Am 09.10.2024 um 05:46 schrieb Claus Zimmermann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Auch wenn man diesen Konflikt nicht wirklich versteht, lehnt man sich wahrscheinlich
nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man sagt, dass auf beiden Seiten gelitten wird und
dass man nicht tiefer sinken kann als die Hamas bei ihrem Überfall vor einem Jahr unter
grossem Jubel eines grossen Teils der islamischen Welt. Manche Palästinenser leiden z.B.
unter Siedlern, die ihnen das Leben zur Hölle machen. Andere werden von jüdischen
Arbeitgebern anständig behandelt und rauben sie bei der ersten Gelegenheit aus.
Moin Claus,
ja, der Jahrtausende währende Judenhass ist nicht zu verstehen. Gegenwärtig eskaliert er
wieder weltumspannend. Unverständlich ist mir zudem, warum kein islamischer Staat bereit
ist, zumindest die Kinder aus Gaza zu evakuieren und aufzunehmen. Ein weiterer Schritt zur
Befriedung wäre die Umsiedelung der Gaza-Palästinenser ins Westjordanland. Wobei im
Gegenzug die israelischen Siedlungen von den Orthodoxen geräumt werden müssten. Aber dazu
wären wohl beide Seiten nicht bereit. Denn die Palästinenser wählten ja mehrheitlich 2006
die Hamas an die Regierung und hätten sich über die Konsequenzen klar sein müssen. Die
israelischen Siedler auf der anderen Seite waren schon einmal nur militärisch aus ihren
Häusern vertreitbbar gewesen.
Es gab nie einen palästinensischen Staat, insofern
stimmt die Kolonialismuserzählung nicht. Könnte es sein, dass beide Seiten nach dem Ende
des osmanischen Reichs meinten 'ihr könnt bleiben, aber zu unseren Bedingungen'
und dass damit die andere Seite nicht einverstanden war? Wobei es von der Seite Israels,
wenn ich richtig informiert bin, immerhin zunächst keine Einwände gegen die Gründung eines
Palästinenserstaats gab.
Ja, die Israelis hatten der UN-Resolution zugestimmt, aber Umsiedlungen beider Seiten
wären unumgänglich gewesen. Darüber hätte natürlich verhandelt werden sollen und nicht
gleich ein Krieg begonnen werden müssen. Nach gewonnenem Verteidigungskrieg entscheiden
natürlich die Sieger über Vertreibungen. Das hatten ja auch die 12 Millionen Deutschen aus
den Ostgebieten damals zu akzeptieren, die zuvor mehrheitlich die NSDAP gewählt hatten.
Momentan erinnert mich die Situation in Thüringen an die vor 100 Jahren. Bei den Wahlen
1924 gab es ja einen großen Wahlerfolg des ‘Thüringer Ordnungsbundes’, eines
Wahlbündnisses bürgerlicher Gruppen mit der Deutschen Volkspartei (DVP) und der
Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Teil des Bündnisses war die Deutsche Demokratische
Partei (DDP). Weil der Ordnungsbund keine Mehrheit gegen die verhasste Linksregierung
bekam, ließ er sich von der ‘Vereinigten Völkischen Liste’ unter dem Antisemiten Artur
Dinter tolerieren – einer Ersatzgründung für die verbotene NSDAP. Sechs Jahre später kam
es dann zu einer fatalen Koalition der bürgerlichen Parteien mit der unterdessen
legalisierten NSDAP. Passend dazu lief ja gerade das Theaterstück „Ein Volksbürger“ auf
arte, in dem nur noch durch den Bundeszwang der Rechten im Landtag Einhalt geboten werden
konnte.
IT