> Am Mo., 16. Sept. 2019 um 17:44 Uhr schrieb Claus Zimmermann
> <mail(a)clauszimmermann.de>:
> > Zeichenregeln sind unsere Konstrukte und können geändert werden. Daß
> > ein Satz nicht gleichzeitig im gleichen Sinn wahr und falsch sein
darf, ist aber eine
> > so fundamentale Regel, daß wir diese Diskussion abbrechen müssten,
wenn
> > wir uns nicht mehr daran hielten, denn wir könnten dann keine Aussagen
> > mehr machen, also Sätze äussern, die wahr oder falsch, aber nicht
beides
> > gleichzeitig im gleichen Sinn sind.
>
> Das sehe ich nicht so. Die Aussage, "es gibt Sätze, die zugleich
> beides sind, wahr und falsch", impliziert keineswegs, dass ALLE Sätze
> zugleich wahr und falsch sind.
>
> Dein Einwand würde nur dann zutreffen, wenn man davon ausgehen würde,
> dass dem so wäre.
Die Verwendung von Zeichen, denen wir ihre Bedeutung nicht ansehen, muss
mit Zeichenerklärungen anfangen. Diese gelten in der Regel im Gegensatz
zu Erfahrungssätzen unbedingt und ausnahmslos und das ist kein Problem,
weil wir mit ihnen ja nichts behaupten, sondern etwas bestimmen. Wenn du
also Ausnahmen von der Definition der Verneinung und der Zuschreibung
von Wahrheitswerten zulassen möchtest, zeigt das, daß du die Definition
aufgegeben hast oder auf bestimmte Gegenstandsbereiche einschränken
möchtest.
>
> Die Frage, ob etwas eine "Zeichenregel" oder ein Axiom ist, ist ein
> Stück weit willkürlich. Es gibt logische Kalküle, in denen es
> überhaupt keine Axiome gibt und andere, in denen es diese sehr wohl
> gibt. Es wäre wohl sinnvoller, von "Prinzipien" zu reden, die dem
> Systemen zugrunde liegen oder nicht. In der Tat scheinen mir die
> "Relevanzlogiken" aber komplizierter als die klassischen Logik, was
> wohl auch der Grund gewesen sein wird, aus denen diesen historisch der
> Vorzug gegeben wurde.
> Das ist natürlich nur ein subjektiver Eindruck, ein mathematisch
> gebildeter Leser wird wohl mehr dazu beitragen können, die Logik
> befindet sich ja in diesen interessanten Grenzgebiet.
>
Wie du weißt, verstehe ich kaum etwas von formaler Logik und ich sage
das nicht, um in einen Bescheidenheitswettbewerb einzutreten, sondern um
nicht als Hochstapler am PhilWeb-Pranger zu enden.
Nach meinem Verständnis oder Missverständnis ist ein Axiom ein Ausdruck,
der eine Beziehung zwischen Zeichen herstellt und erlaubt. Ähnlich wie
die meisten umgangssprachlichen Definitionen, die die Ersetzung von
Zeichen durch ein anderes Zeichen erlauben. Ich würde in beiden Fällen
von Zeichenregeln reden. Mir ist gar nicht bewusst, womit ich Anlass zu
der Vermutung gegeben haben könnte, daß ich das anders sehe.
> > Wie soll eine Zeichenregel durch Tatsachen bestätigt oder
widerlegt werden?
>
> Ganz positivistisch: Sie eignet sich, die Beobachtungen auf
> ökonomische Weise zu erklären oder sie eignet sich nicht dazu. Im
> Falle der
> Alltagsbeobachtungen ist ja jedem klar, dass man mit dem
> Widerspruchssatz sehr weit kommt.
> Nur sobald solche vergleichsweise exotischen Dinge wie
> "Selbstbezüglichkeit", Grenzbildung usw. hinzukommen.
>
Du scheinst hier nicht von der Geltung der Regel (siehe oben) zu reden,
sondern von ihrer Brauchbarkeit.
> Das Selbstbewusstsein könnte in der Tat ein Fall von
> Selbstbezüglichkeit sein. Wie "Dieser Satz hier ist falsch". Hier
> denkt das
> Ich über sich selbst nach und muss erkennen, dass weder die Gedanken,
> noch die Sinne,
> noch sonst etwas dieses "Ich" sind. Jede Einzelne Zelle, vielleicht
jede Neurone
> ist verzichtbar und dennoch hat das gesamte eine unbestreitbare
> Identität. Zumindest in dem
> Sinne, dass diese Identität erlebt wird.
>
"Ich" gehört zu den Worten, bei denen Vorsicht geboten ist.
Personalpronomina ermöglichen Unterhaltungen, ohne daß man sich erst
vorstellen muß und sind vielleicht auch noch zu anderen Dingen gut, die
mir gerade nicht einfallen. Aber "das Ich" und "dieses Ich" kommen mir
nicht sinnvoller vor als "der er" oder "die sie".
> > > Als Beispiel für einige Dinge, bei denen das der Fall sein könnte:
> > > "Der Satz ist falsch", Selbstbewusstsein und Ich-Identität,
> > > Willensfreiheit als eng verwandtes Problem und vielleicht sowas wie
> > > das Doppelspaltexperiment. Grade in Bezug auf die Willensfreiheit
> > > glaube ich, dass dieser Gedanke durchaus fruchtbar sein kann.
