Am 15.09.2020 um 00:05 schrieb waldemar_hammel via Philweb:
Wh: zur endlichen lösung des leib-seele problems: schlage ich der
einfachheit halber vor, dass seelen vererbt werden,
es muss also irgendwo der genetische schlüssel sein, ein oder mehrere
seelengene,oder seelen-abschnitte auf irgendwelchen genen …
Dieser Ansatz ist durchaus nicht abwegig, denn das zutiefst individuelle
ICH eines Menschen wird zweifelsfrei auch durch Vererbung prädisponiert,
wie der angeborene Charakter, div. genetisch bedingte Veranlagungen (die
sich grundsätzlich auf die Mentalität auswirken) und nicht zuletzt auch
durch phylogenetische Erbanteile beeinflusst.
Aber kommen wir zunächst vom ICH des Menschen, dem ich aus Überzeugung
auch eine immaterielle Komponente zuschreibe zu Deinem Einwand dagegen:
Wh: meiner meinung nach hat auch der mensch, genau wie andere tiere und
die pflanzen, bakterien, viren KEINE "immaterielle" seite, alles ist
stoff, und dieser stoff wird durch "stoff" in form von energie
bewegt (E=m mal c-quadrat),da ist überhaupt nichts geheimnisvolles dran
oder drin, und kein bezug zu irgendwas höherem oder immatriellen.
Rein stofflich gesehen ist das sicher zutreffend. Nichtstofflich könnte
ein anderes Denkmodell greifen. Unter „immateriell“ verstehe ich eher
die gängige Begrifflichkeit von Nichtkörperlichkeit im abstrakten Sinne
also sog. Geistiges. Doch auch das „Geistige“ hat ein stoffliches
Substanz-Attribut, das schließlich zur angenommenen Interaktion
(Informationstausch) mit dem Körperlichen zwingend erforderlich ist.
Welcher Art diese Information ist, in welchen Feldern und per welchen
Teilchen sie sich vermittelt, wird man (soweit ich weiß) derzeit noch
aus keiner wissenschaftlichen Theorie entnehmen können.
Anstatt Deiner oben angegebenen (klassische Form: e=mc²) des
Energietransports, würde bei angenommener Nichtstofflichkeit (Fehlen von
Masse) ein Informationstransfer z.B. per Photonen (ohne Ruhemasse)
möglich sein: Energie (damit auch Information) = E = hν.
Der Unterschied in unserer Sichtweise auf den Menschen (Tier- und
Pflanzenwelt etc. erst mal zurückgestellt) ist, dass Du Immaterialität
offenbar vornehmlich im Kontext übernatürlich geistiger Phänomene
interpretierst, die Du in keinster Weise mit der von Dir beschriebenen
Körperlichkeit (bewegte Energie) aller Lebensformen in Verbindung
bringen willst, während ich durchaus einen Einfluss immaterieller
Agenzien auf die Physis allen Lebens annehme; diese Einwirkung
vordergründig aber nicht undefinierbaren, lediglich zu glaubenden
„geistigen Kräften“ o.ä.zuschreibe.
Wh:mensch, fledermaus, spinne, selbst bakterie und insbesondere auf der
zusammenhang zwischen allem sind "göttlich" in konstruktion und leben,
wahrhaft unsagbar phantastisch,andererseits sind wir allesamt, alles
lebendige, armselige spielereien von stoff und energie, die auf nichts
hoffen können, als auf vermehrung und tod,
Auch ich hoffe auf nichts (etwa auf eine Existenz in jenseitigen Welten
nach dem Ableben), denn diese Hoffnung steht ja nur für wirklich
Glaubende auf (deren) festem Fundament. Glauben ist für mich (selbst als
Katholik) ein schwerlich zu ertragendes Los.
Vielleicht zwischendurch eine Anekdote (wenn man es so nennen darf), an
die ich mich schwach erinnere. C.G. Jung wurde bisweilen des
Agnostizismus bezichtigt (was in den 1950ern noch Wirkung hatte); in
einem Rundfunkinterview wurde er gefragt, ob er an Gott glaube, was er
verneinte. Seine Antwort war, er glaube nicht an eine Existenz Gottes
sondern sei überzeugt davon.
Als ich das damals hörte, in sehr jungen Jahren, war dann auch ich davon
beseelt, nicht glauben zu müssen sondern überzeugt sein zu können
(keinesfalls jedoch von einem anthropomorphen Gottesbild ausgehend); um
diese Überzeugung zu gewinnen, braucht es viel Erkenntnis um die Dinge
zwischen Himmel und Erde, da gibt es noch viel zu erfahren für mich :-)
Aus diesem Zusammenhang heraus wird deutlich, warum ich nie und nimmer
von jener Überzeugung, wir Menschen wären nichts weiter als letztlich
todgeweihte, armselige Spielereien von Stoff und Energie, zu überzeugen
sein werde.
