Am 18.05.2024 um 22:35 schrieb Claus Zimmermann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Die Zygote oder Blastozyste verlassen aber nicht nach neuen Monaten den Körper der Frau,
um dann als Mensch durch die Welt zu spazieren. Diese Entwicklung zu unterbinden, ist in
meinen Augen nicht einfach ein unproblematischer Akt der Selbstbestimmung, sondern grenzt
an Fremdbestimmung.
Moin Claus,
Selbst- und Fremdbestimmung beziehen sich auf normalsinnig handlungsfähige Menschen.
Insofern nehme ich nicht an, dass Du einen Embryo als fremdbestimmt bezeichnetest, Dich
vielmehr auf den möglichen Vater beziehst, der durch die von ihm geschwängerte Frau
fremdbestimmt werden könnte. Das ließe sich analog zur Rechtslage bei Schwangerschaften
durch Samenspenden klären.
Ich finde es richtig, verschiedene Fälle zu
unterscheiden und nicht alles in den einen Topf der Selbstbestimmung zu werfen.
Wenn z.B. die Geburt lebensbedrohlich wäre, läge auf der einen Seite der Waage ein Leben
und auf der anderen ein Lebenskeim. Bei der Abgrenzung kann die Wissenschaft helfen.
Wann entwickelt sich z.B. aus zwei verschmolzenen Zellen ein Gehirn, wann entwickeln sich
Sinnesorgane?
Wie wir uns dazu verhalten sollen, kann uns die Wissenschaft aber nicht sagen. Sie ist
nur für Tatsachen zuständig, nicht für Werturteile und Vorschriften.
Im Detail sind Embryonal- und Fetalentwicklung undurchschaubar vielfältig und nur
experimentell und mathematisch annährbar. Das Recht sollte demgegenüber einfach und
alltagstauglich sein. Menschliches Leben beginnt frühestens mit dem ersten Atemzug. Auf
dem Weg dorthin von der Zygote bis um Fetus im Uterus der Frau dauert es rund neun Monate.
Insofern sind die vom Expertenrat empfohlenen zwölf Wochen als Begrenzung für einen
unbedingten Schwangerschaftsabbruch ein Kompromiss für den Normalfall, der der Frau
hinreichend Bedenkzeit einräumt, aber noch keine Gehirnentwicklung beim Fetus ermöglicht
hat, wobei Sinnesempfindungen und Bewusstsein nicht bereits mit den ersten Sinnes- und
Nervenzellen entstehen. Die der Selbstbestimmung widersprechende Beratungspflicht sollte
natürlich durch ein Beratungsangebot ersetzt werden. Die Ampel-Koalitionäre sind sich
hinsichtlich der Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs sogar selten einig,
dennoch trauen sie es sich nicht zu, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden. Mich
enttäuscht das.
IT