Am 03.11.2021 um 15:11 schrieb waldemar_hammel:
Am 03.11.2021 um 01:40 schrieb K. Janssen:
Mein "Hirn" arbeitet so wie ICH es
will - daran ändern alle von
Hirngespinsten geplagten Konstruktivsten der Welt kein Jota.
dann bleibt mir nichts, als dich zu bewundern und zurückzutreten, denn
ich habe es nicht soweit gebracht, das ich für mein hirn denken und
tun könnte.
bestimmt steuerst du dann auch deine tag- und nacht- träume, bist
selbst regisseur deines gesamten körperstoffwechsels, usw,
oder hast du auch bereits die regie über deine organe höchstselbst
übernommen, denn bei mir machen leber, milz usw immer noch ihr je
eigenes ding,
ohne mich zu fragen.
bei mir ist es, ich gebs zu, immer noch so, dass mein blödes hirn MICH
steuert, und nicht wie bei dir, der du als "ich" dein hirn steuerst,
und meine frage deshalb:
wie kommt man soweit wie du? denn bei mir ist das "ich" immer noch
just hirngemacht und "unterliegt" meinem hirn, bei dir hingegen
offensichtlich nicht mehr
So wie zwischen uns keine „Wellen zu glätten“ sind, wie ich zuletzt auf
Josephs Angebot und sein (nicht nur nettes sondern) trefflich auf die
Diskrepanzen unseres Diskurses zugeschnittenes Dialog-Spiel reagierend
schrieb, so wenig musst Du mich auch meiner beteuerten Selbstbewusstheit
wegen „bewundern“.
Wir können auch „gut und gerne“ (welches Zitat!) auf zynische Rhetorik
verzichten. Über alle Jahre unseres Austauschs in diesem Forum hinweg
ist jedem klar geworden, nach welchem „Strickmuster“ individueller wie
gesellschaftlicher Prägung wir gewebt sind; so sind es ebenso lange
Jahre an spezifischer Lebenspraxis und -erfahrung, die einer Abänderung
dieser Muster entgegen stehen und damit laufen Versuche der
gegenseitigen Missionierung schlichtweg in‘s Leere. Hier ist dieser
Begriff nun wirklich angebracht.
Über den Umweg des bidirektionalen Diskurses eigene Überzeugungen in ein
Forum zu missionieren, sind subtil angelegte Versuche, die insoweit
legitim sind, als jeder Teilnehmende an diesem Kollektiv die Wahl hat,
sich dem solchermaßen transportierten Meinungsbild anzuschließen bzw.
darauf thematisch einzugehen oder es zu verwerfen.
Wenn allerdings durch Dein seit Jahren penetrantes Insistieren auf
einige wenige Grund-Begrifflichkeiten wie etwa Deine Mantra
„Wechselwirkung“ und „selbstreferentielle Autonomie“ nahezu jede
Diskussion mehr oder weniger abgewürgt wird, dann sind das wirklich (und
tatsächlich wirklich!) Totschlag-Argumente:
/wh: „ich kann doch nichts dafür, und RK auch nicht, dass autopoiese
(systemische abgeschlossenheit) tatsächlich existiert, und alle
lebewesen selbst-referent funktionieren ..., das sind keine
"totschlag-argumente", um bedenken auszuräumen, sondern einfach
tatsachen, mit denen wir umgehen müssen, wobei "autopoiese" eigentlich
nicht mit "systemischer abgeschlossenheit" gleichgesetzt werden darf,
denn wirklich (komplett) "abgeschlossene sys" sind wegen der
wechselwirkungs-bedingung (in dieser welt) nicht "existierbar", weshalb
man zb selbst der "dunklen materie" (buuuuh, alles dunkel)
noch mindestens (klugerweise) eine ww-art, nämlich gravitations-ww,
konzediert (und meine frage direkt daraus: vielleicht gibt es dann auch
anderes "dunkles", das nur em-wechselwirkt, oder nur "weak force",
oder
nur "strong force" ww ? = also noch drei neue theorien frei verfügbar
