Hi Rat Frag,
auch für Wittgenstein war die Sprachkritik nur der Anfang. Dann kam für ihn die Ethik und
später das Mystische, das sich lediglich zeige. Im Tractatus finden sich ja die Sätze:
"Das Gefühl der Welt als begrenztes Ganzes ist das mystische.“ Und: „Es gibt
allerdings Unaussprechliches. Dies zeigt sich, es ist das Mystische.“
Unter den noch lebenden Philosophen ist beispielsweise Ernst Tugenthat von der
Sprachanalyse über die Anthropologie zur Mystik gelangt. In seinem Buch Egozentrizität und
Mystik schreibt er: "Alle Mystik hat zu ihrem Motiv, von der Sorge um sich
loszukommen oder diese Sorge zu dämpfen. Mystik besteht darin, die eigene Egozentrizität
zu transzendieren oder zu relativieren, eine Egozentrizität, die andere Tiere, die nicht
„ich" sagen, nicht haben.“
Die Logik weist über unsere Egozentrizität hinaus, aber was zeigt sie? Eigenschaften
unserer Sprache? In den Notebooks heißt es: "logical so-called propositions shew
[the] logical properties of language“. Und was zeigt die Mathematik? Eigenschaften des
Universums?
Und ist es nicht generell so, dass die Analytiker nach ihrer konstitutiven sprachlichen
Wende, längst eine pragmatische und eine kulturalistische Wende genommen haben? Dabei
anerkenne ich besonders den Wert der analytischen Philosophie bei der Bekämpfung der
ausufernden semantischen Umweltverschmutzung.
Es grüßt,
Ingo
Am 10.05.2020 um 20:36 schrieb Rat Frag
<rat96frag(a)gmail.com>om>:
Am So., 15. März 2020 um 14:51 Uhr schrieb Ingo Tessmann <>:
Ich sehe die Analytische Philosophie insgesamt
nur als Vorstufe des eigentlichen Philosophierens an,
Das wiederum widerspricht aber der Konzeption zumindest von Russell
und Wittgenstein. Beide hatten den Anspruch, philosophische Probleme
ein für alle mal zu lösen, indem sie in rein sprachliche Probleme
"aufgelöst" (analysiert) werden. Ich könnte jetzt ja wieder mal den
Vergleich ziehen zur chemischen Auflösung in die Bestandteile...
Das ist natürlich nur dann der Fall, wenn man unter Problemen der
Philosophie so etwas versteht wie die Frage nach der Identität über
Zeit, die Frage "wie erlangen wir erkenntnis?" usw.
In Übrigen halte ich den Versuch, aus gegebenen Annahmen mittels Logik
Schlussfolgerungen anzustellen für eine hervorragende Methode, um
seine Gedanken zu ordnen. Und es hilft auch noch, sie gegenüber
anderen zu vertreten.