Hallo Karl & PhilWeb,
Zum Quasibewusstsein intelligenter Maschinen:
Könnte man nicht dazu sagen: Wer alles lernen muss, kann gar nichts lernen. Menschen und
auch andere Tiere können nämlich schon eine ganze Menge, wenn sie auf die Welt kommen:
sehen, hören, fühlen, tasten, einfache Klangstrukturen erkennen etc. Das ermöglicht Ihnen,
in Interaktion mit der Umgebung und speziell Artgenossen, den Rest zu lernen. Man könnte
einwenden, dass mit entsprechenden Sensoren ausgestattete Apparate auch Farben und Töne
unterscheiden können. Aber ist das das gleiche wie sehen und hören? Man kann
unterscheiden, ohne zu sehen und zu hören, etwa durch Messung von Wellenlängen, die
erfahrungsgemäß Farben und Tönen korrelieren, und man kann hören und sehen, ohne hinterher
Gegenstände in Schubladen zu stecken.
Ich nehme an, es wird versucht, tierische Hardware nachzubauen, in der Erwartung, dass sie
dann nach dem Gesetz, dass ähnliche Voraussetzungen ähnliche Folgen haben, lebt, ohne dass
man ihr Leben eingehaucht hat. Das könnte man nämlich nicht, wie man ja auch selbst auf
diese Voraussetzung angewiesen ist und sie nicht hervorgebracht hat wie Technik,
künstliche Sprache, Zivilisation.
Grüße, Claus
-------- Ursprüngliche Nachricht --------Von: "K. Janssen via Philweb"
<philweb(a)lists.philo.at> Datum: 10.08.17 05:20 (GMT+01:00) An:
Philweb(a)lists.philo.at, Arnold Schiller <schiller(a)babsi.de> Betreff: Re: [Philweb]
Brauchen wir einen digitalen Habeas Corpus?
[Philweb]
Hallo in die Runde
wh: „die Menschen sind Idioten..“
Das ist durchaus eine Kernaussage! Solchermaßen auf den Nukleus des homo
sapiens reduziert würde es sich (wieder mal) lohnen, über die
Sinnhaftigkeit seiner Existenz zu philosophieren. Erdgeschichtlich ein
„Windhauch“ (Arnold), mehr nicht – in der Tat! Was dieser idiotische
„Windhauch“ jedoch dieser Erde (als Organ gesehen, Maja eben!) innerhalb
kürzester Zeitspanne angetan hat, lässt sich sehr wohl mit uns bekannten
(mehr oder weniger wissenschaftlich belegten) drastischen klimatischen
Auswirkungen urzeitlicher Naturkatastrophen messen. Kleine Ursache
(Windhauch) - große Wirkung (?): Nach allem, was wir (Idioten) zu wissen
glauben, wird sich die große Wirkung vor allem auch gegen uns richten,
wie ein Bumerang vornehmlich urbane Lebensbereiche treffen,
„Mega-Cities“ auslöschen. So brutal fatalistisch wie realistisch ist
diese Sicht auf die heutige Welt, zuvorderst die auf Asiens
Industriezentren (wie sie mir kürzlich vor Augen geführt wurde).
„Macht euch die Erde untertan!“ Diese biblisch überlieferte Aufforderung
des Weltenschöpfers (wer/was immer das sein mag) wurde ganz
offensichtlich zu wörtlich genommen. Also sind wir Menschen tatsächlich
Idioten? Unmöglich, da wir doch einst aus dem Paradies geistiger Welten
verstoßen wurden, weil wir von Frucht vom Baum der Erkenntnis angeeignet
haben! Also liegt es doch nahe, diese Zusammenhänge ergründen zu wollen,
was üblicherweise zu der (landläufigen, sog. philosophischen) Frage
führt: „Woher kommen wir und wohin gehen wir?“
Mich selbst interessiert nicht so sehr das „wohin“ an dieser Frage,
vielmehr hingegen das nicht-biologische "woher“ und vor allem eine ganz
andere Frage: Wozu?
Hoffentlich doch nicht dazu, einen über Jahrmilliarden großartig sich
entwickelt habenden Lebensraum innerhalb kürzester Zeit für sich, den
ebenfalls phantastisch entwickelten Homo sapiens sapiens und weitere
Lebewesen unbewohnbar zu machen!
Dieser Homo sapiens sapiens ist offensichtlich nicht als „Idiot“
angelegt, sondern als ein (durchaus) per Erfahrungswerten
selbstlernendes bio-chemisches Gebilde, das zudem, ebenso
offensichtlich, mit immateriellen (orts- und zeitungebundenen)
Informationssystemen in Verbindung stehen kann. Im theologischen
Terminus: Von Engeln oder Teufeln und zwischendurch von Heerscharen mal
seliger, mal unseliger Geister besessen. Seinerzeit hatte man sich in
diesen Kreisen ja auch über die mögliche Anzahl von Engeln auf einer
Nadelspitze gestritten [wh]. Dieser Disput hat zu nichts geführt, ebenso
wenig weiterführend, wie die „Ausflüge“ pseudo-religiöser Eiferer,
Spiritisten und Esoteriker in ihre anthropomorphen Geisterwelten. Man
kann und sollte die Frage „wozu Homo sapiens sapiens“, bei allem
Verständnis für unterschiedlichste Weltsichten, im Licht eines
neuzeitlichen Rationalismus erörtern: Ich denke, also bemerke ich, dass
ich kein Idiot bin; ebenso, wie Milliarden weiterer Zeitgenossen
rational denkende, intelligent handelnde Menschen sind.