> >
> > Zu "Der Satz, den du gerade vor Augen hast, ist falsch": Er ist durch
> > die Selbstbezüglichkeit so konstruiert, daß er wahr ist, wenn er
falsch
> > ist und falsch, wenn er wahr ist. Er ist also in jedem Fall sowohl
wahr
> > als auch falsch. Das ist aber in unserer üblichen Ausdrucksweise,
an die
> > wir uns auch jetzt gerade halten, ein Formfehler. Ein Satz kann unter
> > der Bedingung der Falschheit eines anderen wahr sein. Dann muß es sich
> > aber um zwei verschiedene Sätze handeln. Mit Tatsachen hat das nur
> > insoweit etwas zu tun, als es sich um "sprachliche Tatsachen" handelt.
>
> Man kann solche Paradoxien auch ohne direkte Selbstbezüglichkeiten
> konstruieren. Das nennt man einen Quine, nach dem bekannten
> Philosophen beannnt.
>
> > Nicht viel sinnvoller kommt mir übrigens "der Satz, den du gerade vor
> > Augen hast, ist wahr", vor. Mit anderen Worten: er ist wahr, wenn er
> > wahr ist und falsch, wenn er falsch ist. Danke für die
Information, kann
> > ich da nur sagen.
>
> Auch hier gibt es Sätze, in der Tat in der Logik untersucht worden sind.
> Ein Satz, der einfach stumpf seine eigene Wahrheit aussagt, ist im
> Grunde nur eine Wahrheitstabelle, sagt jedenfalls die
> Intuition. Es gibt aber interessante Fälle, wie etwa das Curry-Paradoxon:
> > https://de.wikipedia.org/wiki/Currys_Paradoxon
>
> Sorry wegen Wikipedia. Ich habe keine bessere Quelle zur Hand. Es kann
> ja jeder selbst suchen.
Currys Paradoxon wird bei Wikipedia auch als selbstbezüglich bezeichnet.
Gegen Selbstbezüglichkeit ist ja grundsätzlich nichts einzuwenden. Man
tritt dabei quasi in einer Doppelrolle auf, als einer, der etwas sagt
und einer, über den etwas gesagt wird. Und der Haken scheint mir zu
sein, daß man aufpassen muss, daß man sich nicht in Worten oder Taten
selbst widerspricht, ohne es zu bemerken. Aussagen die unproblematisch
sind, wenn sie über andere gemacht werden, könnten so problematisch
werden, wenn man sie über sich selbst macht.
>
> > Zum "Selbstbewusstsein": Dieses Wort hat unproblematische
Facetten, die
> > auch philosophisch uninteressant sind oder man versteht darunter
> > vielleicht das Bewusstsein der eigenen Existenz als einer der wenigen
> > Tatsachen, an der kein Zweifel möglich ist. Wenn man genauer hinsieht,
> > scheint sich das "ich existiere" aber in Luft aufzulösen.
>
> Das Problem ist doch ein anderes. Dieses Ich scheint aus lauter
> "Nicht-Ichs" zu bestehen.
> Eine einzelne Erinnerung kann falsch sein, das hebt die Identität
> eines Menschen nicht auf, eine Einzelne
> Lernerfahrung ebenfalls. Wie weit dürfen wir dieses Gedankenexperiment
> treiben, bis wir aufs Absurde stoßen?
>
Wie gesagt: "Ich" kann ich immer noch sagen, wenn ich alles vergessen
habe und nicht mehr weiß, wer ich bin.
> > Ich würde auch einsehen,
> > daß Sätze des Typs "das und das ist so und so" unter diesen Umständen
> > eventuell unpraktisch sind.
>
> Das kann man so sehen. In der Tat handelt es sich um nicht mehr als
> eine Frage der Interpretation. Weitere Klärung
> wäre hier nur durch komplexere Fragestellungen zu erwarten.
>
> > Im ersten Fall folgen wir definitionsgemäß immer dem stärksten Motiv,
> > denn das ist ja das, dem wir folgen. Mit Determinismus hat das aber
> > natürlich nichts zu tun. Die Definition ermöglicht ja keine
Vorhersagen,
> > sondern wir müsse abwarten, was die Person tun wird.
>
> Der Fall ist nicht ganz so einfach, glaube ich. Was ist mit Fällen, in
> denen wir z. B. annehmen, das eine Person unter dem Einfluss schwerer
> Krankheit, Gift oder Falschinformationen gehandelt hat. Was ist mir
> Reflexhandlungen?
>
Aber natürlich haben Motive etwas mit unseren Handlungen zu tun. Das
macht sie ja zu Motiven. Es gibt sicher Motive, denen nicht nachzugeben
fast übermenschliche Kräfte erfordern würde.
Einen Reflex würde ich nicht unbedingt als Handlung bezeichnen, aber
streiten wir uns nicht um Worte. Da macht die Körpermaschine quasi was
sie will.
Natürlich haben auch unser Geisteszustand und unser Informationsstand
etwas mit unseren Handlungen zu tun. Das ist doch überhaupt keine Frage.
Alles was ich gesagt habe, war:
Wenn wir uns so ausdrücken, daß wir als stärkstes Motiv dasjenige
bezeichnen, dem wir am Ende folgen, macht es keinen Sinn zu sagen "wir
folgen immer dem stärksten Motiv wie ein Sklave seinem Herrn". Denn das
bedeutet dann nichts anderes als "wir folgen immer dem Motiv, dem wir
folgen".
Wenn wir dagegen sehen, daß jemand leidet oder Hirnströme messen, können
wir zwar vielleicht sagen, daß großer, vielleicht fast unwiderstehlicher
Handlungsdruck besteht, aber nicht mit Sicherheit, was der Mensch
letztlich tun wird.
> Was jemand so oder so tun musste, das ist eine moralisch nicht zu
> verantwortende Handlung, ethnisch neutral.
>
> > Mir scheint es ja weder bei seelischen, noch bei physikalischen
> > Vorgängen sinnvoll zu sein, zu sagen "es musste so kommen, alles
andere
> > ist undenkbar".
