichend umfassendes
Verständnis der Zusammenhänge von Technologie, Wirtschaft, Finanzwesen
und (natürlich auch) Politik zu einer allgemein anerkannten ökologischen
Begrenzung unsinnigen Wachstums führen kann. Dass also in diesen Grenzen
ein umweltverträgliches, qualitatives wirtschaftliches Wachstum
stattfinden kann und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts
Deutschland sowie weiterhin ein lebenswertes Gemeinwesen erhalten wird.
Was ermuntert zu diesem Optimismus? Noch einmal Goethe:
/"Junge Leute werden viel zu früh aufgeregt und dann im Zeitstrudel
fortgerissen; Reichtum und Schnelligkeit ist was die Welt bewundert und
wonach jeder strebt. Eisenbahnen, Schnellposten, Dampfschiffe und alle
mögliche Fazilitäten der Kommunikation sind es worauf die gebildete Welt
ausgeht, sich zu überbieten, zu überbilden und dadurch in
Mittelmäßigkeit zu verharren." (Brief an Zelter)/
Hat sich etwas geändert seit fast 200 Jahren?
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hier nochmal die Mail von Waldemar für alle in der Liste, die sein
"mime-attachment" nicht unmittelbar lesen können:
hallo,
vielleicht zu untigen verkomplizierungen einmal ein kurzer abstecher in
die schnöde realität ?
diesel-sache, abgase usw:
das wider-alle-gesetze schmierestehen der politik für die autoindustrie
ist ganz offensichtlich,
geradezu dreist öffentlich sichtbar,
und auch daran denken, dass die autoindustrie schon historisch stets mit
der
rüstungsindustrie verknüpft ist,
auch diese herrscht per lobbies in berlin,
und D spielt in beiden sparten exportweltmeister ...
kybernetisch all sowas schlicht falsche, schädliche, irrsinnige
rückkopplungen im system,
die an sich spezifiziert werden müssten, deklariert, und dann möglichst
unschädlich gestoppt/ abgeschafft werden müssten
ist analog mit "sytemrelevanten banken" = diese bezeichung SAGT sogar
ganz offen,
dass solche banken das system dominieren,
die politik also "den löffel abgegeben hat" = die steuerung liegt bei
solchen banken, und nicht mehr bei der politik,
eine krass-falsche rückkopplung ! zudem die angebliche demokratie in
solchen bereichen auf null,
und da diese dominanten bereiche flächendeckend überlappen, ist die
gesamte angebliche demokratie eine farce ...
deshalb kann man sich zb "wählen gehen", egal wen und was, sparen, ist
schlicht unsinnig,
beschäftigungstherapie für unbelehrbar "gläubige",
denn man kann nur politik wählen,
diese aber hat die system-kontrolle -selbst-eingestanden- längst verloren,
weil "systemrelevante" industrien/banken/mafias/syndikate/oligarchien
das system dominieren,
die nicht zur disposition stehen = nicht wählbar oder abwählbar sind
aus kybernetischer sicht lohnt es nicht, sich über solche systeme den
kopf zu zerbrechen,
denn es sind "unheilbare kranke" = pathologisch-verformte systeme, die
von den profiteuren der entartungen
notfalls mit gewalt verteidigt würden,
die bestehenden höchst asymmetrischen gesetze sind die "friedliche
gewalt" solche systeme gegen alle möglichen widerstände
"legalisch" aufrecht zu erhalten, hinter diesem layer steht dann
allerdings direkt GEWALT, militär, notstandsgesetze ...
ist doch auch klar:
wenn "der staat" das gewalt-monopol hat,
dieser staat aber von "systemrelevanten lobbies" parasitiert ist,
bedeutet dies, dass realerweise eben diese lobbies das gewaltmonopol
haben ...
deutschland eine demokratie?
anfängerkurs applied cybernetics = D leider keine demokratie,
ODER der begriff "demokratie" ist neu belegt (hat andere konnotationen
als konventionell gewesen)
grüße, w.h.