Am 02.09.22 um 03:06 schrieb K. Janssen über PhilWeb:
philweb ist eine philosophisch orientierte aber
thematisch offene
Mailling-List, heisst es im Impressum dieser Liste. Dann sollte doch
verständlich sein, dass hier "der Verstand", "die Nervenzellen",
"der
Geist", "die Vernunft", oder "die Anschauung" thematisiert
werden.
Ich tue mal so, als wären deine Sätze hier losgelöst von dem, was ich
fragte, oder schrieb. Deswegen zitiere ich nur deine Sätze und
kommentiere sie. An der Wendung "kommentiere sie" ist ein großer
Unterschied zu "thematisiere sie",oder "thematisiere das, was ich denken
sollte, könnte, usw." Merkst du den Unterschied? Halte mal inne! Ich
halte mich auch mal zurück, den Unterschied zu beschreiben. Du kennst
schließlich wie fast alle den Unterschied, aber... Das Wort aber ist ja
verpönt, auch bei mir.
Mit Kant geht es mir ähnlich, vieles ist mir
persönlich an seinem
Schriftgut abträglich. Doch Philosophie ohne Kant ist nahezu undenkbar,
Das möchte ich sehr bezweifeln. Immer wieder kommt jemand mit etwas, was
vorher so nicht da war. Und dann wird er befolgt. Egal auf welchem
Denk-Gebiet, ob in Wissenschaft, Religion, Politik, Wirtschaft, Kunst,
persönlichem Lernfortschritt. Wäre dieser Jemand nicht da gewesen, wäre
es ein anderer gewesen. Oder es wäre geblieben wie vorher. Nur gibt es
Unterschiede je nach Denk-Gebiet. Ich denke da an die Unterschiede des
Wissens und Lernens mit Blick auf deren Art Fortschritt. Ich denke zum
Beispiel an das akkumulative Lernen, oder an das Lernen, nach dem das
vorher Gelernte zerstört wird. Ohne den Blick auf diese Unterschiede
kann nicht gesagt werden, dass es "undenkbar" ist, fiktiv eine bestimmte
Person aus der Geschichte zu entfernen. Denke an die vielen Politiker,
die Geschichte "gemacht haben". Mit denen erkennst du am besten worauf
ich hier hinweise. Im Fall des geozentrischen Weltbilds ist es anders,
es wurde zerstört. Es gab in dem Sonne Zerstörer von Wissen, denn auch
vorher gab es ein Wissen, das aber obsolet wurde. Wenn es nicht zerstört
worden wäre, würde eben weiter gefahren werden mit dem "Wissen" um das
geozentrische Weltbild. Was wäre, wenn Karl Marx nicht in den
Sozialismus "hineingekommen wäre", und die Wirtschaft nicht als erster
korrekt dachte, wobei es aber gerade die Geldwirtschaft ist, die
vorwärts geschritten ist, und sozusagen nach Art der Beschreibungen des
Oswald Spengler auf die Spitze getrieben wird, in der Folge ihres
Kritikers, gerade jetzt noch. Und niemand kümmert sich um Wirtschaft,
ohne die Referenz, die mit den Tauschmitteln gegeben ist. Ich enthalte
mich der Frage, wer in der Geschichte eher akkumulatives Wissen
herstellte, wer zerstörendes, und wer nur zufällig an der Stelle war,
die ihn zum Scheinen brachte. Denn die zwei Aspekte sind nicht alle. Bei
den Personen selbst verquickt sich das Wissen mit dem Halbwissen und dem
Unwissen, warum sollte das bei mir anders sein? Obwohl ich nicht vom
Wissen ausgehe, erlaube ich mir, das Wort zu verwenden, als
Vaihinger-Fiktion.
glücklicherweise ist er nicht die einzige
"Kapazität" auf diesem Gebiet.
Dem vorhin von mir Geschriebenen nach ist zu erkennen, dass ich nicht
von "Kapazitäten" ausgehe. Ebenso gehe ich nicht von "Genies" aus,
oder
von Personen mit "Charisma", zum Beispiel. Wenn um einen Wissensbereich
ein Sack genäht wird, und der Inhalt beschrieben und betont wird, kann
ich nur zustimmen, dass der Sack einen Inhalt hat.