>
> Das ist in der Tat eine Aussage, auf die ich nicht antworten kann.
> Eventuell hast du gewonnen.
Ich wirke hoffentlich nicht so, als ob ich das hier als eine Art
Fingerhakeln betrachten würde.
Claus
Ich glaube, in dieser Liste gibt es eigentlich kein aktuelleres Thema.
Die Lust, sich nicht mehr länger zu irgendwelchen Themen zu äußern.
Die meisten Leute dürften das Gefühl in erster Linie im privaten
Rahmen kennen, wenn sich die Gespräche im Grunde nur wiederholen und
keine Reaktion eintritt. Dennoch scheint es mir zumindest potenziell
auch ein gesellschaftliches Problem zu sein.
Irgendwie bemächtigt sich mir dieses Gefühl zunehmend auch in anderen
Zusammenhängen. Wenn ich darüber nachdenke, mich hinzusetzen und etwas
längeres zu Papier (zu Bildschirm) zu bringen, dann spürt man eine
gewisse Hemmung. Ist nicht schon alles gesagt worden? Was kann man
selbst noch neues beitragen?
An wen soll man sich überhaupt richten, ist es nicht so, dass das
Publikum meist weder bereit ist, zuzuhören, noch überhaupt überzeugbar
ist? Wobei man natürlich selbst immer die Schönheit, die Wahrheit und
das Gute schlechthin verteidigen will.
Ein weiterer Grund ist sichtbar, wenn man sich ansieht, wer so die
öffentliche Meinung dominiert. Das sind meist nicht die
intelligentesten oder berechtigsten Meinungsäußerungen.
Was denkt ihr über die Lust am Schweigen?
Ist es eher kindlicher Trotz oder eine nachvollziehbare Reaktion auf
den Zustand der Welt?
transmitted from iPad-Client
>
> Hi Karl,
>
> aus meiner Zeit bei DESY erinnere ich, dass Heims Reproduktion des Teilchenspektrums Thema der Mensagespräche war. Das interessierte auch die Experimentatoren, wurde aber als Kuriosität nicht weiterverfolgt.
Ja super! Da warst Du bei denen, die Heims Theorie „zumindest“ soweit verstanden haben, dass man dort versucht hat, seine komplexen mathematischen „Konstrukte“ programmtechnisch zu verarbeiten. Heims „Schicksal“, seine herausragenden Arbeiten als Kuriosität bzw. CLM (Karriere verhindernde Beschäftigung mit derartiger Kuriosität) gewertet zu sehen, wurde ja auch Oskar Klein zuteil. Zumindest solange, bis die KK-Theorie im Kontext der Stringtheorie wieder aufgegriffen wurde.
> Denn je reichhaltiger die mathematische Struktur, desto mehr lässt sich daraus folgern. Im Rahmen der E8 wurde ja bereits „An Exceptionally Simple Theory of Everything“ formuliert:
>
> https://arxiv.org/abs/0711.0770
Danke für den Link! Bin dabei es zu lesen.
> Noch reichhaltigere mathematische Strukturen bieten Raum für die SciFi über die Superstringtheorie hinaus. Aber das bleibt eine Spielweise für Spezialisten wie Phantasten. Warten wir mal ab, ob sich zumindest die Randallschen KK-Teilchen in den nächsten Jahren werden nachweisen lassen.
Vor einiger Zeit hatte ich mich mit Lisa‘s Theorie beschäftigt.
Mir ist die „Signalübertragung“ (Informationsaustausch) mittels Kaluza-Klein-particles nicht eingängig, da sie angeblich nicht interagieren. Hast Du diesbezügliche Kenntnis?
Dass man KK-Teilchen eines Tages nachweisen kann (High energy colliders) bleibt abzuwarten. Randall glaubt wohl daran.
> Ohne materielle Basis schießen die Spekulationen leicht ins Kraut. Das war schon bei Ostwald und später auch bei Bohm der Fall. Wenn Mathe die Poesie des Universums ist, dann ist Physik der vergleichsweise schnöde Alltag.
>
>> In Anlehnung an "scientia forma animae" gehe ich davon aus (scientia im weiteren Sinn als zu Wissen gewordene Information annehmend), dass eben dieses "Wissen um" (die Dinge) mein Bewusstsein prägt und erweitert. Information und Bewusstsein sehe ich als intraagierende Elemente eines immateriellen höherdimensionalen Raumes (vermutlich kann man das gar nicht - so mal eben - verständlich ausdrücken).
>
> Hirnphysiologisch naheliegend ist zunächst die Annahme, dass mit dem Neocortex auch unser Bewusstsein gleichsam aus den Sinnen erwuchs. Sinnlichkeit und Sinngehalt im Bewusstsein entsprechen den Geno- und Phänotypen im Informationsraum. Das Wissen darum scheint mir erst danach zu kommen, auf der ersten Metaebene.
>
> Es grüßt,
>
> Ingo
>
Von meinem iPhone gesendet
> Am 08.09.2019 um 14:05 schrieb waldemar_hammel <waha3103x(a)googlemail.com>:
>
>
>
>> Am 07.09.2019 um 21:15 schrieb Rat Frag via Philweb:
>>> Am Mi., 4. Sept. 2019 um 02:40 Uhr schrieb K. Janssen via Philweb:
>>> Individuelles Bewusstsein als beständig (zumeist unbewusst)
>>> interagierender Teil (InFORMation tauschend und verarbeitendes
>>> Subsystem) eines unteilbar Ganzen, gewissermaßen universellen
>>> Bewusstseins (Informationsfeld).
>> Das ist gar nicht mal so exotisch.
