Am 23.10.22 um 19:28 schrieb waldemar_hammel über PhilWeb
wieder einige düstere Prognosen, gegen die Karl sich wehrt. Auch ich
gebe mich nicht der Truthahn-Illusion hin, oder doch? Ich bin ich zur
Zeit nicht fähig, etwas dazu beizutragen. Als Mann von der Straße erlebe
ich auch Höhen und Tiefen, und wenn der Truthahn über dreihundert Tage
hofft, und an einem Tag geschieht das Unerklärliche, dann ist es vom
Gesichtspunkt dem Verhältnis der Jahreszahlen her nicht so schlimm. Und
auch nicht, wenn Folgendes geschieht, was Waldemar schrieb:
der gute mensch von heute, der dich vielleicht aus dem wasser zieht, ist
morgen dein mörder ...
Denn ein Mensch hat viele Jahre für die Hoffnung, ein Truthahn nur ein
einziges.
Es ist bei vielen auch ökonomischen Vorhersagen so, dass es ziemlich
sicher ist, dass sie kommen, dass aber der Tag nicht bekannt ist, wann
sie kommen. Sogar der Tod kommt ungerufen, wie der Dieb in der Nacht.
Die Pascalsche Wette kann sich auch auf die Hoffnung beziehen, morgen
noch zu leben. Es kann sein, dass fast alle die folgenden Fragen abwehren:
Warum ziehst du dich morgens warm an, du ziehst dich am Abend doch
wieder aus?
Warum bleibst du nicht im Bett liegen, wenn du dich am Abend sowieso
wieder hinein legst?
Warum kümmerst du dich um Geld, denn es gilt immer "Wie gewonnen so
zerronnen"?
oder den Einwand:
Du lebst doch, als käme der Tod nicht zu dir!
Ich mache gerne auch eine Analogie des individuellen Lebens mit dem
kollektiven Leben, über die Zeit. Die Einzelperson hat die Möglichkeit,
sich mit großen Empfindungen durch Drogen schnell abzunutzen, oder aber
sie verteilt die Genüsse auf so viele Jahre wie möglich. (Mit der
halbwahren Annahme, alle seien Hedonisten). So ähnlich könnte es auch
mit dem kollektiven Leben über die Jahre sein. Bei letzterem kommt die
Zahl der Personen als Faktor dazu. Wollen 5 Milliarden so extensiv leben
wie ein Zehntel von ihnen, dann kann ja jemand mal ausrechnen, ob das
mit Windkraft, Solarzellen, und sonstigem Fortschritt möglich ist, und
wie lange. Schon Malthus formulierte diese Frage korrekt, und mit
stochastischen Rechnungen kann Ingo seine Kompetenz schon mal einsetzen.
Die Personen aller Länder, egal welcher Art die Obrigkeiten sind,
tendieren zur Erhöhung des Wohlstands. Auch die Guten, welche die Armen
fördern, merken nicht, dass diese, wenn sie aus der Armut heraus sind,
nicht damit zufrieden sind, sondern ihren Wohlstand weiter erhöhen
wollen. Diese Guten fördern den hohen Konsum, wenn auch nicht
anfänglich. Und neben den Guten sind diejenigen, die sagen, dass die
Reichen immer reicher werden, und die Armen immer ärmer. Sogar die
Menschenrechte geben das Recht, unbegrenzt viel zu reisen, das ist eine
Rechnung ohne den Wirt. Die bekannte Hoffnung, dass der Wohlstand der
Vermehrung ein Ende setzt, ist weder falsch noch richtig. Denn es kommen
immer noch mehr dazu. Auch die Berechnung, nach der ein Mittelwert des
Reichtums eines Landes definiert, wer arm ist, ist eher falsch als
richtig. Stell doch mal die Frage an wenige Personen: "Was würdest du
machen, wenn du mehr Geld hättest?" Einige werden dann zu Guten, andere
wollen zuerst ihren Wohlstand erhöhen.
Der Rückblick, die Induktion, die Extrapolierung, die du allgemein
vornimmst, Waldemar, kann nur bei den einzelnen Sachen errechnet werden,
und dann summiert werden. Vor langer Zeit war Smog auf dem
Tagesprogramm, dann sogar Blei, das ständig in die Luft geschleudert
wurde, und den IQ der Bewohner an bestimmten Orten minderte, dann kann
immer auch eine Krankheit kommen, die auf einen Schlag den IQ im
Durchschnitt mindert. All das sind keine Illusionen. Aids ist schon
nicht mehr auf der Tagesordnung.
Was ich damit sage: Der Tod ist individuell auf dem Programm, und
kollektiv in der Zeit. Ich muss aber nicht ständig daran denken. Einige
Philosophen sagten, man solle den Tod ständig vor Augen haben. Ich hasse
es, mich, das alles geschrieben zu haben. Denn das kann jeder sehen wie
er will, oder eben nicht sehen. Hoffentlich schreibe ich nichts mehr dazu.
JH