Am 08.09.22 um 11:55 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:
Es mag in Bonhoeffers Sicht gelten: „Den Gott, den es
gibt, den gibt
es nicht!“, was nichts anderes heißt, als „den Gott, den ihr Menschen
euch erdenkt und schafft, den gibt es nicht!“
Ich denke jetzt, dass ich den zweiten Satz, also deinen zu prüfen habe,
nicht den ersten, den von Bonhoeffer.
Das Du-auch-Argument wirst du, nehme ich an, abweisen, ob
berechtigterweise oder nicht. Im Satz steckt vielleicht implizit das
Lügnerparadox. Es ist auch ein Zirkel im Satz, wenn er ein Wort zu etwas
sagt, was er mit dem Definiens implizit herstellt. Ich gehe mal davon
aus, ersetze das Wort Gott im Wort Sache. Du weißt vielleicht, dass ich
dieses Wort ziemlich universell gebrauche, dass also alle bezeichneten
"Sachen" zumindest Sachen sind. Du weißt auch sicher, dass die Menschen
bis vor Kant auch als Sachen angesehen wurden. Ob es genauso ist, ist
hier nicht relevant, aber die Etymologie ist immer ein wenig zu
bedenken. Hier ist also der neue Satz:
"Die Sache, die ihr Menschen euch erdenkt und schafft, die gibt es nicht!"
Dieser Satz ist dann offenbar falsch. Wenn jemand etwas denkt, dann ist
es in ihm vorhanden. Wenn jemand einen Plan macht, dann ist die reale
Sache dazu nicht oder noch nicht vorhanden, oder vorerst auf Papier
schon ein wenig real. Es kann aber sein, dass jemand das Rad neu
erfindet, und dann staunt, wenn es das schon längst gibt.
Somit weise ich den zweiten Satz zurück, dh. ich kann den Satz nur da
stehen haben, in "seiner Sicht", aber das was er damit sagen will, das
gibt es nicht, wenn ich den zwei Sätzen hier oben folge. Erst wenn er
die Sache herstellt, kann ich sie denken, oder wenn er mich zu Orten
mitnimmt, an denen er sagt, sie zu erleben.
Hinzu kommen noch die Überlegungen des Immanuel Kant, nach denen die
Sache Gott nicht mit Anschauung, Verstand, Vernunft hergestellt werden
kann, sondern mit dem synthetischen Urteil apriori. Das war vermutlich
sein Ausweg, also keine Instanz, und doch hat er diese Sache als Problem
hinterlassen und an die alte Stelle gesetzt. Alles nur wenn ich es
richtig von ihm verstanden habe. Du kennst sicher die Kritiker des
synthetischen Urteils apriori. Es geht hier zu weit, mehr hierzu zu
schreiben, es sind genügend unbearbeitete Sachen überall vorhanden.
Noch was Komisches im Satz: "ihr Menschen" steht so da, als wäre der
Aussagende kein Mensch, also dieser von dir zitierte Bonhoeffer und du.
Also für mich landen beide Sätze in die Mottenkiste, obwohl ich keine habe.
Ich schrieb: Und dann höre ich Sätze wie: "Wir fangen mal klein an,
jeder bei sich. Und wenn alle so tun wie wir, mit gutem Vorsatz, dann
gelingt es auch." Geht das? Mit einigem ja, …
Also rechtfertigt und erzwingt das doch geradewegs eine schon von
jedermann zu übernehmende Verantwortung (üblicherweise im Kleinen der
Familie etc.) für umweltverträgliches Handeln.
Es gibt sehr viele Probleme mit der Verantwortung. Immanuel Kant machte
es sich ziemlich einfach, dies zu fordern. Ich nehme an, dass Moral sich
auf die Kausalität aufsetzt. Schon für die Geschehnisse der
Vergangenheit haben die meisten unserer Artgenosssen sehr viele
Schwierigkeiten, die Ursachen zu sagen. Meist geben sie eine der
Ursachen angeben, die ihnen bekannt ist, was auch von der Sprache her
gesehen genügt. Es ist dabei ein sprachliches Problem, das zudem nicht
von jedem bemerkt wird, nämlich dass "die Ursache" den bestimmten
Artikel verlangt, und nur eine der Ursachen angegeben werden braucht.