>> So ein Verständnis hatte z. B. Schrödinger in "Was ist Leben" als er
>> davon schrieb, dass Bewusstsein nur in Singular existieren kann...
>>
>
>
Möchte mich kurz hier einklinken, da derzeit nur sehr eingeschränkt online.
Schrödingers „Was ist Leben“ hatte ich vor einiger Zeit gelesen. Womöglich ist da etwas „hängen geblieben“. Grundsätzlich bin ich aber auch Schrödingers Weltsicht zugetan.
> es ist nichts geheimnisvolles am bewusstsein = am bewusstsein seiner selbst ...
>
...
Geheimnisvoll ist da auch nichts, lediglich einer eineindeutigen Definition dieses Begriffs entzieht sich Bewusstsein auf eine uns bislang „geheimnisvolle Weise“
> schon eine fliege weiß um ihren körper bescheid, sonst könnte sie sich zb nicht putzen
Wenn die einer Fliege eingeborene, autonom ablaufende Funktion der Körperpflege als Erklärung für (Selbst)Bewusstsein dienen soll, würde ich diese als sehr dürftig, schlichtweg als nicht hinreichend werten.
>
> alle selbst-referenten systeme, das sind solche, die aufgrund autopoiesen sind - tote systeme und lebende,
> benötigen ein bewusstsein ihrer selbst, zb wo ihre körperlichen/ mechanischen grenzen sind,
>
> das immunsystem bildet die grenzfläche zwischen "ich" und "umwelt",
> ich + immunfunktionen | aussenwelt
> körperlich bei lebenden selbstreferenten systemen zb haut und anhänge,
> psychisch die verschiedenen "ich"-instanzen, die ua. ein bewusstsein seiner selbst konstituieren
>
> jedes selbst-referente system braucht/ hat aus bio-kybernetisch-technischen gründen ein immunsysten,
> und somit auch ein bewusstsein seiner selbst,
> sonst wäre es als selbstreferentes system nicht existenzfähig/ überlebensfähig
>
> insbesondere lebende systeme sind autopoietisch selbstreferente par excellence, also haben sie ein (individuelles) bewusstsein ihrer selbst,
> so what ?
Alles verständlich und - wie immer -lehrreich für mich erläutert.
> (das geheimnis ist keines, wir brauchen keine "teilhabe an einem universalen bewusstein" usw !)
Wie gesagt. Ich sehe nichts Geheimnisvolles bei meiner Vorstellung von Bewusstsein. Jedoch bin ich überzeugt davon, dass mein Bewusstsein (interaktiv sich vollziehende) Teilhabe hat an einem „universalen Bewusstsein“, als einem von mir angenommenen „Informationsraum“ in einer uns (körperlich-sinnlich) unzugänglichen Dimension. Ob ich es brauche oder nicht.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
>
> gruß in die runde,
> wh.
>
> ---
> Diese E-Mail wurde von Avast Antivirus-Software auf Viren geprüft.
> https://www.avast.com/antivirus
>
Am 05.09.2019 um 02:23 schrieb K. Janssen:
>
> Vorausgesetzt wir sind uns einig, was Du unter "natur" verstehst und
> auch ich damit verbinde, etwa Tersteegens "große Ewigkeit"; dann würde
> "völlig ungeordnet" maximale Entropie und damit Stillstand (Wärmetod)
> bedeuten und es könnte in dieser "Dimension" nichts mehr ablaufen. Mit
> letzterem hätte ich kein Problem, würde diese zeitlose, ewige
> "Alltnatur" einem unbewegten Beweger zuschreiben wollen. Wollte man
> diesen Beweger Gott nennen, so wird klar, dass es an solcher Entität
> mit eben göttlichen Attributen per Defininition nichts mehr zu
> verändern gibt. Gott ist tot, möchte man mit Nietzsche sagen; doch was
> heißt schon "tot"!? Meiner (augenblicklichen) Sichtweise entsprechend
> ist diese "göttliche Sphäre" ein informationstragender Hyperraum
> höchstmöglicher Dimension.
>
schon die permanente ausdehnung des weltalls verhindert, dass es jemals
ins stahlungsgleichwicht kommt und damit in den "wärmetod".
wir sind nicht -nach- einer schöpfung, sondern wir sind mitten drin, in
erster reihe, wenn man so sagen will, mit dabei.
in erster reihe, weil wir wie alles leben, das mittlerweile im weltall
an allen ecken begonnen hat, prototypen sind.
und prototypen sind alles jetzige leben im all deshalb, weil jetzt erst,
nach ca 13,7 milliarden jahren, alle chemischen elemente erbrütet sind
und weltallweit so verteilt sind,
dass wir die eigene und andere galaxien in suppen von
kohlenwasserstoffen und aminosäuren driften sehen.
>
> Eine geniale Schöpfungsidee! Die Energie, um unsere hinreichend
> geordnete Natur (als raumzeitlicher Energie/Lebensraum) erleben zu
> dürfen/müssen wird "frei Haus" angeliefert und wird uns sogar (sobald
> wir Menschlein die Bedingungen/Möglichkeiten unserer Existenz
> verstanden haben) das Sonnenzeitalter bescheren. Nur nicht auf alle
> Zeit! "thermodynamics - stupid!"
>
>
ein gott ist dabei entbehrlich, wenn man aber einen will, so ist die
richtige aussageweise:
er ist UND er ist nicht .
gruß in die runde
wh.
---
Diese E-Mail wurde von Avast Antivirus-Software auf Viren geprüft.
https://www.avast.com/antivirus
> das bewusstsein unserer selbst - unser selbstbewusstsein,
> gehört zur psychischen komponente unseres immunsystems,
> das, wie bei allen selbst-referenten systemen (bio-technisch) notwendig ist.
