Am So., 19. März 2023 um 07:09 Uhr schrieb Karl Janssen über PhilWeb
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Es gibt
allerdings genug Spekulationen über eine "geheime" oder nicht veröffentlichte
Lehre des Leibniz. Wie überhaupt das Gerücht umgeht, dass einige Autoren der Aufklärung
insgeheim eigentlich Atheisten waren und sich nur dem gesellschaftlichen Wohlgefallen
wegen einer christlichen Rhetorik bedienten. Darüber will ich mich nicht auslassen.
Diese Annahme ist eher zutreffend als Spekulation, wobei man
zwischen Denkern unterscheiden muss, die tatsächlich Atheisten
waren und solchen, die sich den absurden Lehren der
klerikalen Amtsträgerschaft entgegen stellten und das auf mehr
oder weniger verhohlene Art. Ein bestes Beispiel sehe ich in
Giordano Bruno - und nebenbei, mit ihm verbunden, meine Abscheu
gegen jene, die sich heute als Atheisten ausgerechnet auf diesen
großartigen Denker beziehen, der selbst nie und nimmer Atheist,
sondern radikaler Gegner der damalig vorherrschenden
klerikalen Machtclique war.
Giordano Bruno war, nach dem, was ich weiß, eigentlich eher der erste
Pantheist der Philosophigeschichte, wenn man den Jakob Böhme nicht
dazuzählt.
Pantheismus unterscheidet sich, distanziert gesehen, schon von den
klassischen Theistischen Lehren.
Der Monotheismus oder "klassische Theismus" oder die abrahamitischen
oder "sekundären Religionen" (Assmanns "mosaische
Unterscheidung",wobei ich hier sagen muss, dass ich dem teilweise
widersprechen muss) lehrt im Allgemeinen etwa folgendes: Gott mit
Nichts in der Welt vergleichbar, insbesondere nicht mit Eigenschaften
oder Relationen von Dingen (negative Theologie). Man darf sich deshalb
kein Bild von ihn machen.
Gleichzeitig werden gewisse Attribute diesem Gottesbild zugeschrieben:
Allmacht, Allwissenheit, Allgüte usw.
Dieser Gott ist der Schöpfer der Welt. Er hat diese Welt sozusagen gemacht.
Beim Pantheismus ist es genaugenommen nicht so. In diesem Bild ist
Gott identisch mit der Welt oder auch "Natur". Weder die göttlichen
Attribute, noch die Schöpfungseigenschaft, noch das Bilderverbot macht
vor diesem Hintergrund einen großen Sinn.
Der Atheismus dagegen bestreitet die Existenz eines göttlichen Wesens.
Nicht mehr und nicht weniger als das. Theoretisch könnte ein Atheist
damit immer noch jegliches Weltbild haben. Die rein negative
Definition lässt eine gewaltige Vielfalt zu. Schopenhauer und Marx,
Nietzsche und Fritz Mauthner waren alles Atheisten. Die Spanne des
Weltbilds reicht also von idealistischen Pessimismus bis hin zu einem
knallharten Materialismus.
In der Praxis zeigt sich, dass die meisten Atheisten sowohl in
ethischen Betrachtungen als auch in der Fragen des Weltbild
erstaunlich ähnlich sind. Es scheint auf eine Art Naturalismus und
eine Vernunftsethik hinauszulaufen. Nach meinen Gefühl eher
utilitaristisch.
Die Frage nun, warum sie existieren und woher sie
rühren, sollte
jeder, der darüber nachdenkt, letztlich für sich selbst klären.
Es ist natürlich die Frage. Wenn man unter dem Wort "Naturgesetz"
letztlich die physikalische Theorie versteht, nicht die beobachteten
Effekte selbst, dann klärt sich vielleicht manches.
Die Vorstellung des Naturgesetzes erzeugt Assoziationen zu
Verkehrsregeln. Die müssen von jemand aufgestellt worden sein.