Hallo,
zum Thema "Zwangsverhalten" und Religion habe ich einmal einen
interessanten Vortrag von Professor Sapolsky auf Youtube gesehen, ich
glaube, es war dieser hier:
https://youtu.be/4WwAQqWUkpI
Der Vortragsstil ist großartig. Eine Wanderung durch
Wissenschaftsgeschichte, Forschungsarbeiten, Filme und Literatur,
sowie Anekdoten.
Das Themengebiet könnte spannender nicht sein. Der Professor stellt
die Spekulation auf, dass religiöses Verhalten (etwa die 616 Mizwars,
deren Verhältnis zu den "Knochen" im Körper und den Tagen im Jahr) und
gewisse natürliche Verhaltensweise und Zwangsstörungen zusammenhängen.
Kurz gesagt: Es handelt sich bei vielen psychischen Syndromen um
missadaptive Ausprägungen von Stressvermeidungsverhalten, wie es uns
bei normalen, gesunden Menschen begegnet. Beispielsweise einen Vortrag
immer auf die selbe Weise anzufangen.
Schizophrenie wurde deshalb evolutionsbiologisch noch nicht schon
lange ausselektiert, weil ein mit Schizophrenie verwandtes Syndrom,
die schizoide Persönlichkeit, evolutionsbiologisch positiv ist. Das
ähnelt sehr der Theorie der Homosexualität als evolutionsbiologisch
positiv für Verwandtenselektion.
Der Schizoide kann damit als Schamane den Stamm dienen, indem er
Initiationsriten mit jungen Männern abhält, Mitgliedern mit Sorgen und
Krankheiten hilft und regelmäßige Zeremonien durchführt.
Ich sehe an dieser Spekulation einige Schwachstellen, u. a. gibt es
Berichte über andere "Nützlichkeiten" von Schizophrenie und Sapolsky
weist ja selbst auf sogenannte "Spandrels" hin, vielleicht ist die
Neigung zu solche Dingen wie Zwangsstörungen und Schizophrenie ja mit
der enormen Leitungsfähigkeit des menschlichen Gehirns einhergehend.
Es betrifft ja auch nicht jeden, sondern nur eine unglückliche
Minderheit.
Schon länger kam mir die Vermutung, dass die erste systematische
Betrachtung zur Mathematik, die über die Bedürfnisse des Handwerks
hinausging, wahrscheinlich von jemanden kam, der sich zwanghaft mit
Zahlen beschäftigt hat.
Die Pythagoreer waren ja auch dafür bekannt, dass sie Numerologie,
Mathematik, Astronomie und Harmonik nicht getrennt haben. Archimedes
von Syrakus soll ja von einem römische Soldaten getötet worden sein,
als er grade Kreise zeichnete.
Zu Goethes Bildern:
Soweit ich weiß hatte Goethe ein anderes Verständnis von Bildern. Er
glaubte an eine Art platonische Idee in Form von Bildern. Im Denken
Goethes gab es zum Beispiel die Vorstellung einer "Urpflanze", nicht
unbedingt zeitlich zu verstehen, der dann die anderen Pflanzen folgen.
Das ist auch das geheimnisvolle Reich, in dem der Faust im 2. Teil das
erste Mal das Bild der Helena sieht, nehme ich an.
Bevor jetzt jemand die populäre Verurteilung von Goethe als
naturwissenschaftlich gänzlich unbegabten Geheimrat wiederholt, "hihi,
er konnte kein Mathe", sei nur folgendes Gesagt:
Vor Evolutionstheorie und Genetik stellte sich die Frage, wieso
Pflanzen ähnlich wachsen, natürlich auch anders.
Und natürlich, Goethe war kein systematisch argumentierender Philosoph
oder Wissenschaftler, sondern Dichter.