für wissenschaft()er, und wie siehts aus, wenn nur-strong-force ww auf
nur em-force ww trifft? missverständnis?, da die "forces" dann ja glatt
100% aneinander vorbei"reden"?)/
Wir reden nicht aneinander vorbei! Es ist doch nicht so, dass Du mit
Deinen Aussagen grundsätzlich falsch liegst und diese deshalb zu
korrigieren wären. Es ist schlichtweg Deine zumeist radikale Reduktion
auch immer die gleichen wenigen Grundprinzipien, die jedoch einer
umfassenden Weltsicht im Wege steht und daher kann man mit Dir auch
nicht diesbezüglich diskutieren:
/
wh: „wir driften im völlig uns unbekannt bleibenden fluss der wirklichen
wirklichkeit, und picken uns aus diesem fluss lediglich einige "rosinen"
heraus, die für uns deshalb rosinen sind, weil sie für uns in
irgendeiner weise überlebens-wichtig sind, und diese rosinen sind dann
nur locker korrespondierende
darstellungen und entsprechend "verfremdete" machungen unseres eigenen
hirns (denn das hirn arbeitet autopoietisch) von winzigen aspekten der
wirklichen wirklichkeit unsere hirn-erzeugte wirklichkeit sind also nur
winzige teile aus der wirklichen wirklichkeit, und diese sind auch noch
autopoietisch (selbstreferent) aufinterpretiert = letztlich bis zur
unkenntlichkeit "verfremdet" (denn unsere sinne + hirn benutzen zb je
eigene grammatiken) ..."/
Zufolge Deiner – auf eben diese Grund-Begrifflichkeiten von Autopoiesis
resp. Selbstreferenz (bisweilen hinunter in die Welt der
"Hammel-Körnchen") – reduzierten Sicht auf Mensch und Welt übersiehst Du
(aus hier im Forum bereits diskutierten Gründen) eine weit darüber
hinausgehende Gesamtheit, die sich unübersehbar im Ausdruck des Menschen
als Kulturwesen zeigt.
Wenn Du nun die Argumentation für Deine solchermaßen eingeschränkte
Weltsicht auf die gesellschaftliche Gesamtheit, d.h. den Menschen an
sich applizierst,
/(„wir driften im völlig uns unbekannt bleibenden fluss der wirklichen
wirklichkeit“)/
ist das nichts weiter als eine unzulässige Verallgemeinerung:
Ich drifte definitiv nicht (als Teil des WIR) in einem mir gänzlich
unbekannten (metaphorisch absolute Wirklichkeit widerspiegelnden) Fluss,
sondern schwimme gezielt im realen Lebensfluss; sinnlos sich in ersterem
driften zu sehen, da Menschen per se „absolute Wirklichkeit“ nicht
erkennen können (wie Du das ja auch stets repetierend beteuerst!), was
ja nun faktisch gute Gründe hat. Auch darüber habe ich längst hier
geschrieben.
Wenn Menschen „wirkliche Wirklichkeit“ in ihrer schicksalhaft
determinierten Konsequenz erkennen könnten resp. müssten, wäre kein
Leben in der uns gegebenen Art möglich. Welche Mutter könnte auch nur
einen Moment weiterleben, wenn sie prädiktiv Kenntnis vom Tod ihres
Kindes durch einen Unfall hätte. Somit ist es eine weise Fügung der
„Natur“, dass Menschen über kein absolutes Wissen verfügen und damit die
„wirkliche Wirklichkeit“ nicht wahrnehmen können.
Die dem Menschen nicht ermöglichte Sicht auf „die wirkliche
Wirklichkeit“ ist demnach kein Grund, dieses als Malum in se zu bedauern.
Allenfalls kann man diesen Umstand (wie geschrieben) als die von
Watzlawik amüsant dargestellte, bisweilen erfolgende kognitive
Fehlinterpretationen einer Wahrnehmung
zur Kenntnis nehmen und derartig fehlerbehaftete sensorische Perzeption
entsprechend berücksichtigen. Eine praktische Relevanz für alltägliche
Wahrnehmung von Lebenswirklichkeit hat das jedoch keinesfalls!