>
> deshalb haben sehr junge menschen noch kein bewusstsein ihrer selbst,
> und alle lebewesen, die erwachsen werden, ALLE, erhalten ein solches bewusstsein ihrer selbst (in jeweils lebenwesen-spezifischen formen).
>
> wir müssen also davon ausgehen, das ALLES was lebt, auch mit selbstbewusstsein in jeweils spezifischer form begabt ist !
Hi Waldemar,
wo finde ich denn Details zu Deinen Thesen? Kannst Du ein Lehrbuch zur Psychoneuroimmunologie empfehlen? Ich sehe die typischen Antigen/Antikörper-Reaktionen eher im lebenstypischen Informationsraum angesiedelt. Naheliegender scheint mir das Selbstbewusstsein durch unsere Sinnesleistungen hinsichtlich der Sinngehalte vermittelt.
Es grüßt,
Ingo
transmitted from iPad-Client
>
>> Am 04.09.2019 um 22:13 schrieb Ingo Tessmann:
>> Soweit ich weiß, kommen Informationsfelder in Lehrbüchern zur Quantenfeldtheorie nicht vor. Worauf beziehst Du Dich?
>
> Kommen tatsächlich dort nicht vor! Noch nicht! Worauf ich mich dabei beziehe, sind Ausarbeitungen des Physikers Burkhard Heim, der ebenso wie Bohm & Co für CLM (carrier limiting move) stand. Während man da und dort Bohm zu verstehen glaubte und seine Theorie (implizite Ordnung etc.) zu interpretieren lernte, war dies für B. Heims Theorien (einheitliche strukturelle Quantenfeldtheorie der Materie und Gravitation) unmöglich. Die dahinter stehende Mathematik ist derart kompliziert, dass sie lange Zeit keiner wissenschaftlichen Validierung unterzogen wurde. Das hat sich mittlerweile geändert. Ausgerechnet am Max Planck Institut Potsdam, seinem Geburtsort beschäftigt man sich mit Symmetrietransformation (z.B. E10-Symmetrie), hat dort entsprechende Verfahren in der Handhabung diesbezüglich komplexer Mathematik entwickelt. Heim hat durch (mathem.) Verknüpfung von Symmetrien und Thermodynamik u.a. einen sechsdimensionalen Energieraum in einen zwölfdimensionalen Hyperraum (Informationsraum) "eingebaut".
> Heims Buch "Strukturen der physikalischen Welt und ihrer nichtmateriellen Seite" (Resch Verlag Innsbruck 2007) steht bei mir seit Jahren im Regal. Seinen Denkansatz glaube ich prinzipiell verstanden zu haben, sein mathem. Formalwerk auf 150 Seiten definitiv nicht.
>
>
>
>> Für den Fall der elektromagnetischen Wechselwirkung ist neben der Quantenelektrodynamik auch eine realistische stochastische Elektrodynamik ausgearbeitet worden. Dabei ist die zu Grunde gelegte Nullpunktsenergie aber von dieser Zeit.
>>
>> Bei Manfred Eigen ist der Informationsraum ein mathematischer Raum, den er in Verbindung mit dem Verständnis von Leben eingeführt hat. Darüber hatten wir uns hier ja schon einmal ausgetauscht. Eine Rede von ihm dazu ist allgemein zugänglich:
>>
>> http://www.orden-pourlemerite.de/sites/default/files/reden/eigen1927_rede1.…
>>
>> Wilhelm Ostwald hatte sich 1895 in einer Rede für "Die Ueberwindung des wissenschaftlichen Materialismus“ ausgesprochen und stattdessen einer universellen „Energetik" das Wort geredet. Auch Manfred Eigen war physikalischer Chemiker, blieb mit seinem Anspruch beim Verständnis des Lebens mit Bezug auf einen Informationsraum aber bescheidener. Mir scheint, dass Du die „Informatik“ für ebenso universell hältst wie Ostwald seinerzeit die „Energetik“. Dabei bleibt das Bewusstsein noch außen vor oder scheint Dir der Informationsraum auch dafür angemessen?
>>
> In Anlehnung an "scientia forma animae" gehe ich davon aus (scientia im weiteren Sinn als zu Wissen gewordene Information annehmend), dass eben dieses "Wissen um" (die Dinge) mein Bewusstsein prägt und erweitert. Information und Bewusstsein sehe ich als intraagierende Elemente eines immateriellen höherdimensionalen Raumes (vermutlich kann man das gar nicht - so mal eben - verständlich ausdrücken).
>
>
>>
>> Menschen sind Stoffwechsler, Energiewandler, Informationsverarbeiter und Sinnstifter. Ist Energie eine Antwort auf die Frage nach dem Ursprung der Materie, Information eine Antwort auf die Frage nach dem Ursprung des Lebens und Sinn eine Antwort auf die Frage nach dem Ursprung des Bewusstseins?
>>
>
>
> Darüber muss ich nochmal nachdenken...Überhaupt ein brutal fesselnder Thread hier im Moment, superb!
>
> Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
>
>
Lieber Claus
richtig, "Trostlosigkeit" trifft es genau, und "Aufklärung" (auch und gerade die "philosophische") hat ja einmal zu großen Teilen genau darin bestanden, den Menschen klarzumachen, daß es für sie keinen Trost und keine Vertröstung gibt, nirgends, durch niemanden (vgl. auch die verschiedenen "Kränkungen" des Menschen, zu denen ja seit Freud noch ein paar dazugekommen sind). Selbst Kant übernimmt ja die Idee der grundlegenden "Insuffizienz" des Menschen (niemand wird je allen moralischen Anforderungen gerecht werden) und kann diesen Gedanken dann aber eben auch nur theologisch-metaphysisch ertragbar machen: genau dafür brauchen wir dann nämlich eine ewig-lebende Seele, usw.
Und womöglich waren Adam und Eva noch "unschuldig" (obwohl man z.B. schon Adam eine erste Unzufriedenheit mit dem paradiesischen status quo vorwerfen kann: warum beklagt er sich bei Gott über sein Alleinsein?), aber die Paradies-Erzählung soll ja gerade klarmachen, daß es verloren und für immer vorbei ist mit dieser Ur-Ur-Unschuld: alle Nachkommen von A & E (und das sind wir ja mal leider nun alle) tragen die Erblast der Ur-Schuld.
Und ja: die Gefahr der (Selbst-)"Vergiftung" durch ein permanentes und unbesänftigbares schlechtes Gewissen seh ich auch - aber dafür gibt es eben den "Ablaß": der geht nicht so weit, den Menschen vorzugaukeln, sie könnten sich je "ändern", es könnte je mit ihnen "wirklich gut" werden (wie es die eschatologisch inspirierten Öko- und Kommunismus-Prediger machen: "homo novus"), sondern er beschränkt sich darauf, uns im Rahmen einer uns möglichen, uns zumutbaren individuellen (!) Anstrengungs- und Opferbereitschaft eine gewisse "Auszeit" von diesem auf uns lastenden Insuffizienz-Druck und -Vorwurf zu verschaffen.
Joachim Landkammer
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Claus Zimmermann <mail(a)clauszimmermann.de>
Gesendet: Donnerstag, 22. August 2019 15:51
An: philweb(a)lists.philo.at; Landkammer, Joachim <joachim.landkammer(a)zu.de>
Betreff: Re: [Philweb] Die Lust am Schweigen
Wir sind also schuldig nicht nur, weil wir tun, was wir tun, sondern schon, weil wir sind, was wir sind, obwohl wir uns das nicht ausgesucht haben. Das ist ja noch trostloser, als es in der Bibel dargestellt wird. Adam und Eva waren doch unschuldig, oder? (Ich bin kein Theologe.) Dann übertraten sie ein Verbot. Aufgrund dieser Handlung, nicht aufgrund ihrer Beschaffenheit wurden sie aus dem Paradies ausgeschlossen. Der Schöpfer kam nicht auf die doch absurde Idee, ihnen vorzuhalten, daß und wie er sie aus dem Lehmklumpen und der Rippe erschaffen hatte, sondern der Vorwurf lautete, daß sie die Nabelschnur durchtrennt hätten und diesen Weg, auf sich selbst gestellt, jetzt auch zu Ende gehen sollten.
Gibt es unter Katholiken nicht auch andere Intuitionen als die eines schlechten Gewissens, das einen doch vergiften muss, wenn man es nicht loswerden kann, indem man sich ändert? Ich bin kein Katholik, kann aber sagen, daß es in meinem Bekanntenkreis einen Fall einer anderen Intuition gibt.
Claus
Am 22. Aug. 2019, 09:04, um 09:04, "Landkammer, Joachim via Philweb" <philweb(a)lists.philo.at> schrieb:
>[Philweb]
>Lieber Claus,
>ich versuche, auf einiges zu reagieren:
>- "Ich kann nichts dafür" ist wohl einer der gleichzeitig
>unglücklichsten und falschesten Sätze überhaupt. Jeder kann immer etwas
>"dafür". Das ist eben das (eben vielleicht nicht nur theologisch
>sinnvolle) Theorem der "Urschuld", der grundsätzlichen Verdorbenheit
>der menschlich-körperlichen Existenz. Nicht daß niemand uns gefragt
>hat, als wir in die Welt "geworfen" wurden (wie die Existentialisten
>immer jammern), sondern daß die WELT niemand gefragt hat, ist das
>Skandalon: wir werden eigentlich nicht gebraucht, wir sind nicht nur
>überflüssig, sondern: wir stören. Unser reines Dasein ist per se
>schuldbeladen. (Es gibt in Simmels Soziologie die These, daß
>Gesellschaft nur möglich ist, weil sie mit der fundamentalen
>Voraussetzung operiert, daß für jedwedes Individuum in ihr ein "Platz"
>ist; das gilt eben für die menschengemachte - und historisch:
>westlich-demokratische - Institution namens Gesellschaft, für die
>"Natur" oder für "die Welt" gilt das nicht). Es geht also um ein
>prinzipielles "schlechtes Gewissen", das gar nicht aus einer versäumten
>und je wieder gutzumachenden (Nicht-)Handlung stammt. Die ganzen
>philosophischen und literarischen Strömungen des Pessimismus und
>Nihilismus (ich lese z.B. zur Zeit gerade Giacomo Leopardi) haben diese
>urkatholische Grundintuition eigentlich übernommen - und verschärft,
>indem sie den tröstenden Heilsgott daraus gestrichen haben.
>- Ich weiß, daß (auch) das eine hochproblematische Vorstellung ist,
>weil sie natürlich auch zur Legitimation von Gewalt und Immoral und
>Quietismus herhalten kann. Gerade darum ist eben diese Ablaß-Idee
>wichtig: man kann, in kleinem, nichts Wesentliches verändernden Rahmen,
>doch etwas "tun", und auf gewisse, temporäre und beschränkte Weise
>"Sühne" leisten. Man kann sich von seiner Grundschuld stückchenweise
>und in geringem Ausmaß "freikaufen" - und das muß ja nicht nur in
>monetärer Form sein, sondern etwa auch durch die eine "gute Tat" pro
>Tag ("Werkgerechtigkeit" nannte Luther das abschätzig, weil er es in
>seinem Eifer nicht begriffen hatte). Aber das Wichtige und spezifisch
>"Katholische" daran ist eben: es gibt Minderung, Milderung, "Nachlaß",
>schon in dieser Welt, und nicht erst im Jenseits (diese ganze
>Heils-Verlagerung ins Jenseits, die man dem Christentum immer so
>stereotyp vorwirft, stimmt gerade für den Katholizismus NICHT! Daher ja
>auch die (ebenfalls temporäre) katholische (Aus-)Gelassenheit,
>Lockerheit, Feierkultur: siehe "Karneval", usw.).
