Am Fr., 16. Apr. 2021 um 18:04 Uhr schrieb Claus Zimmermann
<mail(a)clauszimmermann.de>de>:
Unter einer Konsequenz würde ich einen Sachverhalt
verstehen, der durch einen anderen ausgelöst wird und über ihn hinausgeht. Man kann von
der Konsequenz auf das, was sie ausgelöst hat, nicht deduktiv, sondern nur wie Sherlock
Holmes induktiv schliessen.
Zum Thema Sherlock Holmes fällt mir ein, dass Holmes nach eigner
Aussage Deduktion betreibt, aber es in der "Sekundärliteratur"
durchaus die Diskussion gibt, dass dieser "Meister des Rationalismus"
in Wahrheit eine sog. "Aduktion" durchführt.
Was er aber im Gespräch mit seinen Bruder offenbart ist ja etwas
anderes: Die beiden schließen so routinemäßig und geübt von der
Wirkung auf die Ursache, wie der normale Mensch von der Ursache auf
die Wirkung kommt.
Das ist dann auch der Grund, warum Sherlock großartig darin ist,
Verbrechen aufzuklären, weil er anhand der übriggebliebenen Splitter
auf das Brechen der Fensterscheibe zurückfolgert.
Übrigens basiert auf Holmes nicht nur jede Menge klassische
Krimifiguren, sondern auch die Figur "Doktor House".
Ich glaube, dass ein Epistemologie eine doppelte Freude an dieser
Serie haben dürfte. Medizinisch ist sie wohl nicht sattelfest, da sich
die Fakten in die Drama-Logik fügen müssen. Aber die Diskussionen sind
z. T. interessant: "Warum schlagen Sie diese Therapie vor?" - "Wenn es
nicht das Heimlich-Syndrom ist, dann wäre es Krasaki und wir können
nur Heimlich therapieren" - "Leiten Sie die Therapie ein". Die Namen
sind jetzt frei erfunden, aber 90% der Zuschauer verstehen die Dialoge
eh nicht. Ich gehöre dazu.
Das berührt dann fast schon wieder Bereiche der Entscheidungstheorie:
Wenn es Heimlich ist, dann kann man Therapieren, ist es Krasaki muss
der Patient eh sterben, also behandelt man gegen Heimlich.
Im realen Leben würden Holmes Rückschlüße wohl einige Male kräftig
daneben geben. Dreckige Schuhe zu sauberen Hosen können viele Ursachen
haben, nicht nur eine bestimmte. (Die Schuhe nicht geputzt, man musste
spontan andere Schuhe anziehen da es regnet, die Hose musste
gewechselt werden usw.)
Dürrenmatt, falls ihn noch jemand kennt, hat sich exakt mit diesen
Problem befasst und sich durchaus philosophische Gedanken gemacht. Es
gibt sogar eine Art antirationalistischen Krimi zu diesem Thema "Das
Versprechen". Ich kenne nur die Hollywood-Verfilmung.
Bei der Implikation handelt es sich um ein Verhältnis
zwischen Aussagen, bei der die eine die andere als Unterfall enthält bis hin zum
Extremfall, daß beide übereinstimmen.
Das ist richtig. Mir ist aber bewusst, dass in der alltäglichen
Argumentation manchmal fragwürdig ist, ob eine Aussage die andere im
streng logischen Sinne impliziert.
Es könnte allerdings sein, daß die vorher allgemeine
Theorie dann ihre Allgemeinheit verliert und zu einer Aufzählung von Aussagen wird, in
denen
man kein Muster erkennt und die man deshalb nicht als Theorie, sondern allenfalls als
empirische Vorstufe dazu, als Materialsammlung bezeichnen möchte.
Im Grunde genommen ist ein Syndrom in der Medizin ja nichts anderes.
Damit will ich die Medizin nicht abwerten, grade in der heutigen Zeit
nicht!
Nur scheint das durchaus zu funktionieren, mit der Faktensammelei.
Fragt sich und das hochverehrte Auditorium ein
formallogisch eher unterbelichteter Zeitgenosse, der vielleicht missverstanden hat, worum
es dir ging.
Ich sprach jetzt lieber über eine meiner Lieblingsfiguren aus der Literatur.