Am 03.11.2023 um 00:32 schrieb Karl Janssen über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Mythologie ist definitiv Teil von Philosophie (insbes. der griechischen Antike). Im
derzeit hier laufenden Thread geht es um die Schöpfungserzählungen, angefacht von Joseph,
der einen Zwiespalt in meiner Beziehung vermutet, der sich mir einerseits als Christ,
andererseits technisch-naturwissenschaftlichem Denken zugewandt, ergeben müsste.
Mitnichten ergibt sich diesbezüglich bei mir ein Zwiespalt, da ich sehr wohl zwischen
diesen Bereichen zu unterscheiden weiß: Religion, Mythos resp. Theogenie bezogen auf
Schöpfungsgeschichte, Metaphysik ist das eine, Naturwissenschaft das andere. Interessant
und für mein Dafürhalten dringend erforderlich ist, Brücken zwischen diesen Bereichen zu
„bauen“. Zumindest muss das jeder (über Gott und Welt nachdenkender) Mensch für sich
leisten, wenn er eben nicht in einen – von Joseph angesprochenen – Zwiespalt geraten will.
Moin Karl,
Mythologie ist definitiv kein Bestandteil von Philosophie mehr; denn glücklicherweise hat
es die drei Aufklärungen der Vorsokratiker, der französischen Intellektuellen im 18.
Jahrhundert und der Jugendbewegung der 68er gegeben. Ist Dir der Lehrplan einer
philosophischen Fakultät hierzulande bekannt, zu der Mythologie gehört? Unter Theologen
mag es so sein, aber in der Philosophie sind Mythologien nur noch Untersuchungsgegenstand
geblieben. Und gemessen an den faszinierenden wissenschaftlichen Entwicklungstheorien
erachte ich die unzähligen verbreiteten Schöpfungsmythen als unsägliches Geschwafel. Zudem
sind sie höchst gefährlich, wenn wir an die vielen Kreige denken, die aufgrund irriger
Abstammungsmythen seit Jahrtausenden geführt werden. Ohne Mythen gäbe es weder Religionen
noch Faschismen. Was für ein lebenswerter Ort könnte die mythenfreie Erde sein?
Für Dich ist das jedoch nicht erforderlich, da Dir
offensichtlich nur die mechanistische, messbare, empirisch erfassbare Welt zugänglich ist.
Selbstredend ist Dir jeglicher Schöpfungsgedanke fremd und auch ich habe hier sehr klar
dargelegt, wie ich darüber denke. Da ich diesbezüglich offene Türen bei Dir eintrete, bist
Du – ebenso wie Du es mir vorwirfst – nicht näher darauf eingegangen.
Für unseren Austausch hier bedeutet das, zumindest mich anbelangend, dass ich durch Deine
Einlassungen stets dazu angehalten werde, meine Denkmuster stets zu hinterfragen und
bisweilen auch zu korrigieren. Doch wie gesagt, solltest Du dabei bleiben, meine Beiträge
hier als Geschwafel abzutun, hört meine Geduld für einen weiteren Austausch auf.
Geschwafel ist inhaltsloses Geschwätz, das kann ich an jeder Straßenecke haben, da muss
ich mir nicht hier Deine Vorwürfe anhören.
Du neigst mit Thomas zur literarischen, ich mit Claus zur methodischen Philosophie. Mir
fehlt allerdings deren nüchterne Besonnenheit. Claus wird nicht müde, seit Jahrzehnten
immer wieder auf das Einhalten simpelster Sprachregeln hinzuweisen. Denn wie sonst ist
noch ein annäherndes Verstehen möglich? Thomas hat gerade mahnend auf die Emotionalität
der Abwehr in den Verhaltenswissenschaften hingewiesen. Devreux schlug gegenüber dem
methodischen Vorgehen das Praktizieren der Gegenübertragung in der Verhaltensforschung
vor. Das mag dort gelegentlich ein Anfang sein, aber in der Philosophie ist die
Psychoanalyse ebenso unangemessen wie die Mythologie und taugt lediglich als
Untersuchungsgegenstand.
IT