>- Unabhängig von der theologischen Stimmigkeit: die möglichen
>Parallelen und "Anwendungen" auf das ökologische Tun und Lassen liegen
>meiner Meinung nach auf der Hand. Ich plädiere daher für eine
>"katholische Ökologie"...
>So ungefähr denke ich das gerade.
>Ciao
>Joachim
>
>-----Ursprüngliche Nachricht-----
>Von: Claus Zimmermann <mail(a)clauszimmermann.de>
>Gesendet: Donnerstag, 22. August 2019 02:21
>An: philweb(a)lists.philo.at; Landkammer, Joachim
><joachim.landkammer(a)zu.de>
>Betreff: Re: [Philweb] Die Lust am Schweigen
>
>Schön, daß du wieder dabei bist. Aber: ich verstehe nicht, warum du
>jemandem, der deiner Meinung nach nichts dafür kann, ein schlechtes
>Gewissen machen willst. Das wäre doch eine Grausamkeit, die zu nichts
>führen würde, denn eine Änderung des Verhaltens wäre nicht möglich. Ich
>vermute also, daß du sie vielleicht zwar für unter Umständen sehr
>schwierig, aber nicht unmöglich hältst und deshalb nicht gleich nicht
>die Guillotine wenn auch in abgemilderter Form durch soziale Kontrolle,
>sondern eine Rechnung für die verursachten Kosten angemessen findest.
>Nicht vorwerfbar wäre das Verhalten z.B. bei geistigen Störungen,
>unverschuldeten Rauschzuständen durch K.O.-Tropfen oder ähnlichem. Auch
>im Fall von grossem äußerem Druck würden wir dem Menschen zwar keinen
>Orden dafür verleihen, wenn er ihm nachgibt, aber ihn auch nicht dafür
>bestrafen. Du weist auf das hin, was uns historisch, kulturell und als
>Gattungswesen in den Knochen steckt. Dazu kommen die Umstände des
>Einzelfalls. Es ist sicher sehr schwer, das zu überspringen. So finde
>ich es angemessen, nicht gleich "Kopf ab" zu rufen, wenn das nicht
>geschafft wird, aber die Kosten, nicht als Schikane, sondern so, wie
>sie anfallen, in Rechnung zu stellen. Auch das schlechte Gewissen wäre
>dann nicht sinnlos und selbstzerstörerisch.
>Das steht alles unter der Prämisse, daß es wirklich so kritisch ist,
>wie die Mehrheit der Experten sagt und was ja auch mit
>Alltagserfahrungen übereinstimmt. Interessengeleitete Stimmen gibt es
>vermutlich auf allen Seiten. Eigentlich müsste man dann versuchen, der
>Sache selbst auf den Grund zu gehen. Aber ich fürchte, das übersteigt
>meine Möglichkeiten.
>
>Übrigens sagt Niko Paech nicht, daß verzichten immer nur die anderen
>sollen, sondern daß man von anderen nicht mehr verlangen soll als von
>sich selbst. Aber es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich
>vorzustellen, wie verschärfte soziale Kontrolle in der Praxis aussehen
>und wer dabei gewinnen und verlieren würde.
>
>Claus
>
>Am 21. Aug. 2019, 12:09, um 12:09, "Landkammer, Joachim via Philweb"
><philweb(a)lists.philo.at> schrieb:
>>[Philweb]
>>Naja, "genial gelebt" bringt es wieder in die falsche Richtung...
>>Auch wenn man natürlich mit dem Wort vorsichtig umgehen muß: aber ich
>>würde schlicht von "Tragik" sprechen (so etwa wie Georg Simmel von der
>
>>"Tragödie der Kultur" gesprochen hat). Unser westlich-aufgeklärtes,
>auf
>>den bekannten Werten des rationalen selbstbestimmten Individuums
>>beruhendes Leben gerät in den Konflikt mit einer Natur und einer
>>(Um-)Welt, die eben eher genügsame, ihren biologischen Instinkten und
>>Selbstdezimierungsprozessen (Viren, Gendefekte und sonstige
>>überlebenshinderliche Schwächlichkeiten) unterliegende Spezies
>>toleriert, als eine solche die kraft ratio und Technik sich von (fast)
>
>>allen natürlichen "Feinden" und Feindschaften (denn das ist die andere
>
>>Naivität der kleingeistigeren unter den Öko-Aposteln: die Natur steht
>>uns natürlich viel eher feindlich als freundlich gegenüber: ich sage
>>nur Zecken, Heuschrecken und Disteln!) unbesiegbar und damit sich "die
>
>>Erde untertan macht", und zwar in einem megalomanen Ausmaß, den das
>>etwas unvorsichtige Bibelwort wahrscheinlich nie ahnen konnte.