Soviel zu Überzeugung – oder vielleicht doch noch ein Gedanke dazu:
Liegt nicht eine immense Gefahr darin, durch unzureichende resp.
unzutreffende Annahmen des Weltgeschehens (physikalisch,
gesellschaftlich-kulturell, wissenschaftlich, politisch etc.) eben jene
Überzeugungen (meist vorschnell) zu verfestigen, die als absolute
Wahrheiten (nicht selten in dogmatischer Manier) postuliert oder gar
proklamiert werden, doch letztlich aber nicht der (Lebens-)Wirklichkeit
entsprechen und somit in die Irre führen.
Wh: insofern ist, nach oben, und so wie du verstanden, ALLES beseelt,
nämlich von diesem wie ich es erlebe "altgoldglanz" beleuchtet und
durchleuchtet,aber das ist rein subjektives erleben, und wird
autopoietisch (nur) in meinem hirn hergestellt,
Und hier wollte ich mich – gerade wegen Deinem so wunderschön
beschriebenen Erlebnis von „Altgoldglanz“ (als bestes Beispiel für
phänomenales Erleben – der Qualia) - nicht durch die ernüchternde
reduktionistische Erkenntnis (zwar) zutreffender bio-physikalischer
Prozessabläufe (als schnöder Autopoiesis) eben nicht beirren lassen,
sondern diesen „Altgoldglanz“ immer wieder nur als „ganzer“ Mensch, eben
mit Leib und Seele erleben dürfen. Locker ausgedrückt heißt das: was
sich da im Hirn/ZNS abspielt - sei es Autopoiesis, sei es Fiktion (etwa
das von Dir erwähnte Beispiel zum „false belief“), sollte mich (mit
pragmatischem Realitätsbezug) für eine lebens- und liebenswerte
Daseinperiode auf diesem Erdenkügelchen nicht (be)kümmern. Ganz so wie
Du es schreibst!
wh: [...] und ich muss mich bezüglich realitäten eben an die realität
halten, und nicht an hirnliches erleben,
Bezüglich Reduktionismus vielleicht an dieser Stelle noch zu Deiner
Definition der Emergenz:
wh: ding A bewege sich in einer sekunde von B nach C,
wir gehen im alltag davon aus, dass ding A vorher in B lag und jetzt in C,
das stimmt aber nicht ! denn auf ding A haben in einer sekunde 10 hoch
44 verändernde wechselwirkungen stattgefunden,und zwar, je nach größe
des dinges noch mal x planckgrößen-kubik, also 10 hoch 44 mal x
planckgröße-kubik in todo,
und das ohne die zusatz-wechselwirkungen im eigen-zeit-raum, den ding A
zusätzlich mitschleppt so ist ding A in B bei weitem nicht mehr das ding
A in C,
ding A in B hat von ding A in C den "semantischen abstand" von: 10 hoch
44 mal (1sec)* planckgröße-kubik * y eigenraumzeiten und das gilt für
alle vermeintlichen "emergenzen",[...]und deshalb sind "emergenzen"
scheinphänomene ohne realitätsgehalt.
An Deinem Beispiel irritiert mich (womöglich einer Unkenntnis
geschuldet) Dein Bezug auf Emergenz. Denn allgemein gilt für Emergenz,
dass sich Eigenschaften eines diesbezüglich betrachteten Systems nicht
(ohne weiteres) auf separate Eigenschaften seiner Elemente zurückführen
lassen. In obigem Beispiel stellt also Ding A in B ein System dar und
(nach Verlagerung) Ding A‘ in C (Deiner Interpretation gemäß) ein
gänzlich anderes. Dieser Umstand allein lässt m.E. die Betrachtung
dieser „Systeme“ unter dem Aspekt von Emergenz nicht zu, da die
beschriebene Wechselwirkung nicht synergetisch (wechselseitig nicht
förderlich, also qualitativ nutzlos) ist.
Das ändert nichts daran, dass Emergenzen tatsächlich (sehr nützliche)
Scheinphänomene sind, wie das eine mir sehr eingängliche Beschreibung
(ich denke, sie ist von Max Tegmark) klar machte: man stelle sich die
gewaltige Anzahl von H2O-Molekülen (an die Tafel geschrieben) vor, die
sich in einer gefüllten Badewanne befinden; sehr unwahrscheinlich wird
man dabei das Gefühl von Wasser (das einem im Bade wohltuend umgibt)
empfinden. Erst die tatsächlich erlebte Empfindung der Gesamtheit von
unzähligen Wassermolekülen vermittelt das Gefühl bzw. das Wesen von
Wasser. Das ist ein prägnantes Beispiel für Emergenz; die Wassermoleküle
(auch in ihrer Anhäufung) sind beobachtbare physische Realität, das
Empfinden von Wasser ist ein (meist sehr angenehmes) Scheinphänomen.
Nun also auch hier erst mal wieder ein „break“.
Mit bestem Gruß an Dich und in die Runde!
Karl