Am 11.02.23 um 03:21 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:
Es ist immer etwas unübersichtlich, wenn Antworten auf
Beiträge in
Kurzform unter Sätzen oder Textabschnitten gegeben werden,
Trotzdem denke ich, dass du mir das erlaubst, so weiter zu machen.
Sokrates kritisierte es, die große Rede auf den Tisch gelegt zu
bekommen, statt von Angesicht zu Angesicht mit der Person zu sprechen.
Ich mache mit dieser Form ein Zwischending. Wenn ein Satz des A gelesen
wird, kann B ihn übergehen, wenn er einverstanden ist, dann ist seine
Sache getan. B braucht nicht weiter zu schreiben. Nur wenn er etwas
nicht versteht, oder dagegen schreiben kann, ist die Möglichkeit offen,
die bei der großen Rede nicht gegeben ist. Aber auch dann braucht A das
Geschriebene nicht zu wiederholen, es kann ja sein, dass A es eben nicht
verstehen kann, oder gute Gründe hat, es nicht hören zu wollen. Und wenn
ich schreibe "das verstehe ich nicht", dann heißt das nicht, dass ich
eine weitere Darlegung einfordere. Andererseits ist der Vorteil der
Textabschnitt-Bearbeitung, dass bei jeder Sache nachvollzogen werden
kann, wie der andere denkt. Es scheint deswegen eine bessere
Kommunikation zu entstehen.
zudem lässt das eine rekursive Antwort darauf noch
verwickelter
erscheinen.
Das verstehe ich nicht.
Daher versuche ich nun eher geschlossen auf Deine
Replik zu
antworten, Joseph.
Das kannst du gerne tun.
Ich hatte geschrieben, mir zu keiner Zeit Gedanken
über diverse
Auslegungen des Ideologiebegriffs gemacht zu haben und daher
Ideologien
eher intuitiv als verfestigte, nicht selten missbrauchte Ideale
beschrieben, die zumeist normativ als Weltanschauung erhoben und
vornehmlich in autoritären Staatsformen propagiert, letztlich dann mit
exekutiver Gewalt durchgesetzt werden. Das hat auch für dogmatisch
geprägte oder sektenartige Religionsformen Gültigkeit.
Das alles habe ich so von dir verstanden, nur insgesamt ging es mir um
eine ganz andere Sache.
Das subtile Element derartigen Missbrauchs von Idealen
liegt m.E. in
der Bezugnahme auf deren axiomatische und damit ewigen Gültigkeit im
Sinne des Ideals als Urgedanke. Aus einer derart angelegten Ideenwelt
wird eine prototypische Vollkommenheit abgeleitet, die es für jedes
Leben zu erreichen gilt und in religiöser Vorstellung sogar das irdische
Leben in ein jenseitiges transzendiert.
wie vor.
Wenn ich also schrieb, mir keine Gedanken über
bestehende bzw.
ausstehende Auslegungen der Begrifflichkeit von Ideologie gemacht
zu
haben, heißt das nicht, dass ich keine Vorstellung davon hätte.
Das war mir auch bewusst.
Insoweit gibt es natürlich kein „zu spät oder besser
spät als nie“
für mich. Mein Begriff von Ideologie ist der hier beschriebene und
ich
habe daher kein besonderes Interesse, mich in verschiedensten Varianten
anderer Auslegungen zu verfangen, was aber nicht heißen kann, im
diesbezüglichen Austausch vorgebrachte andere Sichtweisen zu ignorieren.
Das erkenne ich an.
Lediglich Wort- bzw. Begriffsglauberei hält mich davon
ab, meine
Vorstellung zu verändern.
Ich kann mit oder nach dem Wort Begriffsglauberei nichts denken. Ist es
Begriffsklauberei?
https://de.wikipedia.org/wiki/Wortklauberei
Wenn es das letzte ist, kannst du damit jedes Wort des anderen so mit
dem Wort Begriffsklauberei abwehren, wie mit einem Universalargument,
zudem noch pejorativ. Es ist findet dann trotz deiner Offenheit für
andere Meinungen eine Abwertung statt. Denn es gibt dann Meinungen, und
abgewertete Meinungen. Das Wort Begriffsklauberei infiziert somit die
Meinung des anderen mit einer Art Virus.
Andererseits habe ich die Darlegungen zu dem was du in der zweiten Mail
schriebst, leider übergangen, so dass der Eindruck der Begriffklauberei
berechtigt sein kann, weil ich dich mit dem einen Satz sozusagen
festlegte. Aber das habe ich ja auch mit Waldemars Satz so gemacht.
Du Joseph sagst, einen großen Bogen um ein „bewerten“
zu machen und
ich denke, Du willst Dich nicht festlegen, anderen nicht ihre
Meinungen
partout ausreden, was Dir bei Deiner eklektizistischen Attitüde auch
keine besonderen Probleme bereiten sollte; daher lässt es sich sehr
nobel mit Dir diskutieren :-)
Das kann zumindest teilweise so sein, es ist mir nicht so wichtig.
Gleichwohl sagst Du, es ginge darum, genau zu sein und
wenn man das
nicht vermag, dann eben ungenau. Das kann aber doch nur heißen, dass
immer ein „genau sein“ anzustreben bzw. einzufordern ist und sofern das
nicht möglich ist, dann eben nicht auf ein „ungenau“ zu rekurrieren,
Einverstanden, wobei rekurrieren vielleicht nicht das richtige Wort ist.
sondern im Sinne Wittgensteins zu schweigen –
sinngemäß: Über was man
nicht reden kann, darüber muss man schweigen.
