Am 04.04.2024 um 19:58 schrieb waldemar hammel über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
stichel, stichel ...
du hast völlig recht, joseph, und karl ist ein ekler informationist ...
(informationisten sind häufig beim schweinshaxenessen und starkbier in zünftigen
wirtshäusern anzutreffen,
wo sie sich über stunden schwadronig mund-plattlernd informationen auf die schenkel und
um ohren schlagen,
und das in einem slang, den kein außenstehender versteht ...)
"it’s all about information“ - sehr wohl, demnach bin ich ein "ekler
Informatonist“ und dieses Kompliment nehme ich zu gerne an, Waldemar!
Doch (nicht nur) wir beide hier wissen zu genau, was „Informationalismus“ für die heutige
Zeit bedeutet:
Ein ZUVIEL an Information, an Reizüberflutung, an Kommunikation im Sinne von sinnlosem
Geschwätz und Gezwitscher, gleichermaßen auch die überflutenden Fake-News und damit
(zumindest sublim geführte) Manipulation.
Im Grunde ist es auch verlorene Zeit, sich hier über die Grundbegriffe von Kommunikation
und damit von Signal-/Zeichenübertragung, von Nachricht und Information etc.
auszutauschen, zum einen, weil wir es schon wiederholt hier betrieben haben, zum anderen,
weil auch eine fundierte Beschreibung entsprechender Zusammenhänge von menschlicher
Kommunikation, insbes. deren Gelingen durch die stetige Bemühung zur Herstellung von
Kongruenz, wie Thomas dies vor einiger Zeit hier beschrieben hat, wie sich zeigt,
ergebnislos bleibt. Ich schrieb von „ideellen Differenzen“ und glaube tatsächlich, dass
solche eine konsensfähige Kommunikation ausschließen. Dennoch ist immer wieder den Versuch
wert, Gemeinsamkeiten zu suchen und zu finden, neben all den anderen Vorteilen, wie ich
sie zuletzt für dieses Forum beschrieben habe. Doch immer mehr schwingt ein Unbehagen bei
mir mit, wenn ich die geringe Beteiligung aus der Gesamtheit der in diese Liste
eingetragenen Teilnehmenden betrachte. Dann schrieb ich von Verantwortungsverweigerung,
ein durchaus kritischer Begriff. Doch ich denke, dass er vor allem dem Umstand geschuldet
ist, dass sich gesellschaftlich eine Empörungskultur entwickelt hat, die rund um die Uhr
waltet. Was und wie etwas gesagt wird, ist ständiger und instantaner Kritik ausgesetzt. Es
ist die Geschichte von Vater, Sohn und Esel. Gleich ob erstere beide auf dem Esel, nur der
Vater oder der Bub auf ihm sitzen, oder der Esel neben ihnen trottet, es passt den
Gaffenden nie. Was ist die Moral dieser Geschichte?
Bezüglich unseres augenblicklich laufenden Threads hat Thomas beispielhaft Virginia Woolfs
gelungene Schilderung von Interaktionsdynamik vorgestellt, die sich prozesshaft sowohl im
„Außen", wie auch im „Innen“ der solchermaßen charakterisierten Protagonisten
vollzieht.
Dabei geht es auch um Vorwegnahmen, so wie wir diese hier soeben thematisiert haben,
Antizipation, die vornehmlich durch den deutlich ausgeprägten Assoziationskortex im
menschen Gehirn ermöglicht wird, gleichermaßen aber mit Empfindung, Gefühl, Empathie
verknüpft ist. Doch letztere scheinen erdrückt zu werden, durch den unrastigen Alltag,
befördert zudem durch Halt- (man könnte auch sagen) Gottlosigkeit. Nein, nicht schon
wieder einen Gott ins Spiel bringen, so ists nur für jene hier angemerkt, die wissen, was
ich meine. Und da wäre es nachgerade die Literatur, die Natur-und Geisteswissenschaft, die
es immer wieder zu behandeln, zu be- und hinterfragen, zu begreifen gilt, um dem
ernüchternden Trott des Alltags zu entkommen.
Gesamtheitlich ist Kommunikation also ein Thema, das zu diskutieren, fundierte
Fachkenntnis erfordert, somit für mich (trotz der mir zugeschriebenen dünnes Eis als
Techniker ist. Dennoch, der klassische „Homo Faber“ bin ich sicher nicht und so
interessiert mich diese Thematik natürlich auch unter psychologischen wie (vor allem)
philosophischen Aspekten. Und ich bin sicher, es ist ein Thema für uns alle. Wie froh
wäre ich, wenn sich Thomas wieder mal hier melden würde! Hoffentlich wurde er nicht zu
sehr vom letzten Diskursgeschehen hier abgeschreckt, was ja auch für weitere
philweb-Teilnehmende gilt.
der informationalismus = informationeller kapitalismus ist etwas völlig anderes
https://de.wikipedia.org/wiki/Informationeller_Kapitalismus
Der von Dir verlinkte Artikel löst schon beim ersten diagonalen Lesen Bedrückung aus.
Eigentlich kann einem angesichts dieser dort geschilderten Fakten zur globalen
Informationsgesellschaft jeglicher Optimismus für eine einvernehmliche Kommunikation der
Menschen verloren gehen. Es sind die „global Players“, zumeist rücksichtslos dem Mammon
verschrieben. Moneymaker eben, eine mir verabscheuungswürdige Kaste. Gewinnmaximierung um
jeden Preis, auch den der Vernichtung von Ressourcen, von Natur und nicht zuletzt von
Menschenseelen.
Es hört sich auf mit falsch interpretierter Wirtshausromantik, Waldemar! Denn wenn
Menschen wieder - auch im kleinen lokalen Bereich zusammenkommen und vor allem -finden,
ist es auch immer wieder ein Anfangen, ein Beginnen mit Kommunikation und eben nicht nur,
um dabei zu „Schwafeln“ oder sinnlos zu saufen.
Es entspricht durchaus einer intellektuellen, lebensfremden Großkotzigkeit, wenn man
gesellschaftlichem Zusammensein solches unterstellt, denn immer auf’s Neue ergeben sich
dabei auch Gespräche, die tief in das hineinreichen, worüber wir uns - mehr oder weniger
Früchte tragend -auseinandersetzen: Ganz im Sinne von Thomas’ Darlegung über das Bemühen,
bei interagierender Kommunikation hinlängliche Kohärenz zu erreichen. Lebendige
Handlungspraxis gepaart mit dem Anspruch des Menschen, als ein von Geist beseeltes Wesen
zu existieren und zu kommunizieren.
Früher hielten sich junge Menschen an den Händen, heute halten sie darin dieses dämlich
technische Teil, wofür ich noch vor zig Jahren IT-Funktion entwickelt habe, die bis heute
in diesen Teilen „brummen“. Schande über mich - oder doch nicht. Fluch und Segen der
Techne, darüber hatten wir auch schon geschrieben, ebenso wie über Gebrauch und
Missbrauch, sowie über die Notwendigkeit, mit dem Spannungsfeld der immerwährenden
Differenz leben zu lernen.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl