Am 11.11.21 um 23:21 schrieb K. Janssen:
so einiges, und dann:
wenn Du, Joseph, noch immer weitere Antworten auf
unten gestellte
Fragen suchst (sie also nicht implizit aus dem von mir
Geschriebenen
entnehmen kannst - da ich mich zumeist sehr "verschraubt" ausdrücke),
dann lasse es mich wissen. Vielleicht fällt mir noch etwas dazu ein,
überdies wäre es halt auch wirklich schön, von anderen Meinungen als
jene der hier üblichen "Kämpfer" zu erfahren.
Ich danke auf jeden Fall für alles was du geschrieben hast, und auch das
was Waldemar schreibt. Ich fühle mich, denke mich konfrontiert mit allzu
vielen Wörtern, die ich nicht nutze, brauche. Ich schreibe jetzt mal
öffentlich etwas, was eigentlich privat sein könnte, als Hinweis auf
das, was mir so zufällt. Ich habe mich mit Wikipedia befasst, habe auch
einen einzigen "Fehler" in Wikipedia in Bezug auf Rechtssachen entfernt.
Nun war ich heute zu einem Wikipedia-Stammtisch hier in Frankfurt am
Main. Man sieht mir meinen Streit nicht an, ich kann vielleicht auch
noch normal denken. Also ganz zufrieden mit allem und allen. Nur ist die
Lexikografie ein riesiges Problem. Und es ist so schön, ein Lexikon
anzusehen: Da wird enorm viel geschrieben. Meinungen sollen nicht
gelten, nur Sekundär- und Primärliteratur. Aber für mich ist alles in
einem Lexikon ein Dickicht. Ich verstehe nicht einmal, warum ich nicht
angefeindet werde. Ich trete als Ketzer auf, dieses Wort gefällt mir so
gut, und ich komme nicht einmal auf den Scheiterhaufen. Komisch. Also
das alles ärgert mich von oben bis unten, von links bis rechts.
Mittlerweile weiß ich, was ein Lemma ist. Ich war eher im Schreiben
schwach, ich weiß nicht einmal, ob ich jetzt besser oder gut geworden
bin. Ich fühle mich fast so wie der Pfarrer Sommerauer. Es tut mir
richtig weh, dass ich nichts mehr von ihm finde. Deswegen hasse ich bald
die Fernsehanstalten, nicht nur weil sie alles Vergangene mit dem
Deckmantel des Urheberrechts beschlagnahmen, sondern auch noch alles
alte unter Beschluss halten. Was hat der Pfarrer Sommerauer gelitten!
Kennt ihr ihn noch? Da schrieb eine verheiratete Frau ihm: Ich habe
einen Freund gefunden, und ich liebe ihn mehr als meinen Mann, was soll
ich tun? Pfarrer Sommerauer seufzte: Mir fehlen die Worte. Wie kann eine
Frau, die an Gott glaubt, einen Freund finden, den sie mehr liebt ....
Wenn sie richtig glauben würde, dann .... Weiß sie was Liebe ist? So
denke ich bei Folgendem, entschuldige, Karl:
Um diesem Hamsterrad ausgetauschter persönlicher
Überzeugungen,
Einschätzungen, Postulate zu entkommen, würde sich das Bemühen
anbieten,
die hier diskutierten Themen auch aus jeweils gegensätzlichen
Perspektiven zu reflektieren und dabei auf kategorisch (zumeist spontan)
angelegte Gegenrede zu verzichten.
Das ist doch ganz richtig so, was du in diesen Sätzen schreibst. Aber so
wie ich in der Vergangenheit sehe, ist es gerade diese Rede und
Gegenrede, bei der du am liebsten mitmachst. Ein gutes Vorhaben hast du,
aber was nutzt das Vorhaben, wenn du deine Zeit mit gerade dem am
liebsten mit Gegenteiligem verbringst. Entschuldige meine Direktheit,
zudem sehe ich das vielleicht falsch.
Wenn Du, Waldemar, (wie zu erwarten) die von mir
anerkannte Kompetenz
der Lisa Feldman-Barrett (und sie ist wirklich eine Größe in
ihrem Fach!
zudem in ihrer Menschlichkeit überaus sympathisch) insoweit
relativierst, als Du, wieder einmal pauschalierend, Fachleute einer
destruktiv angelegten Fundamentalkritik unterziehst.
