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Am 05.05.2022 um 10:31 schrieb Ingo Tessmann
<tessmann(a)tu-harburg.de>de>:
Am 04.05.2022 um 23:25 schrieb Karl Janssen
<janssen.kja(a)online.de>de>:
Das sollte mir hoffentlich auch längst bewusst geworden sein und daher hatte ich, bezogen
auf die Wortkombinationen „Wechsel-Wirkung“, Wechselwirkung natürlich nicht in einen
direkten „Wirkungszusammenhang“ mit dem Begriff von Verschränkung gebracht. Wie sollte das
auch möglich sein, wo ich doch auch anführte, dass man zwar um das Phänomen der
Verschränkung weiß und dieses zudem experimentell nachgewiesen ist, jedoch definitiv noch
keine Erklärung dafür bekannt ist.
Hi Karl,
hältst Du die Gültigkeit der Quantenalgebra nicht für erklärend genug?
Da sehe ich keinen direkten Zusammenhang mit dem, was ich zuletzt zur Wechselwirkung
geschrieben habe. Quantenalgebra wäre auch das letzte, woran ich bei WW denken würde;
dieses nicht weil ich QA als nicht erklärend finde, sondern weil es mir zu mühsam ist, in
mich die Konzepte von Lie-Gruppen und deren spezielle Algebra einzuarbeiten. Hinzu kommen
dann noch Supergruppen und Fragen bzgl. der Kummitatvgesetze. Das alles im nicht gerade
simplen Bereich von Differentialgeometrie. Wozu sollte ich meine Zeit dafür opfern, wo
doch die Youngster an den Unis genug damit zu kämpfen haben und hoffentlich als Ergebnis
ihrer Mühen, diese Phänomene in verständliche Sprache überführen. Sollte es ihnen nicht
gelingen, braucht es wieder einen Goethe!
Im Gegensatz zu zeitlichen WW ist es bei der
Verschränkung die instantane Einbettung im Ganzen, die womöglich Goethe poetisch besser zu
formulieren wusste? „Natur hat weder Kern noch Schale, alles ist mit einem Male“.
Schrödinger führte den Ausdruck „Verschränkung“ ja in der Artikelserie „Die gegenwärtige
Situation in der Quantenmechanik“ ein, die er noch 1935 sogleich als Antwort auf die
Arbeit von Einstein gegeben hatte. Hast Du die etwa noch nie gelesen?
Soweit ich mich erinnere (ich mag falsch liegen) hat Schrödinger unter diesem Titel einen
vielbeachteten Vortrag (in Starnberg?) gehalten, der vom BR übertragen wurde. Jedenfalls
habe ich diesen Vortrag (als Podcast) mehrere Male gehört, weil ich sehr davon angetan
war.
Oder meinst Du, dass es für alles alltagstaugliche
„Erklärungen“ geben müsse? Bei mir wäre es gerade umgekehrt, da ich umgangssprachliche
Alltagstrauglichkeit hinsichtlich der unendlichen Naturvielfalt für die Ausnahme halte.
Umgangssprache hat doch nicht unbedingt einen unmittelbaren Bezug auf Alltagstauglichkeit
denke ich. Damit verbinde ich meine Überzeugung, dass man aus gutem Grunde die Unschärfe
des Alltagsgeschehens resp. -empfindens (Goethes „Gütiger Schleier der Natur“) nicht
(permanent) der messerscharfen Analyse von Wissenschaftlichkeit aussetzen muss. Wer es
dennoch so will oder braucht, kann es ja nach Belieben so betreiben.
Bleiben wir also kurz bei Mathematik als der exakten Sprache der Natur in der sich auch
die Gesetzlichkeit der Chemie darstellen lässt. Um eine Analogie zu benutzen: ich trinke
aus einem Glas frisch abgefülltes Quellwasser (wie zuletzt tatsächlich oft getan) und
erfreue mich der Frische und des Geschmacks, ebenso genießt das eine neben mir sitzende
Erährungswissenschaftlerin, die glücklicherweise darauf verzichtet, mir die chemischen
Eigenschaften dieses Wassers zu erklären. Man könne eine „Wasservergiftung“ bekommen, wenn
man zuviel auf einmal davon „in sich schüttet“, habe ich mir gemerkt. To make the long
story short: ein (Lebensmittel)Chemiker wird sein einzunehmendes Essen immer anders
bewerten, als ein diesbezüglich unbedarfter Mensch.
Dabei kommt es doch häufig vor, dass mathematische Ausformulierungen verblüffender
Experimentalergebnisse oder nicht weiter verfolgter Ansätze mehr Folgerungen zulässt als
erahnt werden konnten; denn auch die mathematischen Strukturen sind unendlich vielfältig.
Und statistische Verteilungen enthalten stets mehr als wir von ihnen wissen können. Das
macht ja gerade den Sinn von Wahrscheinlichkeit aus. Denk nur mal an Elitzur and Vaidman:
"The concept of interaction-free measurements."
Das muss ich mir erst mal ansehen.
Beste Grüße! - Karl
IT