Lieber Joachim,
vielleicht können dir die folgenden Zeilen die Schönheiten des
Stadiongesangs näherbringen:
WIR SIND SCHALKER
ASOZIALE SCHALKER
SCHLAFEN UNTER BRÜCKEN
ODER IN DER BAHNHOFSMISSION
Hier wird es in einer klassischen Version vorgetragen:
https://youtu.be/nsqGITMzxLo?si=hUpIezrF-B9Fnilm
Und da kommt auch schon der oder, wie es grammatikalisch korrekt heissen
muss, den Steiger um die Ecke, weshalb ich mich mit einem herzlichen
Glückauf in die Runde (1) verabschiede.
Claus
(1) Nicht zu verwechseln mit *dem Runden*, das bekanntlich wesenhaft ins
Eckige muss
Am 30.07.2024 um 15:20 schrieb Landkammer, Joachim über PhilWeb:
Wenn man, trotz allem und als Gegenrede zur (wahrscheinlich teilweise
berechtigten) Ablehnung des schulischen Sing/Musikunterrichts,
trotzdem so etwas wie eine allgemeine schulische „Gesangsausbildung“
gutheißen wollen würde, könnte man vielleicht darauf abheben, daß sie
dazu dienen könnte (und eben vielleicht sollte), das zu verhindern,
was dann nämlich meist passiert, wenn man NICHT singen „gelernt“ hat
und es deswegen nicht „kann“: statt zu singen, brüllt man dann, kräht,
schreit, krächzt, blökt, vor allem aber brüllt man eben, und dann
kommt das heraus, was man als Stadiongesang, als Bierzeltgebrüll, als
totalitäres Massenliedgut für Aufmarschplätze und Paraden kennt. Wer
auch nur ein bißchen wirklich singen gelernt hat, hat doch vielleicht
zumindest die Sensibilität gewonnen, sich von derlei grauenvollen
vokalen Phänomen (und von den mit ihnen verbundenen, unreflektierten
stumpfsinnigen, kollektiven Haltungen) angewidert abzuwenden – anstatt
einfach begeistert mitzugröhlen. Weil man nämlich gelernt hätte
(gelernt haben könnte), daß „singen“ nicht einfach nur heißt, den Mund
aufzumachen und irgendwelche Töne von sich zu geben. Verfeinerung
einer Praxis, Nobilitierung eines Könnens durch Technik, Training,
Methode, Bewußtsein könnte beim Singen wie bei fast jeder anderen
menschlichen Praxis auch dazu dienen, daß man sich auch „inhaltlich“
nicht mehr unter ein bestimmtes geistig-moralisches Niveau begibt.
„Böse Menschen haben keine Lieder“: das ist sicher eine trügerische
bildungsbürgerliche Illusion. Aber die Hoffnung, daß die Verpflichtung
auf Minimalstandards an technisch-praktischer Kompetenz einen
(aus)gebildeten Menschen davon abhalten, hinter auch sonstige
zivilisatorisch-humanistische Minimalerwartungen zurückzufallen, darf
man ja vielleicht hegen (und ja, ich weiß: der KZ-Kommandant hört
abends Mozart: aber HÖRT er ihn wirklich?).
Niemand muß in der Schule lernen, gut zu singen – es würde genügen,
wenn er später beim gemeinschaftlichen schlechten Singen nicht mitmacht.
JL
*Von:*Claus Zimmermann über PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>
*Gesendet:* Dienstag, 30. Juli 2024 14:01
*An:* philweb <philweb(a)lists.philo.at>at>; waha3103x(a)googlemail.com
*Cc:* Claus Zimmermann <mail(a)clauszimmermann.de>
*Betreff:* [PhilWeb] Re: Gewalt ist (k)eine Lösung?
Ich sags ja. Singen ist keine Lösung!
Claus
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