Mit dem W. und seinem Satz will ich nichts zu tun haben. Vielleicht wäre
er, Schopenhauer in den Mund gelegt, ein Scharlatan wie Hegel. War sein
Primat die Sprache? Ich weiß es nicht. Primär der Wald, und dann die
Bäume? Es kann sein, dass sich folgende Frage sich oft stellt: Was ist
das Primat dieser Person. Nur als Beispiel: Für dich scheint es mehrere
Sachen zu geben, das Göttliche, sekundär noch die Information (weil du
mal dem .. zustimmtest, alles ginge um Information), für Ingo
Mathematik, Physik, Geschichte, für Waldemar die Biologie und die
Geschichte, wobei man jeweils genauer sein kann. Jeder kann ja selbst
sagen, was sein Primat oder Primäres ist, ich hüte mich,
Fremdbezeichnungen zu sagen, also andere mit einem Wort festzulegen. Und
damit bin ich zurück beim "ungenau sein".
Wenn man sich die Lebenswelt so ansieht, müsste sie
demnach viel -
sehr viel schweigsamer sein.
Das stimmt, das nennt man Epochä, die Schreibweise ist nicht fest:
https://de.wikipedia.org/wiki/Epoche_(Philosophie). ... dafür braucht es
den Wittgenstein also nicht.
Dein Beispiel vom Bedenken vorhandener Wörter, wie
z.B. Wärme und
Kälte habe ich nicht verstanden (heute sagt man – nicht
nachvollziehen
können). Wärme und Kälte würden ihren Sinn verlieren, weil sie durch die
Möglichkeit der Temperaturmessung obsolet geworden wären. Mitnichten
doch, Joseph hat Temperatur (als Messergebnis) den Wörtern Wärme und
Kälte die „Show gestohlen“. Abgesehen vom Substantiv Kälte werde ich Dir
jetzt sagen, dass es hier im Raum kalt geworden ist und ich nun zu Bett
gehen sollte. Die Heizung läuft hier um 3 Uhr nachts im absoluten
Sparmodus und ich weiß, ohne auf's Thermometer zu sehen, dass nicht nur
der Raum kalt, sondern auch meine Füße kalt geworden sind.
Kalte Füße, dieser Begriff steht auch für eine ganz andere Gegebenheit
und bevor diese hier eintritt, mache ich erst mal Schluss für heute und
das mit der mir innewohnenden Gewissheit, nicht dem Kreis „binärer
Figuren“ anzugehören :-)
Völlig richtig, das letztere. Obwohl die Temperatur in den meisten
Berechnung in der Physik genügt, bleiben die zwei Sachen Wärme und Kälte
im Erleben der Lebewesen weitaus wichtiger. Ihr Sinn ist also nicht
verloren. Das Beispiel war also nur geschrieben, um die binäre Figur
aufzuzeigen: Ideologie oder Nicht-Ideologie. Bei Wärme und Kälte sind
jedoch zwei binäre Figuren der Art "Sein und nicht-Sein", oder eben
mehrere Figuren, wobei ein Mittelpunkt das Wohlbefinden oder
Nicht-Merkliche anzeigen würde. Es geht mir dennoch nicht um Ideologie,
sondern um etwas ganz anderes. Wenn du die Texte zu den Links gelesen
hast, kannst du darauf kommen. Wenn nicht, ist das auch nicht schlimm.
Dort würde ich die Frage mit dem Biologielehrer stellen: Binär wäre es,
zu sagen: Es gibt Flugtiere und Nicht-Flugtiere. Flugtiere wären Vögel
und Fledermäuse. Oder anders gedacht: Es gibt Tiere modulo Fliegen und
Tiere modulo Nicht-Fliegen. Dazwischen der graue Bereich: Hühner. Dann
ist eine implizite Kategorie bei der Person vorhanden, die sich auf das
Fliegen bezieht. Derjenige, der "genealogisch-kladistisch" denkt, für
den ist das Kriterium "Fliegen" eine sekundäre Sache, ein Biologe hat
dazu spezielle Wörter, ich bin sogar vorsichtig mit dem Wort
Eigenschaften. Diese Vorsicht ist eher auch mit dem Wort Epochä zu
denken, Schweigen würde das Denken beenden, wo es nicht beendet werden
muss, das noch einmal entgegen Wittgensteins Satz. Den Satz könnte ich
jedem als eine Art Universalargument vorlegen, wenn ich ihn zum
Schweigen bringen wollte, so gesehen ist der Satz Gift, das ständige
Nutzen Giftmischerei oder zumindest eine Art Ohrwurm, zudem eine
Kombination aus Sollen und Wissen, nach Art eines dichten Begriffes oder
Satzes. Ideologie als Begriff ist wohl auch ein dichter Begriff. (in der
Begriffssprache gedacht)
Ingo kann mich gerne in Bezug auf Wichtigkeit von Temperatur und
Mathematik berichtigen, es ist sicher dabei ein Klärungsbedarf.
Noch zum Wort "nachvollziehen", das ich auch so nutze. Das Wort
"verstehen" ist auch gut, wenn auch ein wenig Definitionsbedarf
vorliegt. Beides scheint eine Art "denken" zu sein. Es ist
wahrscheinlich gut, das "verstehen" vom "einverstanden sein" (oder
"zustimmen", "für-wahr-halten") zu unterscheiden. Eine kranke Person,
eine schädigende Person A kann von einer Person B verstanden werden,
obwohl B an bestimmten Teilen der Sachen bei A das nicht haben will, was
A hat, oder das nicht tun würde, was A tat. Ist diese Definition
brauchbar? Ärzte sollen Kranke verstehen, und Richter Täter auch, nur ...
Nebenbei bemerkt: Ich beschäftige mich zur Zeit mit Kategorisierung und
einer Sache, die bei fast jeder Person und bei anderen Tierarten
erstmals geschah wie das Sich-Herstellen der Fähigkeit des Erkennens der
Objektpermanenz.
JH