Da geht es doch wieder los. Ist das
https://de.wikipedia.org/wiki/Argumentum_ad_verecundiam ein Fehlschluss
oder nicht? Zudem ist das nicht eine Parteinahme? Für was? Ist die
Haltung der Lisa Feldman-Barrett so deutlich? Wenn ich nicht genau
hinschaue, bin sich froh über das was sie schreibt. Durchaus nutzbar,
für eine Kritik wie sie Sokrates im Phaidros vorsah. Genau analog.
ein Bezug auf die historische Bedeutung von Laien
trifft grundsätzlich
zu, wird aber nicht Laien, sondern Dilettanten zugeschrieben, worin
ein wesentlicher Unterschied besteht. Ich spare mir weitere
Ausführung, man kann das heute alles leicht recherchieren.
Der Unterschied zwischen „Fachkraft“ und „Laie“ liegt in der (im
üblichen Sprachgebrauch ausgedrückten) Differenzierung der jeweils
zugeordneten, nicht identischen Fach- bzw. Handlungskompetenz. Darauf
hob offensichtlich Joseph mit seiner Frage ab, ob Lisa nicht doch
kompetenter sei, als wir über Gehirnfunktionen hier diskutierende
Laien, was für mich fraglos der Fall ist.
Also ich bin gerne unter Dilettanten, Schwaflern, Laien,
Schwadronierern. Hier gehe ich mit Villiers de L'Isle-Adam, dem doch
eine "femme bête" lieber gewesen wäre als eine femme sotte.
https://fr.wikipedia.org/wiki/Auguste_de_Villiers_de_L%27Isle-Adam. Er
kritisierte die Gelehrsamkeit gegenüber der naiven Ehrlichkeit. Es ist
so wie das Pharisäertum gegenüber einem Jesus, ... das musst du doch
verstehen, Karl, entschuldige, wenn ich dich als katholisch ansehe und
du das wissen müsstet. Das ist im Spaß gesagt, das brauchst du nicht zu
beantworten.
Josephs weitere Frage, ob die Autorin sich in besagtem
Artikel als
„radikale Konstruktivistin“ entlarvt hätte, kann ich meinerseits strikt
verneinen. Wie schon vorhin von mir geschrieben, bringen ihre Aussagen
zu Geist, Gehirn und Lebensumfeld klar zum Ausdruck, dass Perzeption und
deren prozessuale Verarbeitung im Gehirn als ein gesamtheitlich
konstruierender, kognitiver Prozess unter Einbeziehung aktueller
Perzeption wie auch bereits angelegter Erfahrungen zu werten ist - nicht
mehr, nicht weniger!
Das ist mir nicht falsch und auch nicht richtig.
Wie anders sollte man es ausdrücken, als dass die
kognitive
Verarbeitung der (bewusst wie auch unbewusst) sinnlich erfassten
Lebenswelt notwendigerweise nur eine (Re-)Konstruktion von Wahrnehmung
sein kann.
Wie vor.
Dabei geht es, wie von Lisa beschrieben, auch um den
Einfluss
subjektiver ganzkörperlicher Befindlichkeiten wie etwa Gefühle (auch
diese unterliegen nicht selten einer Täuschung).
Bewusstsein ist – wie kürzlich schon ausgeführt - kein
(selbstreferenziell hermetisch abgeschlossener) Zustand, sondern ein
stetig prozessualer Abgleich der sensorisch einlaufenden Information
aus dem physischen und affektiven Umwelt (Intraception, soziale
Interaktion) mit dem bereits im Gehirn abgelegten Erfahrungspotential
(relativer Wissensstand, Annahmen, Vorstellungen, etc.); es ist damit
ein Prozess permanent erneuter Bewusstwerdung.
Wenn ich ja sage, darf ich fragen, wo denn der "normale"
Konstruktivismus aufhört, und der radikale Konstruktivismus anfängt.
Oder ich kann den Gehalt der sechs Kriterien des Konstruktivismus in
https://de.wikipedia.org/wiki/Konstruktivismus_(Philosophie)
und der vier Kriterien des r. K. in
https://de.wikipedia.org/wiki/Radikaler_Konstruktivismus
prüfen, und dann dazu streiten, korrekt streiten. Ich will wirklich
nichts von oben herab gesagt haben. Jedoch Punkt für Punkt bearbeiten
wäre was. Oder eben die Punkte anders besprechen. Das ist hier
vermutlich nicht möglich, aber ich sage trotzdem diese Möglichkeit.
Hoffentlich habe ich jetzt niemandem auf die Füße getreten.
Ernst gemeint: Dem Denken steht oft das Schubladendenken im Weg. Warum
wird die Schublade des radikalen Konstruktivismus, des radikalen
Konstruktivisten überhaupt geöffnet? Um ihn hinein zu legen? Geht es
wirklich darum?
Jh