(Ursachen: eher Vorsachen also zeitliche Vorsachen, Parallelsachen und
noch der Zufall, komplett ist die Ursache sowieso nicht beschreibbar,
wegen der Unendlichkeit, deswegen schlug Plato etwas anderes vor.).
Die Kausalität noch in die Zukunft hinein zu denken, das übersteigt die
Kenntnisse wohl allgemein, obwohl es in in Einzelfällen möglich ist. Ein
Beispiel: Ich muss dem Staat Tauschmittel geben. Nun kauft der Staat
Waffen dafür. Habe ich den Krieg dann mit verursacht? (formelle und
materielle Ursache des Aristoteles.) Wenn Person A der armen Person B
Geld gibt, kann er deren Weiterleben verursachen. Aber wenn dieser B nun
irgendwann zum Wohlstandsmenschen wird, ist A dann auch Ursache seines
eventuell übermäßigen Konsums? So einfach zu sagen: Dann hat B die
Verantwortung ist mir nicht möglich, ich bin ja erst bei der Verursachung.
Hier liegt die Frage, wo denn die Verantwortung zeitlich aufhört. Die
Verursachung hat kein Ende.
mit allem geht
das nicht.
Selbstredend! Aber, leger gesagt: Kleinvieh macht auch Mist,
wenngleich als ziemlich untaugliche Metapher dahergebracht.
Wenn alle sagen: "Wir wollen alle unseren
Urlaub auf dem Mond
verbringen, irgendwann, wenn nicht wir, dann unsere Nachfahren, also
fangen wir doch bitte damit an, etwas dafür zu tun." Und nicht alle
wollen, können mitmachen.
So richtig habe ich diese Analogie nicht verstanden.
Ich machte noch einen Hinweis darauf, dass in derartigen Sätzen etwas
nicht stimmt, mit dem Mond, es geht aber auch mit nicht so extremen
Beispielen. Auch Jesus von Nazareth wollte, dass alle mitmachen, er
wollte etwas Universales, und Karl Marx wollte auch so was, mit seinem
"Proletarier aller Länder vereinigt euch!". Das kann nämlich deutlich
schief gehen.
Im Falle des Nicht-Verschmutzens wäre es so: Ich fahre nicht zu viel mit
dem Auto umher. Nun schenke ich das eingesparte Tauschmittel meinem
Vater. Der sagt: Wenn ich den Flugzeugplatz nicht einnehme, dann sitzt
ein anderer dort. Die weiteren derartigen Taschenspielertricks sind
bekannt. Der eine ist moralisch, der andere nicht. Und derselbe spart
oder muss mit dem Gas sparen, er nimmt aber dieselbe Summe Geld ein und
gibt alles aus, nach der von Ökonomen bekannten Regel. Was garantiert,
dass die "anderen" Sachen, die gekauft werden, weniger Schaden
verursachen als das Gas?
Du willst damit wohl sagen, dass heutige Menschen es
nicht ihren
Nachfahren überlassen dürfen, sich mit der akuten Umweltproblematik
auseinander zu setzen, sondern damit heute anfangen müssen, egal, ob
alle wollen oder können.
D‘accord - selbstverständlich!
Ja so meinte ich es. Aber dann muss gedacht werden: Es ist ein Labsal,
wenn die brennbaren Sachen mal in der Erde bleiben, mitsamt der
Giftstoffe. Geld verteilen ist ein Taschenspielertrick, ich verstehe
nicht, wie intelligente Leute das nicht sehen. Egal ob ein böser oder
guter Mensch die Ursache des Verbleibs in der Erde ist. (nicht er,
sondern die Sachen haha)
JH