Einzig Voraussetzung für eine nahezu unglaubliche technische
Entwicklung, die sich keinesfalls mehr linear sondern definitiv
exponentiell vollzieht. Erstaunlich nur, dass sich dieser rational
denkende, intelligente Homo sapiens sapiens, quasi als Homo Faber, damit
eine digital-technisierte Welt geschaffen hat, in der er eben gerade
diese seine herausragenden Eigenschaften zu verlieren droht; in der sich
das damit geschaffende symbiotische Verhältnis zwischen Mensch und
Maschine (Computer) zu seinen Ungunsten verschiebt, die Balance verliert
durch den Verlust von Inspiration, Intuition, schlichtweg von Spürsinn.
Einen Spürsinn, den (so vermute ich) eine „Maschine“ letztlich nie haben
wird.
Gleichwohl sind KI-basierte Systeme („Maschinen“) in vielen Bereichen
technischer Anwendungen wesentlich präziser, verlässlicher und
belastbarer einsetzbar als Menschen. Die bisher überwiegend eingesetzten
Systeme bezogen ihr „Wissen“ durch einprogrammierte Erfahrung, sind sog.
Expertensysteme und damit noch (von zumindest ihren Entwicklern)
kontrollierbar. Ebenso wie Industrie-Systeme, die auf Basis von NN
(neuronale Netze) realisiert (modelliert) wurden und deren „maschinelles
Lernen“ nachvollziehbar bleibt; sofern eine Anlage regelbasierte Daten
generiert und damit ein deterministisches System ist.
Neuere Methoden technischer KI basieren auf (von Entwicklern) nicht
überwachtem Lernen, bei dem entsprechende Algorithmen ohne
Trainingsdaten und ohne Hinweis auf den erwarteten "Output"
kontextbezogene Strukturen erkennen sollen. Diese Methodik ist
prädestiniert, um Verhaltensmuster herauszuarbeiten (Clusteranalyse als
ein Beispiel, wie beschrieben: Amazoniens Bedürfnisprofile in
Millisekunden erstellt).
IT-basierte technische Systeme sollen sich also ähnlich mental
entwickeln wie Menschen und sie werden womöglich Dinge lernen, die von
ihren Entwicklern nicht vorhersehbar waren. Damit wären selbstredend
alle bisherigen Bemühungen um eine realistisch greifende
Technikfolgeabschätzung ad absurdum geführt.
Dessen ungeachtet wird Homo Faber notwendigerweise weiterhin auf dem
exponentiell verlaufenden technisch-wissenschaftlichen Entwicklungspfad
verbleiben und sich (sofern nicht vorzeitig von Welt-Katastrophen
gebremst) in eine von uns heute nicht vorstellbare Lebenswelt
katapultieren: „Intelligente“ über Quasi-Bewusstsein verfügende
„Maschinen“ erledigen nahezu alle Aufgaben/Arbeiten. Perfektionierte
Mensch-Maschine-Kopplung durch direkte neuronale Ankopplung. Bereits dem
Säugling (nicht mehr im Mutterleib, sondern im Inkubator heran
gezüchtet) werden alle lebenswichtigen Programme (Apps) enthaltende,
neuronal mit dem Gehirn verknüpfte Chips implantiert. Genetic
Engineering lässt die Lebenserwartung unserer Spezies um hunderte Jahre
steigen. Cyborgs mühen sich um Homo Fabers Liebesleben, da er (mangels
Einsatzmöglichkeit und dank evolutionstechnischer Fürsorge) seiner
Gliedmaßen entledigt wurde.
Er ist der typische Bewohner von Giga-Cities, aufgestapelt in
Wolkenkratzern mit 20qm Luxus-Kompartiment. Mensch-Maschine-Raum Komplex
ist vernetzt als virtueller Giga-Lan-Cluster. Jegliche quasi-körperliche
Bewegung erfolgt im virtuellen Raum. Und Homo Faber erfährt sich als
Gott, denkt sich selbst, ist unbewegter Beweger.
Meine Frage nach dem „wozu“ Homo sapiens sapiens scheint beantwortet zu
sein.
Bester Gruß in die Runde! Karl
PS: Unsere Frage nach Verantwortbarkeit extensiver technischer
Entwicklung (vor Jahrzehnten noch von Themen wie
Arbeitsplatzvernichtung, Technikfolgen, Pollution etc. motiviert) wurde
uns Studenten von einem mir sehr sympathischen (Essen, Wein und Weib
anbelangend, frankophilen) Philosophieprofessor mit einer durchaus
bedenkenswerten Sichtweise beantwortet: Der Mensch hat dann Hände und
Kopf frei für seine ur- eigenste Bestimmung: der Kontemplation nach
oben! „Oben nicht geographisch gesehen“ betonte er noch besonders.
Also dann, freuen wir uns auf die Kontemplation nach oben. Ich für mein
Teil kann mich glücklicherweise noch und sehr gerne an dieser Welt
erfreuen, steige bei Bedarf in die Arche Noah und beende erst mal
wiedermeine kontemplativen Anwandlungen.
Am 07.08.2017 um 23:28 schrieb Arnold Schiller via Philweb:
[Philweb] Am 07.08.2017 um 23:18 schrieb waldemar
hammel:
der mensch ist ein idiot in einer schönen heilen
welt, da nutzen alle
IQ's nix ...
Alles ist Windhauch.
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