Schließlich liefert das Gehirn eine brauchbare Reflektion auf die
faktisch gegebene Realität im Sinne lebenspraktischer Viabilität.
Welcher real im Leben stehende Mensch sollte sich darum bekümmern, kraft
welcher Mechanismen das Gehirn diesen Realitätsbezug bereitstellt?!
Ich habe den Eindruck, dass Du List-Beiträge offenbar nicht im Sinne
einer dem Verfasser zugewandten Rezeption liest, also gar nicht erst
versuchst, Dich in die Denkweise des Gegenparts (bisweilen mit Geduld
und Suche nach möglichem Konsens) zu versetzen, sondern schlägst sofort
in den Seiten Deines umfänglichen Wissens-Repertoire nach, um dann Deine
Replik nach dem Schema „entweder - oder“ doch wieder nur mit „ww“ und
„Selbstreferenz“ zu krönen.
Ein „Drittes“, also dieses kreative (gedankliche) Feld des „Dazwischen“
hat für Dich offenbar keine Relevanz und daraus entwickelt sich in
Deiner Diktion eine gewisse Widersprüchlichkeit. Das heißt ja nun nicht,
dass dieses Verhaltensmuster nicht auch zu Teilen bei anderen (nicht
zuletzt bei mir) zu finden ist, nur mindert es die Qualität von
Diskussionen und die Lust darauf erheblich.
Beispielhaft zur Autopoiese: Es steht doch außer Frage, dass
diesbezügliche Arbeiten von Varela, Maturana et al. wertvolle Beiträge
zur Theorie autopoietischer Systeme waren und überdies in ihren
grundlegenden Aussagen unbestreitbar zutreffend sind.
Kritisch dabei ist eher, dass diese Thesen besonders von den
Sozialwissenschaften in der Art eines dogmatisch-neurobiologischen
Gesellschaftsspiels rezipiert wurden und vornehmlich von Protagonisten
des NewAge der 1970er Jahr als vermeintlich epochaler Paradigmenwechsel
aufgesogen und zur (Ersatz-)Religion erhoben wurde; diese solchermaßen
glorifizierten Denkmuster halten sich bis heute persistent in Kreisen
von Esoterikern und Naturaposteln, wie leider auch in diversen
realitätsfernen akademischen Elfenbeitürmen. Das gilt dann auch für die
daraus abgeleiteten Annahmen des Konstruktivismus, wie das (längst nicht
nur) von H.J. Niemann ausgeführt wurde.
Es war v.Foerster selbst, der die boulevardesken Auslegungen seiner
(bisweilen ebenso auch durch ihn selbst hemdsärmelig interpretierten)
Thesen in der ihm typischen Art kommentierte. Dazu möchte ich
tatsächlich einige Sätze aus den berühmt gewordenen Interviews, die A.
Müller mit ihm geführt hat, zitieren:
/Heinz von Foerter (HvF): „Ich bin Anti-Ist. Ja, das ist mein Ismus.
Wann immer jemand sagt, Heinz, wie hältst du es mit dem
Konstruktivismus, da sage ich, ich möchte mit dem nichts zu tun haben.
Ich habe keine Ahnung, was Konstruktivismus ist.
AM: Nur deine Artikel stehen in den Textbüchern des Konstruktivismus.