"Philosophie hat mich noch nie
interessiert", das hört man von vielen
Zeitgenossen und muss doch feststellen, dass diese Leute sehr wohl an
Wissen interessiert sind. Wissen ist allerdings nicht sogleich Weisheit,
sondern es kann dazu führen. In diesem Bestreben könnte man die "Liebe
zur Weisheit" entdecken.
Mit Hilfe der Etymologie eines Wortes bringe ich es nicht fertig, den
Unterschied zu denken, der mit ihr zu denken ist. Ich muss die ganze
Sache und die Fragen sich anders stellen lassen, die mir mit dem Wort
knallhart vorgegeben werden. Soll ich an den Unterschied denken, der
Sokrates machte, oder an andere? Er dachte ja, von der Weisheit
erleuchtet gewesen zu sein. Und wie ist es mit dem Vielwissen? Hier
würde ich antworten, dass komplexe Sachen nur mit vielen Sätzen
beschrieben werden können, und einfache mit einfachen. Beim
Begriffsstreit zum Unterschied von Weisheit und Wissen kann ich nicht
mit machen. Und da ist schon ein Problem des Immanuel Kant. Begriffe
waren bei ihm die Werkzeuge der Philosophie, ich habe die Stelle nicht
wieder gefunden, wo er das schrieb. Es stimmt, dass es für ihn so war.
Er hat den Begriffsstreit sozusagen fixiert. Niemand macht mit, denn wer
benutzt schon die Wörter Anschauung, Verstand, Vernunft, Wille (als
gegensätzlich zur Kausalität) in dem Sinne, wie er? Trotzdem wird er als
Unersetzbarer bestaunt.
So wie ich hier am Anfang schrieb, dass ich nur kommentiere, könnte oder
müsste ich das Gegenteil dazu negieren. Dann müsste ich vermutlich
sagen: Ich diskutiere nicht, philosophiere nicht, trage meine
Weltanschauung nicht vor, habe keine Thesen, keine verstaubten Bücher,
nicht einmal eine Meinung.
Jetzt erlaube ich mir, begriffssprachlich zu denken: Ich meine hier eine
bestimmte Art Kommentar, nicht die alltägliche, bei der gesagt wird: "Er
gibt immer seinen Kommentar zur Sache ab, er hat immer das letzte
Wort.", wobei "er" dann irgend etwas Beliebiges dazu sagt, was er auch
schon, aber anders erlebt hat. Darf ich mich für diese negative
Definition entschuldigen?
Angenommen ich denke auch an den persönlichen Fortschritt, und daran,
Monist hierbei sein zu dürfen. Angenommen als Biologe oder als Astrologe
würde ich Fortschritte suchen. Dann wären beliebige Meinungen zu den
Sachen, die sowieso niemand verstehen würde, mir ein Hemmnis im Weg,
oder etwa nicht? Selten, sehr selten geben können fremde Meinungen dazu
einen Anstoß geben. Ich könnte mich sogar gegen die Meinungen anderer
wehren, sie könnten mich langweilen, ich könnte auf meiner Meinung
beharren. Der Biologe wird sich vielleicht freuen, wenn ich eher nichts
sage, als meine Meinung. In dem Sinne ist das Schweigen manchmal besser,
sogar im Philweb. Trotzdem schreibe ich, auch wenn niemand das versteht,
was ich schreibe, oder in den Schreibereien Meinungen unter Meinungen
erkennt oder gar meint, dass da ein Meinungsaustausch statt findet,
anders als so, wie Schopenhauer ihn in etwa definierte: "Man hört die
Meinung des anderen, streitet heftig mit ihm, dann beide nach Hause
gehen jeder sagt: Der andere hatte recht. Dann hat wahrhaft ein
Meinungsaustausch statt gefunden."
Hoffentlich werde ich jetzt nicht als schlimmster Gegner des Philweb
angesehen, haha, Demokrit, der lachende Philosoph lässt vermutlich grüßen.
JH