Am 02.06.2021 um 13:28 schrieb Joseph Hipp via Philweb
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ist die zufallsbedingte Unsicherheit gerade nicht
zu vernachlässigen, um die Ursachenbehauptung rational und nicht bloß emotional
einschätzen zu können.
Ich bin gerade an einem Text, in dem ich zu denken gebe, dass gerade die Nutzung des
Wortes Zufall Probleme herstellt, die durch Differenzierung vermieden werden können. Dort
werde ich zu denken geben, dass der Zufall, der in eine Kausalkette eintritt, etwas
anderes ist als der Zufall, bei dem die Zeit nicht vorkommt, nämlich bei der Frage, wie
eine Sache jetzt ist, etwa wenn ich mir die Frage stelle: Warum sind diese zwei Sachen
immer zusammen. Warum kommen diese zwei Personen immer im Doppelpack. Dann kann die
Antwort sein: Das ist Zufall. Aber das ist ein anderer Zufall als der Zufall im Geschehen.
Deswegen kann ich mich nicht äußern, wenn Wörter undifferenziert benutzt werden, sogar im
Doppelpack wie mit "zufallsbedingte Unsicherheit". Und wenn dann noch weitere
Wörter (emotional, rational) hinzukommen, die fragwürdig sind. Du bist ja ein Experte im
Unterscheiden von Schwadronnieren und ..., pass auf, dass du dir damit nicht selbst eine
Grube gräbst. Ich lache, meine es gut mit dir, und danke dafür, dass ich einiges als
Anregung aus deinen Schreiben entnehme. Beim Lesen von folgendem Satz lache ich ganz
laut:
Umgangssprachlich über "Kausalitaet, Zufall
und Moeglichkeit“ zu schreiben, bleibt bloßes Schwadronieren,
eine Verfeinerung des Verständnisses erlangen wir
nur durch Mathematik und Technik in der Physik.
Schön wär's!
In Analogie zu den natürlichen Phasen des Wassers: fest, flüssig und gasförmig, hat
Mandelbrot die `Phasen' des Zufalls beschrieben als milde, langsam und wild. Und wie
die statistische Physik einen einheitlichen Rahmen für die Beschreibung der Festkörper,
Fluide und Gase bildet, sind es in der fraktalen Stochastik die `wilden’ Levystabilen
Verteilungen, die als idealisierte Grenzfälle die `langsamen’ Lorentz- und `milden’
Gaußverteilungen enthalten. Was Wiener mit der maßtheoretischen Behandlung der Brownschen
Bewegung und des elektronischen Rauschens begonnen hatte, setzte Mandelbrot mit dem
fraktalen Verständnis der geometrischen Rauheit fort.
Wie willst Du denn den unendlichen Feinheiten einer mathematischen Behandlung von
Zufallsprozessen mit Wörtern auch nur im Entferntesten nahe kommen? Dabei sind Deine
obigen Unterscheidungen des Zufalls hinsichtlich einer Zeit- oder Scharbetrachtung in der
statistischen Physik lange bekannt. Und wie steht es mit der Beziehung zwischen beiden?
Und wie viele Zufallsprozesse mögen die Stochastiker bereits unterscheiden? Wird es dafür
jemals alltägliche Wörter geben?
IT