>>Aber angesichts der komplexen historischen, geistesgeschichtlichen,
>>ethischen und nicht zuletzt anthropologischen Voraussetzungen und
>>Verstrickungen, die zu diesem tragischen Konflikt geführt haben und
>>führen mußten, nun zu meinen, es genügten einfache "Umkehr"-Predigten
>>und Verzichts-Appelle (die ja sowieso letztlich meist neidgesteuert
>>sind, weil "verzichten" sollen ja bloß immer die anderen), scheint
>mir,
>>wie gesagt, naiv, fragwürdig, falsch... Solche Praxen wie das, wofür
>>symbolisch die katholische Ablaßidee steht, leisten hingegen zumindest
>>eines: sie belasten unseren unweigerlich schuldhaften Lebenswandel mit
>
>>einer unaufhebbaren Hypothek der Insuffizienz (DAS wäre nämlich mein
>>Schlagwort gegen Paechs neo-rousseauistische "Suffizienz"-Idee!), des
>>Ewig-Ungenügenden, ohne aber diesen Lebenswandel gänzlich unmöglich zu
>>machen: man "darf" trotzdem weiterleben, in selbst-bestimmter,
>>selbst-verantworteter Schuld, Demut und Fallibilität - anstatt auf
>>andere zu deuten, denen man Vorschriften zum einzig wahren und
>"reinen"
>>Lebensführung macht, um selbst nichts tun zu müssen.
>>So ungefähr hatte ich mir das gedacht mit diesem "laizistischen
>>Neo-Katholizismus"... aber sicher bin ich mir selbst natürlich auch
>>nicht ganz...
>>
>>Joachim Landkammer
>>
>>-----Ursprüngliche Nachricht-----
>>Von: Philweb <philweb-bounces(a)lists.philo.at> Im Auftrag von Karl
>>Janssen via Philweb
>>Gesendet: Mittwoch, 21. August 2019 09:41
>>An: Philweb(a)lists.philo.at; K. Janssen <janssen.kja(a)online.de>
>>Betreff: Re: [Philweb] Die Lust am Schweigen
>>
>>[Philweb]
>>
>>
>>transmitted from iPad-Client
>>
>>> Am 21.08.2019 um 01:40 schrieb K. Janssen via Philweb
>><philweb(a)lists.philo.at>:
>>>
>>> [Philweb]
>>>
>>>
>>>> Am 20.08.2019 um 23:27 schrieb Landkammer, Joachim via Philweb:
>>>> [Philweb]
>>>> (Ich probier auch nur mal kurz meinen account wieder aus...)
>>>>
>>>
>>> nix da mit "nur kurz ausprobieren" :)) Wir sind froh, endlich wieder
>>von Dir zu hören! Und das bei diesem Beitrag, den es erst einmal genau
>
>>zu lesen und zu überdenken gilt.
>>>
>>> Grüß Dich bestens! - Karl
>>>> Nico Paechs grundsätzliche Endzeit-Ausführungen würde ich evtl.
>>versuchen, mit einer Rehabilitation des von ihm als Gegenmodell
>>genannten, vielgeschmähten Ablaßhandels zu unterlaufen. Denn genau das
>
>>war ja der eigentliche, tiefere Sinn des Tauschs Geld gegen
>>Sündenerlaß: ein kleiner, überschau-, aber kontrollierbarer Zeitgewinn
>
>>angesichts einer eschatologischen (das Lebens- und Weltzeitende
>>implizierenden), aber dann doch nie so ganz gewissen
>>Untergangs-Bedrohung. Die psychologisch schlicht unpräzise und
>>unterkomplexe Unterstellung dabei ist doch, daß, wer er sich von
>seinen
>>Sünden "freikauft", deswegen danach einfach kreuzfidel munter weiter
>>sündigt, daß man also nur Scheinverzicht treibt und lediglich
>>kosmetische Oberflächen-Selbstkorrekturen vornimmt. Nein, die realen
>>(auch psychischen) Kosten des "Ablaßgeschäfts" erinnern mich permanent
>
>>an meinen ja immer nur provisorisch und temporär abgemilderten Status
>>der (Erb!-)Sünde und zeigen mir an, daß ich grundsätzlich (weiter) und
>
>>immer "falsch" lebe. Das als "Doppelmoral" zu bezeichnen (wie NP das
>>tut), ist selbst eine hoch moralistische Wehklage (auch sie mindestens
>
>>so alt wie der lutherische Antikatholizismus), die verkennt, daß
>>Menschen eben grundsätzlich diese Dilemmata nicht nur leben, sondern
>>"sind". Wir SIND ökologisch eigentlich untragbar.
>>
>>Unter diesem (höchst subtil ausgelegtem) Blickwinkel gesehen, würde N.
>>Peach vermutlich auch nicht von „Doppelmoral“ in Anbetracht der
>>offensichtlichen Zwiespältigkeit in der Lebensgestaltung diesbezüglich
>
>>beschriebener Bevölkerungsgruppen sprechen. Eher wohl - und auch da
>>würde ich ihm zustimmen - wäre das gezeigte Verhalten einer (schon
>>pathogenen) Ambivalenz zuzuschreiben; eine Zerrissenheit zwischen
>>unterschiedlichsten konzeptionellen Denkansätzen, Theorien, Statements
>
>>zu jeweils aktuellen Problemfeldern der absehbaren Umweltkatastrophe.
>>Eine Zerrissenheit, wie sie insbesondere auch bei jenen sichtlichen
>>Ausdruck annimmt, die unter dem unerträglichen Druck der Erbsünde und
>>ihrer zwingend darauf folgenden Verfehlungen leiden. Nitzsche
>>sinngemäß: Die Katholiken - sie sehen mir alle so wenig erlöst aus!
>>Welch Parallelen sich hier doch auftun! So wird „Ablasshandel“
>>tatsächlich zum Gnadenakt für uns Erdenkinder - genial gelebtes „amor
>>fati“.
>>
>>Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
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