HvF: Ja, ja, genau. Ich habe versucht, meine Ideen vorzutragen, aber
nicht unbedingt als Konstruktivist. Man kann über Objekte sprechen, man
kann über Meinungen sprechen, über Beobachtungen, über dieses und
jenes sprechen, aber den Ismus, den möchte ich vermeiden. Und diese
Haltung, solche buzzwords oder catchwords zu vermeiden, liegt in
folgender Vorsicht. Sobald ein solches Schlagwort auftaucht, weiß jeder,
wovon geredet wird. Man braucht also nicht mehr zuzuhören, weil jeder
schon weiß, das ist ein Konstruktivist. Wenn ich vermeide, ein
Konstruktivist genannt zu werden, dann müssen die Leute fragen, ja, was
sind sie dann? Dann können wir einmal darüber reden, jetzt hört
vielleicht einer zu! Aber wenn ich sage, das ist ein Konstruktivist,
können wir uns ja alle schlafen legen und sagen, das weiß ich ja sowieso
schon, was der redet: Die Welt ist erfunden, es ist alles nicht
vorhanden, es gibt keine Realität, und diesen Blödsinn, den brauchen wir
ja nicht mehr anzuhören, denn das haben wir ja schon fünfhundertmal von
anderen Idioten gehört“ ./
Von Foerster wendet sich offenkundig gegen die vielfältigen (ideologisch
gefärbten) Vereinnahmungen von durchaus berechtigten, bezüglich des
Konstruktivismus diskutierten Fragen, wie also Menschen individuell
Wirklichkeit wahrnehmen und als solches Gegebenheiten notwendigerweise
in einen individuell subjektivierten Kontext stellen.
Allgemein geht es dabei schlichtweg um die Rezeption von (mitgeteilten)
Sachverhalten. Insoweit hat HvF Recht, wenn er davon spricht, dass nicht
der Sprecher, sondern der Hörer die Bedeutung einer Aussage bestimmt
(Landläufig die oft verwendete Rede vom „Verdrehen der Worte“).
Dabei geht es natürlich auch um den Wahrheitsbegriff. Dazu wurden hier
zuletzt Meinungen ausgetauscht. Kernfrage ist hier immer:
Was ist Wahrheit?! Ist sie nur „die Erfindung eines Lügners“, wie HvF
(als selbsterklärter Skeptiker) das plakativ postuliert.
In meinem Ermessen und Dafürhalten steht der Begriff von Wahrheit nicht
im Vordergrund meiner lebenspraktischen wie philosophisch angelegten
Überlegungen: die Umkehrung des Begriffs, die Unwahrheit ist mir
insoweit bedeutsamer, als ich bewusst lügenden Menschen schlichtweg mein
Vertrauen entziehe; nicht mehr – nicht weniger.
In Anlehnung an oben Angeführtes, kann es absolute Wahrheit(en) -
vornehmlich im Sinne weltanschaulich (insbes. religiös) angelegter
Konstrukte - faktisch und damit begreiflich nicht geben; man kann sie
allenfalls annehmen, muss sie glauben und ggf. diesbezüglichen
Behauptungen widerstehen.
Somit relativiert resp. reduziert sich HvF's Aussage über Wahrheit (als
die Erfindung von Lügnern), auf eine ihm offensichtliche innewohnende
Aversion vs. Ideologien.
Eine (durchaus amüsante) Überleitung von HvF‘s eigener Zuschreibung als
Anti-Ist auf Deine, Waldemar, typenpsychologisch angelegte
Entwicklungskette wäre demnach:
Ideal-Ist –> Kommun-Ist –> Sozial-Ist –> Konstruktiv-Ist –>
Nihil-Ist –> Anti-Ist;
Immerhin also bist Du nicht „Leere“ sondern B-Ist.
Hier erst mal wieder ein „break“, damit das nicht zu viel auf einmal und
damit unübersichtlich wird. Sicher komme ich noch eingehender auf
Autopoiese und Konstruktivismus zu sprechen.
Beste Grüße! - Karl
So musst Du es
mir nachsehen, wenn mir Dein konstruiertes
„pulsintervall-moduliertes kauderwelsch“ nicht eingängig ist: Dazu
fehlt mir tatsächlich jeglich realistischer Zugang!
ich sehe es dir selbstverständlich nach ... (auch wenn du weißt, dass
ich weiß, dass du gerade als ing. gut weißt, um was es bei dem
"pulsintervall-kauderwelsch" geht,
das ins hirn auf sämtlichen e-fferenzen hineinflutet)
wh.