Der Sinn dieses Podiums kann nicht vordergründig darin bestehen,
ultimative Deutungen von Leben, Welt
und Kosmos zu postulieren, die lediglich aus der weltanschaulichen
Orientierung abgeleitet sind, hatte ich hier zuletzt geschrieben und
wollte den damit verbundenen Blockade-Effekt für gemeinschaftlich (im
Sinn des „open minded“) geführte Diskussionen zum Ausdruck bringen.
Es ist schon ein verzwickter, in sich widersprüchlicher Anspruch,
einerseits Antworten auf (immer noch offene) Fragen zum Weltgeschehen
finden zu wollen um andererseits („im gleichen Atemzug“) Antworten zu
formulieren, die auf bereits im Wissensfundus der Menschheit vorhandene
Axiome fixiert sind.
Damit meine ich, dass etwa die Antwort auf die „berühmte“ Frage, was
denn „Wahrheit“ sei, kaum für jeden befriedigend gegeben sein wird,
indem man diesbezüglich beispielsweise die unbezweifelbare Gültigkeit
naturwissenschaftlich belegter Axiome oder die Existenz eines Gottes
postuliert.
Das ebenso berühmte „Sólo Dios basta“ der Teresa von Ávila ist
letztlich Ausdruck ultimativ individuell gewonnener Erkenntnis resp.
Erfahrung dieser Existenz eines Gottes und die daraus abgeleitete
Konsequenz wie Teresa diese in diesem Gedicht beschreibt:
„Nichts soll dich verstören, nichts dich erschrecken, alles vergeht,
Gott ändert sich nicht.
Geduld erlangt alles; wer Gott hat, dem fehlt nichts: Gott allein genügt.“
Wirklichen Zugang zu diesem innersten Ausdruck subjektiver
Gotteserfahrung können nur jene haben, die diese (zumindest ansatzweise)
selbst für sich wahrgenommen haben, hingegen sehr sicher nicht jene,
denen man ein anthropomorphes Gottesbild anerzogen hat und die sich
allenfalls im zermürbenden Alltagserleben darauf zu beziehen suchen.
Die hier auch schon oft erörterte Frage nach „Wahrheit“ entbehrt einem
präzisen Ansatz nicht zuletzt durch deren umgangssprachliche
Formulierung, überwiegend zur Fallentscheidung zwischen Lüge und Faktum.
Die Frage nach Wahrheit in eher philosophischem Kontext bezieht sich
offensichtlich auf die Suche nach dem Geschehen hinter der sinnlich
wahrnehmbaren Lebenswelt. Dabei gerät man nahezu unausweichlich in den
Bereich der Metaphysik, also der Frage, was nach der Physik kommt – oder
eher, was sich hinter dieser abspielt.
Derartig angelegte Fragen können schlichtweg nicht dadurch beantwortet
bzw. abgeschmettert werden, indem man alles Geschehen kategorisch auf
physikalische Gesetzmäßigkeiten reduziert, da immer noch – trotz aller
gewaltigen Fortschritte naturwissenschaftlicher Forschung –
entscheidende „Steinchen“ im Mosaik eines allgemeingültigen Weltbilds
fehlen.
Selbstredend ist allen bisherigen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen
zufolge alles kosmische Geschehen pure Physik, d.h. die Äquivalenz von
Masse und Energie (E = mc²) ist unumstößliches Naturgesetz.
Fragen der Metaphysik sind dennoch nicht rundweg darauf zu reduzieren
und damit ihrer Relevanz zu berauben, da die dort behandelte Thematik
zwar das „Geistige“ betrifft, dieses aber nicht absonderlichen
Hirngespinsten entspringt, sondern durchaus klarem Denken in eben nicht
körperlich angelegten Kategorien.
Geist ist somit kein abstraktes „Gebilde“ sondern schlichtweg
spezifisch „geformte“ Energie und somit Information, gleichermaßen, ob
man diese als angeborene Leibniz’sche Geistmonade einem individuell
ideellen Bereich oder etwa dem komplexen „Gedankenfeld“ eines göttlichen
Intellekts (etwa wie Ingo T. es als kosmische Intelligenz beschrieb)
zuordnet.
So bleiben beliebig offene Probleme in der Betrachtung von Geist als
Energie resp. Information nicht nur im Feld der Metaphysik sondern
durchaus auch hinsichtlich der im Universum vorhandenen (bislang nicht
sichtbaren) Energie bestehen. Alle diesbezüglichen Postulate sind ebenso
spekulativ wie jene der vielfältigen Weltbilder, seien diese
naturwissenschaftlich, religiös oder sonstig ideologisch orientiert bzw.
angelegt.
Sollte man angesichts dessen dem „ignoramus et ignorabimus“ du
Bois-Reymond das Wort reden und alles forschende Denken und Handeln als
hoffnungslos hinsichtlich einer nie zu gewinnenden Gewissheit um die
„Wahrheit“ beiseite lassen?
Davon abgesehen, dass Du Bois-Reymond’s Aussage in ihrem Kern
missverstanden wurde, lohnt es immer wieder auf’s Neue, Wege aus dem
Labyrinth der Welträtsel zu suchen, wie dies E. Haeckel als Antwort auf
dieses „ignoramus et ignorabimus“ beschrieben hat.
So kann ich eigentlich nur wiederholen:
Vielleicht kommt man einer Idee zu möglichen Antworten auf die Frage
nach der „Wahrheit“ näher, indem man versucht, eben gerade nicht
sogleich EINE letztgültige Antwort zu präsentieren.
Beste Grüße! - Karl